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analog rockt Brettspielrezensionen

Planet B – sind wir noch zu retten

Der Artikel wurde von Horst geschrieben. 3 Minuten Lesezeit

Johannes Natterer ist Redakteur beim Hans im Glück Verlag – übrigens habe ich mit Kollegen bereits ein Interview geführt – und damit sind wohl einige Spiele durch seine fachkundigen Hände gegangen. Bei weiterer Recherche bin ich tatsächlich auf ein älteres Interview von ihm gestossen, in dem er zumindest seine Fähigkeiten als Spielautor im Rahmen einer Semesterarbeit 2016 beweisen wollte.

Planet B ist nun aber das „echte“ Erstlingswerk, dass vollkommen plötzlich als Kennerspiel aus dem Off … oder besser gesagt den unendlichen Weiten des Universums zu uns dringt.

Wie der Titel vielleicht verlautbaren lässt, ist die Erde Geschichte und die Überlebenden haben sich auf einem neuen Planeten niedergelassen. Aber warum noch lange mit den Ursachen des Absterbens der alten Erde beschäftigen. In Planet B versuchen die Spielenden, die politische Führung zu übernehmen und dabei – wie es sich gehört – möglichst viel in die eigene Tasche zu wirtschaften.

Teilzeithelden erschienen. Daher sind hier nur die Essentials zusammengefasst. Ihr könnt erfahren, warum ich auch ein Teilzeitheld bin. Alle meine dort erschienen Artikel findet ihr in der Übersicht. Lesen meines Teilzeithelden-Artikels macht natürlich immer noch Sinn. Zum einen habe ich dort eine wirklich tolle Einleitung geschrieben, der gesamte Text ist hervorragend lektoriert und das Spielprinzip detaillierter umrissen.

Steckbrief

  • Art: kompetitiv
  • Genre: Kennerspiel
  • Kern-Mechaniken: Worker-Placement, Deck-Building, Ressourcen-Management, Hand-Management
  • Spielname: Planet B
  • Verlag: Hans im Glück
  • Erstveröffentlichung: 2022
  • Autor: Johannes Natterer
  • Illustration: Marcel Gröber, Dennis Lohausen, Ingram Schell, Franz-Georg Stämmele
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Spieler*innen: 2 – 4
  • Dauer: 60 – 180 Minuten

Spielprinzip

Vier Personen kämpfen darum, möglichst oft zur Präsidentin gewählt zu werden und die Geschicke des neuen Trabanten zu lenken. Am Ende zählt es, die meisten Sieg-Punkte abzustauben. Der eigene Zug beginnt stets mit dem Platzieren eines Koffers auf eines der drei ausliegenden Unternehmen. Abhängig davon, welche Unternehmensseite oben liegt, hat man drei oder vier Aktionen zur Verfügung. Die Unternehmen werden abhängig von der Nutzung gegen neue ausgetauscht. Wird das letzte Unternehmensplättchen auf das Spielfeld gelegt, leitet dies automatisch die letzte Runde ein.

Der Spielaufbau (hier noch ohne Spieltableaus) macht schon einmal etwas her.

Bei drei bis vier Aktionen kommt leider auch die erste Schwäche des Spiels zum Tragen. Die Downtime für die Mitspielenden. Zum einen laufen die Aktionen sehr solitär ab. Man braucht also nicht einmal wirklich zu beachten, was die anderen Spielenden so machen. Zum anderen dauert es gerade bei vier Personen einige Zeit, bis man wieder am Zug ist.

Im unteren Teil der Karte sieht man die Symbole für die Aktionen.


