Mit meinen Kampagnen-Berichten, komme ich gerade nur schleppend hinterher. Wir stehen kurz vor dem vierten Treffen, während ich diese Zeile schreibe. Zudem habe ich gerade ein Video zu Ende geschnitten, das Bill und ich zu dem Thema Frosthaven aufgenommen haben. In dem Zusammenhang habe ich mich entschlossen, eine zentrale Kampagnen-Seite zu erstellen, die ich an dieser Stelle der Artikelserie immer verlinken werde. Dort findet ihr dann neben der chronologischen Reihenfolge auch eventuelle Videos zu dem Thema.
Erste Stufe und die Rente
Der Stufenanstieg ist der frostige Traum jeden Charakters und damit auch der Spielenden. Endlich habe ich den ersten Schwung Erfahrungspunkte gesammelt. Nicht zuletzt durch meine eigene Beobachtung, wie die alten Gloomhasen … äh … Gloomhaven-Hasen durch geschicktes Kartenmanagement zu besserem Aufstieg gelangen. Ein Stufenanstieg ist aber nicht nur ein gegenseitiges auf die Schultern klopfen und Saufgelage, sondern es hat konkrete spielerische Auswirkungen.
Lebenspunkte: Das ist gerade für meine schwachbrüstige Heldin angebracht. Schließlich habe ich als Nekromantin aka Knochenformerin zum einen kaum Lebenspunkte und zum anderen schmeiße ich bei vielen Zaubern damit um mich wie andere mit Geld. Ich kann mit meinem eigenen Leben andere heilen oder auch die Beschwörung von Untoten kostet mich meinen eigenen Lebenssaft.
Neue Karten: braucht das Land … oder so ähnlich. In dem Charakterdeck gibt es zwei neue Karten je Stufe. Allerdings darf das Spieldeck weiterhin nicht mehr als – in meinem Fall – zwölf Karten aufweisen. Es gilt, sich also zu fokussieren. Das wird auch nicht einfacher, da man später auch die nicht genommenen Karten schlechterer Stufen noch auswählen darf. Ich habe mich für eine neue Karte der Stufe zwei entschieden. Eine neue zu beschwörende Kreatur freigelegter Schrecken. Kostet mich keine Lebensenergie, und die süße Leiche hat direkt sechs Lebenspunkte (und ich bekomme zwei Erfahrungspunkte durch das Ausspielen).
Angriffsdeck: Erinnert euch an meine letzte Frosthaven Session, bei der ich fast ausschließlich „-1“-Karten beim Angriff gezogen habe? Das ist das Angriffsdeck. Das Deck kann ebenfalls verändert werden. Wobei ich mir beim Schreiben nicht sicher bin, ob dies automatisch durch den Stufenaufstieg passiert oder eher durch so kleine Haken, die man unter anderem durch erfolgreiche Szenarien und Szenario-Ziele (siehe unten) sammelt. Die Optimierung des Angriffsdecks ist Charakter-abhängig. Meist kann man schlechte Karten (wie die -1) aussortieren oder bessere Karten (+1 mit Effekten) einsortieren.
Links oder Rechts
Das wird hier keine politische Diskussion! Als süchtiger T.I.M.E Stories Spielender weiß ich, dass jegliche Entscheidung noch mehrmals durchdacht und erneut durchgespielt werden kann. Dies ist Teil des extrem gelungenen Spielprinzips. Einige Dungeon Crawlern oder Kampagnenspiele versuchen Entscheidungsvielfalt einzubauen. Oft genug bedeutet dies nur, dass es auf ein vermeintlich wertvolles Artefakt verzichtet werden muss oder der gewählte Weg mit anderen Monstern gepflastert wird – um nur mal die schlechteren Konsequenzen aufzuzählen.
