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analog rockt Brettspielrezensionen

Mit Rockerl Games geplaudert

Der Artikel wurde von Horst geschrieben. 10 Minuten Lesezeit

Einleitung

Anfang September konnte ich mit Johannes von Rockerl Games ein Interview führen. Der Verlag steht kurz vor der Crowdfounding-Finanzierung ihres ersten eigenen Spiels. Das Team aus Österreich habe ich leider auf der Berlin Con verpasst. Daher habe ich mich umso mehr gefreut, mehr zu hören.

Im Herbst startet übrigens der Kickstarter-Kampagne zu ihrem Expertenspiel Aelderman. Ich freue mich schon sehr auf der SPIEL ´22 einen Blick auf den Prototyp werfen zu können.

Interview

(analog-rockt/Horst) Interview geführt mit …

Johannes Rogoll


Position im Verlag von Rockerl Games

Teil der Geschäftsführung & Entwickler von Aelderman


Was war dein letztes Brettspiel auf dem Tisch?

Glen More II – trotz kleiner Tochter und Endspurt für Aelderman muss ab und zu Zeit sein für schöne Eurogames.


Wir sind also ziemlich breit aufgestellt und konnten bei der Gründung des Verlags sehr viel Eigenleistung einbringen.

Darf ich vorweg eine persönliche Frage stellen: Was macht ihr hauptberuflich?

Mein Schwager Joachim ist in der IT. Aus seiner Entwicklung stammt auch unser gesamter Webauftritt. Meine Schwägerin Sabrina ist als Dozentin an der FH Technikum in Wien tätig. Sie kommt aus der betriebswirtschaftlichen Ecke und ist als zweiter Teil der Geschäftsführung unter anderem für das Marketing und unsere Zahlen verantwortlich. Meine Frau Doris und ich sind beide Lehrer. Wir sind vor allem zuständig für die Edition des Spiels. Wir sind also ziemlich breit aufgestellt und konnten bei der Gründung des Verlags sehr viel Eigenleistung einbringen. Das macht den Anfang freilich leichter!


Butter bei die Fische: Aelderman ist euer erstes Spiel. Im Herbst 2022 startet der Kickstarter dazu. Bevor wir zum Spiel kommen: Habt ihr noch weitere laufende Aktivitäten im Verlag ?

Wir haben aktuell schon eine Erweiterung zu Aelderman in der Entwicklung. Wenn unser Kickstarter erfolgreich ist, soll diese das Spiel um eine kooperative Variante ergänzen. Die in der Erweiterung spielbaren Kampagnen orientieren sich an der ereignisreichen Geschichte der aufstrebenden Hanse im 14. Jahrhundert: Europa wird von der Pest heimgesucht, Piraten wie Störtebeker machen die Schifffahrt zunehmend zum Wagnis. Die Hanse muss sogar als Städtebund Krieg gegen das Königreich Dänemark führen, um ihre Handelsrouten offen zu halten. Lauter perfekte Szenarien für abwechslungsreiche Herausforderungen, denen man sich hoffentlich dann ab nächstem Herbst in der Erweiterung zu Aelderman stellen kann.


Warum habt ihr einen Verlag dazu gegründet beziehungsweise habt ihr mal versucht euer Spiel bei einem anderen Verlag unterzubringen?

Für uns war von Beginn an klar, dass wir langfristig Spiele verlegen wollen und haben Aelderman als Anlass genommen durchzustarten. Im Moment ist auch geplant, vorerst nur Eigenentwicklungen zu verlegen. Insofern war die Gründung eines eigenen Verlags die naheliegende Option.


Auf geht es nach Lübeck: Wie seid ihr eigentlich zu dem Namen gekommen. Zumindest bei meiner Recherche bin ich – neben bereits vielen Berichten zum Spiel – auf englische Varianten des Nachnamens gestoßen.