Zurück zu den Aktionen. Es gibt einige an der Zahl und ich werde hier nur auf ein paar eingehen, um den Spielfluss dazulegen. Genügend Geld vorausgesetzt, kann man Gebäude an das eigene Tableau bauen und erhält dafür einige Siegpunkte. Die Gebäudenamen werden schon so manches Schmunzeln entlocken. Von der Illegalen Klinik über ein Bordell bis zum Brettspiel Verlag findet sich alles, was ein neuer Planet so benötigt. Mit der Aktion neuer „Worker erhalten und/oder platzieren“ kann man diese auf den Gebäuden einsetzen und so eine von zwei Aktionen auslösen. Das Bordell bietet ein VR Filmchen oder Robo Begleitung, während der Brettspiel Verlag das Planet B Release oder eine Carcassone Neuauflage bietet. Oft muss man neben den Arbeitern noch Rohstoffe ausgeben. Die Gebäude-Aktionen belohnen mit allen Dingen, die das gesamte Spiel zu bieten hat: Geld, Siegpunkte, Rohstoffe, Stimmungsbarometer, Wahlzettel und so weiter.

Auf dem eigenen Spieltableau sind einige Rohstoffe abgedruckt, die man allesamt erhält, wenn man die Rohstoff-Aktion wählt. Die Startrohstoffe lassen sich allerdings durch Einwurf von Münzen anpassen, sodass man die Rohstoffkette entsprechend der Bedürfnisse auf den Gebäudekarten angleichen kann. Mit etwas Glück bei den erhaltenen Gebäuden lassen sich glorreiche Kombis erstellen, die die Mitspielenden vor Neid erblassen lassen – wenn sie aufgepasst haben.

Das Spieltableau mit einigen angelegten Gebäuden (linke Seite) und dem aktuellen Rang als D.O.D.O. (oben rechts).

Ein weiteres Spielelement ist der Wahlbeutel. Mit einer Aktion lassen sich Stimmzettel (natürlich für einen selbst) in den Beutel werfen. Nachdem einige Unternehmen oft genug gewählt wurden, gibt es eine Wahlperiode. Reihum ziehen alle in der Regel drei Stimmzettel aus dem Beutel. Am Ende wird geschaut, wer von seinen eigenen die meisten Zettel vor sich liegen hat. Diese Person wird die Präsidentin. Auch die anderen Spielenden bekommen ihren Ehrentitel. Abhängig vom Rang werden beispielsweise bei der Präsidentin keine Stimmzettel mehr in den Beutel zurückgeworfen, während der Dodo (D.O.D.O.) alle wieder zurückwerfen darf. Damit wird ein gewisser Ausgleich geschaffen, dass die Präsidentin hart um ihr Amt kämpfen muss. Diese bekommt nämlich nach der Wahl Siegpunkte und Sonderprivilegien.

Aber das ist noch lange nicht alles. Es gibt noch ein Stimmungsbarometer, was insbesondere in der Wahlperiode bei guter Stimmung zu einer Geld- und Stimmzettel-Ausschüttung führt und drei Fraktionsleisten. Je weiter man hier vorwärts klettert, kann man sich vereinzelt Boni ausschütten lassen oder darüber auch am Ende Siegpunkte generieren.

Hans im Glück hat einen kleinen Aufkleber mit dem Schwierigkeitsgrad auf die Packung geklebt und Planet B mit „schwer“ eingestuft. Das ist sicherlich eine Frage, was man gewohnt ist. Bei Boardgamegeek wird das Spiel mit einer niedrigen 3 bewertet. Es ist also nicht unbedingt ein Familienspiel. Für Personen, die bereits Kennerspiele auf dem Tisch hatten, ist es aber eben kein Vital Lacerda, sondern ein normales Kennerspiel. Aus dem Verlagsprogramm würde ich das Spiel persönlich leichter als Ultimate Railroads, aber komplexer als Carcassone einstufen.


Unboxing

Das ganze Material lässt nichts zu wünschen übrig. Hochwertige Double-Layer-Boards, Spielsteine und Karten runden die gesamte Aufmachung ab. Etwas ungewöhnlich sind die „echten“ Geldscheine, die nostalgische Erinnerungen an Monopoly aufkommen lassen. In unseren Testrunden haben wir oft darüber diskutiert, ob wir Papiergeld gut oder schlecht finden. Ist es eine Persiflage oder ging es wirklich nicht anders, die unterschiedlichen Einheiten besser in Szene zu setzen? Am Ende ist und bleibt es Geschmacksache. Selbst wir konnten uns nicht einigen.