Wir alten Pen & Paper Menschen schätzen eine gute Spielleitung oder sind dies selbst. Hier ist einfach alles offen. Ihr wollt eine Kröte in den Wein eines Königs werfen? Ihr wollt unbedingt an dem Wachturm der Stadtwachen pinkeln? Ihr braucht kein Seil, um den steilen Berghang zu erklimmen? Heute wollt ihr nur mal in der Kneipe sitzen und euch um die scheinbar belanglosen Nöten der unterprivilegierten Dorfbewohner*innen zu kümmern? Dann mal los.
Ich schreibe mich in Rage und es soll auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass Frosthaven diese Freiheiten mit sich bringt. Aber die zu treffenden Entscheidungen haben einen sichtbaren und spürbaren Einfluss. In der 003-Runde hatten wir zwei Endbosse, die gegeneinander gekämpft haben. Unser Eingreifen in die Geschehnisse hatte unmittelbar zur Folge, dass nur eine Persönlichkeit überleben kann (so viel also zu den Freiheiten … keine Möglichkeit beide zu retten oder zu vernichten).
Die Konsequenz war, dass wir einen neuen Charakter frei gespielt haben und damit ganze Abenteuer-Sequenzen dauerhaft gesperrt sind. Dies lässt sich auf dem Übersichtsplan über frei gespielte Szenarien erkennen. Einen Strang müssen wir nun dauerhaft hinter uns lassen. Sehr wahrscheinlich inklusive des dort freizuspielenden Charakters. Das ist natürlich schon geil und erinnert deutlich mehr an ein Rollenspielerlebnis als die oben beschriebenen Pseudo-Entscheidungen.
Es gibt aus meiner Sicht allerdings ein „aber“. Da habe ich eine große Spielbox zu Hause stehen, die einige 100 Euro kostet. Mit tollen Miniaturen, die in kleinen Pappschachteln verborgen sind, damit ich nicht luschern kann. Und ich weiß bereits jetzt, dass eine Schachtel niemals im Rahmen des Spiels geöffnet werden wird. Muss man mit umgehen können.
Ach ja, der gerettete Charakter gehört zu einer Gruppierung, die uns wahrscheinlich in anderen Szenarien oder bei den Außenposten-Phasen helfen wird. Persönlich finde ich das richtig gut gelöst.
Blick ins Szenario und Ziele
Noch ist alles frisch und meine Augen leuchten wie die meines Jungen, wenn er Geschenke auspackt. Die Abwechslung in den Szenarien macht mir richtig Spaß. Ich hätte gerade zu Beginn mit deutlich identischeren Szenarien gerechnet: rein, durch Metzeln, raus.
Es ist schön zu erleben, wie die Umgebung eine wichtige Rolle spielt. Und natürlich ist trotz des Tabletop-Mechanismus Fantasie gefragt. In dem letzten Szenario mussten wir uns durch eine Schneelawine kämpfen. Die erstreckte sich über vier sehr lange Gänge (Räume). Endete der eigene Zug neben einem Lawinenplättchen, hat der Charakter Schaden eingesteckt. In meinen Kopf stapften wir durch die schneebedeckte Landschaft, mussten immer wieder ausweichen uns durch unerwartet auftauchende Kreaturen kämpfen und schließlich erfolgreich von der Landschaft entkommen.
Zu Beginn eines jeden Szenarios werden übrigens für jeden Charakter zwei geheime Szenario-Ziele gezogen. Eines davon wählt man aus und versucht es in dem Szenario zu erreichen. Da kann so etwas dabei sein, wie „du darfst keine Kreatur töten“. Bislang hatte ich oft welche, die mir komplett unpraktikabel erschienen oder die schwierig zu erfüllen waren. Dieses Mal musste ich einer Kreatur den Todesstoß verabreichen. Mein Charakter ist in der Regel nicht so stark, aber es ergab sich wirklich eine echte Chance, einer fast am Boden zerstörten Figur den Garaus zu machen. Es fühlt sich ausgezeichnet an, wenn man das Szenario-Ziel erreicht und dann eine entsprechende Belohnung erhält.
Mit diesem beschwingten Gefühl werde ich mich in das nächste Treffen begeben.
Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).