Der Begriff „Aldermann“ spielt im Kontext der Hanse eine entscheidende Rolle. Die Vorsteher der vier Kontore in Bergen, Brügge, London und Nowgorod wurden so bezeichnet. Aber auch die Gesandten der verschiedenen Hansestädte, die zum Hansetag nach Lübeck kamen, führten diesen Titel. Und an dieser Stelle weicht das Spiel auch von der Geschichte ab, da in unserem Spiel am Ende jemand zum Aelderman und damit zum Vorsitzenden der Hanse gewählt wird, was so aber nicht historisch korrekt ist. Die Hanse war immer ein sehr freier Verbund verschiedener Städte und war gerade deswegen so erfolgreich, weil auch Lübeck nie eine absolute Führungsrolle für sich beansprucht hat. So viel zum geschichtlichen Hintergrund, aber thematisch haben wir uns bei der Entwicklung an dieser Stelle eine gewisse Freiheit herausgenommen.


Von der Idee bis zum Crowdfounding: Wie lange hat die bisherige Reise gedauert?

Die Idee zu Aelderman wurde 2016 auf einer längeren Reise konkreter. Hat dann aber immer wieder geruht, bis dann 2020/21 so viel vorwärts ging, dass eine Publikation realistisch geworden ist. Insgesamt also circa sechs Jahre.


Aelderman war vor allem deswegen überhaupt realisierbar, weil wir uns zu viert mit unzähligen Stunden voll reingehängt haben.

Wie hoch schätzt ihr den Zeitanteil, der für die Entwicklung drauf gegangen ist?

Gerade für ein Expertenspiel wie Aelderman ist der Entwicklungsaufwand unglaublich groß. Man muss sich eine funktionierende Iconsprache überlegen, die Balance muss austariert werden und immer wieder müssen Anpassungen am Layout vorgenommen werden. Aelderman war vor allem deswegen überhaupt realisierbar, weil wir uns zu viert mit unzähligen Stunden voll reingehängt haben. Zusätzlich hatten wir natürlich auch noch viele Freunde und Bekannte, die uns mit den Testspielen unterstützt haben.


Wo hat euch die raue See fast einen Strich durch die Rechnung gemacht: seid ihr zu irgendeinem Punkt ins Straucheln gekommen? Wie seid ihr damit umgegangen?

Bis jetzt läuft es gut im Verlag und wir hatten nur kleinere Rückschläge. Aber die Stunde der Wahrheit wird natürlich mit der Kickstarter-Kampagne kommen. Das wird der erste große Entscheidungsmoment für unseren jungen Verlag.


Aelderman wird gleich ein Expertenspiel. Habt ihr bereits Erfahrungen in anderen Brettspielen sammeln können?

Wir sind alle seit vielen Jahren passionierte VielspielerInnen. Bei der Publikation von Brettspielen hat bisher aber keiner von uns mitgewirkt. Uns ist im Verlag auch bewusst, dass gerade Expertenspiele einem hohen Erwartungsdruck begegnen müssen, was die Qualität der Komponenten und natürlich vor allem die Spielmechaniken angeht. Wir hoffen, diesen Ansprüchen gerecht zu werden und das Genre um ein weiteres einzigartiges Eurogame bereichern zu können.


Um den Einstieg ins Spiel zu erleichtern, haben wir eine Kurzversion entwickelt.

Der Roundel-Mechanismus ist ziemlich ungewöhnlich. Magst du etwas dazu erzählen oder auch gern etwas über die Besonderheiten des Spieles?

Das Einkaufsrad auf jedem Spielertableau bildet sicherlich ein Herzstück von Aelderman. Der Grundgedanke hierbei ist, dass man als Händler Zeit investiert, um dann einen Mehrwert zu erhalten. Deswegen brauche ich für die normale Einkaufsaktion im Spiel auch kein Geld, was erstmal irritieren mag, sondern Aktionspunkte. Zudem simuliert das Einkaufsrad das ständig wechselnde Warenangebot in den verschiedenen Städten. Sogar regional gehäuft vorkommende Waren werden über das Rad abgebildet. So ist es beispielsweise in Skandinavien leichter Holz einzukaufen als im südlichen Hanseraum. Spielmechanisch kann es anfangs durchaus eine herausfordernde Aufgabe sein, an die gewünschten Waren zu kommen.