Viel Witz und Details sind auf den Karten versteckt.

Unumstritten grandios sind die liebevollen Details und vor allem die Namen auf den Karten, Gebäuden, Newskarten und so weiter. Überall trifft man auf Gummienten, Dodos, Lamas, Wortspielen oder lustigen Anspielungen. Ich liebe unter anderem die Newskarte Lamasagne.

Die Regeln sind im dazugehörigen Heft gut aufgebaut, auch wenn man das Heft zweimal lesen muss (oder das Spiel dazu aufbaut). Das Erklären geht bei erfahrenen Spielenden aber recht zügig von der Hand. Die Ikonographie ist stringent ein- und umgesetzt, sodass man sich nach kurzer Eingewöhnung daran hangeln kann.


Bewertung

Das Fazit muss ich gleich zu Beginn nach der Personenanzahl differenzieren. Im Spiel zu dritt und zu viert fand ich es persönlich unerträglich langweilig. Durch die kaum wahrnehmbare Interaktion ist es fast egal, was die Mitspielenden vor mir in ihrem Zug gemacht haben. Selbst die Hartgesottensten haben später in den „Pausen“ das Smartphone zur Hand genommen oder sich in Gespräche verzettelt. Das hat wiederum die aktive Person merklich in der Konzentration gestört. Es spielt sich eben nicht ganz locker von der Hand, sondern es ist einiges an Grübelei notwendig. Zu dritt ist es dabei sicherlich besser als zu viert.

Planet B schützt uns nicht vor Carcassonne, Plumsklos oder Bordellen.

Im Spiel zu zweit kam dann aber die überraschende Wende. Gerade noch hat sich das Gehirn von dem Denksport knapp erholen können, da ist man schon wieder an der Reihe. Endlich mal ein Spiel zu zweit, was fordert und nicht gleich à la Radlands nach 20 Minuten zu Ende ist. Die Mischung aus Komplexität oder Anspruch in Verbindung mit der Spielzeit finde ich richtig gut. Allerdings wie oft will man ein Kennerspiel mit dem oder der Partner*in spielen. Angesichts dessen lässt es mich mit gemischten Gefühlen beim Spielspaß zurück.

“Echtes” Geld und umfangreiche Endwertung.

So richtig falsch macht Planet B nichts, aber es bleibt auch nicht so richtig haften. Das Thema und das Entdecken der Karten sind in den ersten drei bis vier Partien sicherlich noch lustig. Dann spult man es einfach runter. Die Spielelemente sind teilweise miteinander verzahnt, aber dann auch doch etwas glücksabhängig in der Beeinflussung. Dank Materialvielfalt sind die Partien stets abwechslungsreich, was den Wiederspielwert steigert.

Es bleibt (zunächst) in meiner Sammlung als Kennerspiel mit vielen Spielelementen. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass ich es in Zukunft meinen ganzen Mitspielenden vorgestellt habe und der Reiz verloren geht. Ersttäter sind immer ganz begeistert und daher hat es, wie gesagt, noch einen Platz im Regal verdient. Trotzdem gebe ich Planet B nur zwei analog rockt Meeple, da ich es in etablierten Spielrunden wohl nicht vorschlagen würde.

Punkte

  • Thema: 2
  • Mechanik: 2
  • Wiederspielwert: 3
  • Strategie: 2
  • Qualität: 3
  • Spielspaß: 2 (3 bei zwei Spielenden)

Gesamtwertung 2 (2,33)

Boardgamegeek

Da viele von euch auch direkt auf BGG schauen, nehmen wir die aus unserer Sicht wichtigsten Faktoren für dieses Spiel direkt auf (Stand Juni/2023)

Ranking Weight
7.2 3.27
BGG Stand Juni/2023

(c) Copyright Hans im Glück Verlag

Grafik(en) und Bild(er) von Horst Brückner

Das Spiel ist ein Rezensionsexemplar. Diese Rezension ist unentgeltlich durchgeführt worden und spiegelt meine persönliche Meinung wider.


Autoren Posts

Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).

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