Aelderman ist ein Workermovement-Spiel, was bedeutet, dass man nur einen Arbeiter besitzt, der über den Spielplan bewegt wird und dann Aktionen ausführt. Thematisch passend fahren wir also mit unserer Handelskogge verschiedene Städte an und verbrauchen dort unsere Aktionspunkte. Während des Spiels verändern sich aber auch immer wieder die Aktionsmöglichkeiten und damit zusammenhängend auch die Warennachfrage in den Städten für den Warenverkauf. Diese Art, Handel zu simulieren, bildet auf einzigartige Wiese viele Aspekte realen Handels ab.

Um den Einstieg ins Spiel zu erleichtern, haben wir eine Kurzversion entwickelt, was man als weitere Besonderheit sehen kann. Gerade weil diese zwar alle zentralen Spielmechaniken beinhaltet, aber aufgrund individueller Missionen, die erfüllt werden müssen, nur wenig kompetitiv ist. Die Kurzversion stellt ein ganz eigenes Spielerlebnis dar, womit man bei Aelderman letztendlich zwei Spiele erhält.

Für mich persönlich liegen aber die entscheidenden Besonderheiten des Spiels in der Mechanik. Diese ist so gestaltet, dass auch wirklich verschiedene Wege zum Sieg führen können. Ich kann mich zum Beispiel auf den Handel, den Bau von Gebäuden oder die Verbesserung meiner Aktionsmöglichkeiten konzentrieren. Gerade weil der Spielaufbau variabel ist, muss ich meine Strategie in jedem Spiel neu ausrichten. Entscheidend war für mich bei der Entwicklung auch, dass Zufallselemente zwar eine Rolle spielen, diese aber die Spielenden gleichermaßen vor Herausforderungen stellen und keine Vorentscheidung im Spiel bringen. Als letztes möchte ich noch kurz auf die psychologische Komponente des Spiels eingehen, die für mich das Salz in der Suppe darstellt. In jeder der fünf Spielrunden findet beim Hansetag die Versteigerung von wertvollen Privilegien statt. Und diese haben sehr wohl entscheidenden Einfluss auf den Spielverlauf. Das richtige Einschätzen seiner Mitspielenden ist also mitentscheidend für den Ausgang des Spiels.

Den Reiz von Alederman macht für mich dementsprechend vor allem die Kombination dieser Spielmechanismen zu einer innovativen Gesamtkonzeption aus.


Was sind deine drei Lieblingsspiele?

Schwierige Frage…

Aber wenn ich drei schon publizierte Spiele mit auf eine Insel nehmen müsste, dann wären es: Terraforming Mars, Gloomhaven und Fest für Odin.


Zum Schluss vielleicht: Wo soll die Reise hingehen? Habt ihr große Pläne mit dem Verlag? Oder schon nächste Ideen? Oder ist es erstmal das Ziel Aelderman zu finanzieren und damit in See zu stechen?

Vom Erfolg von Aelderman hängt natürlich viel ab. Insofern stecken wir gerade auch unser ganzes Herzblut in dieses Projekt. Aber wir haben auch schon weitere Ideen für die Zukunft. Die Erweiterung zu Aelderman habe ich ja schon angesprochen. Aber wir haben auch schon ein ganz neues Projekt angedacht – noch ein weiteres Expertenspiel.


Wo kann man Euch als nächstes Treffen?

Wir werden Anfang Oktober in Essen sein. Dort werden wir auch Prototypen mit dabei haben, damit man in Aelderman mal reinschnuppern kann. Im November werden wir auch auf der Spielwiesn in München sein. Und wer Interesse am Spiel hat, der folgt uns am einfachsten auf Kickstarter – dann verpasst ihr auf keinen Fall den Start unserer Kampagne im Herbst.

Johannes, vielen lieben Dank für das Interview und wir sehen uns in Essen!

Ich bedanke mich für das Interesse, Horst. Es war mir ein Vergnügen!


Links

Alle Links zu erwähnten Brettspielen, Verlagen und weiteres in der Übersicht

Rockerl Games

Erwähnte Spiele und Verlage

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Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).

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