Fischers Fritz fischt frische Fische
In meiner Jugend war es spannend mitzuerleben, wie Greenpeace Bohrinseln eorbert haben oder sich demonstrativ zwischen Walfängerschiffen und Walherden positioniert haben. Mit Fridays for Future hat eine neue Bewegung begonnen, die etwas in Versenkung geraten ist. Schlagzeilen machen eher die militanter Letzte Generation. Warum schreibe ich über solche Umweltaktivisten? Ich habe mir ein Spiel gekauft bei dem ich in die Rolle eines Fischers schlüpfe und das Meer abfische. Wer schon mal im Mittelmeer Urlaub gemacht hat, weiß was das für Auswirkung auf ein fast ausgestorbenes Meer in Strandnähe hat. Bei Conservas geht es allerdings um die nachhaltige Fischerei. Ich kann nur dann meine Ziele erreichen, wenn ich wieder für eine Population im Meer sorge. Dass ich in meinem Leben noch nie eine Angel in der Hand hatte, spielt zum Glück keine Rolle. Kann es mir trotzdem Spaß machen?
Steckbrief
Name | Conservas |
Erscheinungsjahr | 2024 |
Complexity | Medium Light |
BGG Rank | 7.83 (3473) |
Player Count | 1 |
Designer(s) | Scott Almes |
Artist(s) | Jorge Tabanera Redondo |
Publisher(s) | Salt & Pepper Games, Frosted Games and Vagabund |
Spielprinzip
Das Spiel beginnt mit der Auswahl eines Szenario aus dem Marktbuch. Dieses besteht aus zwölf unterschiedlichen Szenarien, die sich nach den Monaten beginnend mit dem Januar orientieren. Ich habe die Crowdfunding-Kampagne mitgemacht und habe noch drei weitere Missionen beigelegt bekommen. Jüngst habe ich eine Email bekommen, dass es weitere Mission für die Backer zum Download gibt. Aber kommen wir erst einmal zum Spiel. Die ausgewählte Mission gibt die Anzahl zu spielender Runden und das zu erreichende Ziel an. In der Regel werden sieben bis acht Runden gespielt. Die Ziele haben immer einen zu erwirtschafteten Gewinn und bis auf eine Ausnahme immer eine gewisse Anzahl an Fischen, die sich noch im Meer befinden müssen.
Passend zum Szenario wird nun noch ein Beutel mit unterschiedlichen Fischarten, unterschiedlicher Anzahl an Fischen je Art und Wassermarkern bereitgelegt. Nach der ausgewählten Mission wählt man aus zwei zufälligen gezogenen Schiffen einen ersten Kutter aus. Im Laufe des Spiels können weitere Boote erworben werden, so dass eine kleine Fischerei-Flotte das Meer unsicher macht. Jedes Schiff hat neben den Kosten zwei wichtige Eigenschaften. Zum einen, wie viel Ware passt in das Schiff (meist ein bis fünf) und wie viel Erhaltungskosten muss für das Schiff am Ende einer Runde bezahlt werden (null bis zwei). Und dann heißt es auch schon Petri Heil.
Jede Runde besteht aus drei Phasen. In der ersten Phase wird für jedes ausliegende Schiff und für das offene Meer jeweils fünf Tokens aus dem Beutel gezogen. Bevor man die nächsten fünf ziehen darf, muss man sich entscheiden auf welches Schiff die Beute kommen soll. Dabei ist die Kapazitätsbegrenzung des Bootes ausschlaggebend, wie viele Marker auf und wie viele unter (also ins Meer) Marker gelegt werden. Dabei sind auch die Wasser-Marker ganz normal in oder unter das Boot zu verteilen. Der Grund erschließt sich in der dritten Phase. Sind alle Bootskarten belegt (und es gibt noch eine Jokerkarte “Offenes Meer – hier darf ein gesamter Fang abgeworfen werden), beginnt die nächste Phase.
In dieser können nun die Fische aus den Booten genutzt werden. Entweder sie werden auf dem Markt verkauft und die Person erhält Geld dafür. Oder man kann das Geld einsetzen, um weitere Boote oder Upgrades zu erwerben. Die Upgrades können einmalige Effekte oder dauerhafte Bonis geben. Manchmal haben sie auch eine starke Auswirkung auf die Strategie.
In der dritten Phase nun werden alle im Meer hinterlassenen Marker betrachtet. Für jede gleiche Art, wird ein weiterer Marker dieser Art abzüglich eins in den Beutel zurück gelegt. Das gilt nicht für die Wassermarker. Diese bleiben in der Regel konstant. In dieser Phase wächst die Population einer Art an und man muss bereits in der ersten Phase überlegen, welche traut man sich aus dem Meer zu nehmen und welche nicht. Überreizt man die Fischerei, ist das Meer überfischt und die Art stirbt aus respektive sie lässt sich nicht mehr aus dem Beutel ziehen. Außerdem müssen in dieser Phase noch die Kosten für die Boote erbracht werden.
Es gibt noch ein paar knifflige Punkte. Die Marktverkäufe richten sich nach einer gewissen Nachfrage, dass das Szenario vorgibt. So müssen in etwa zwei oder mehr Arten verkauft werden.
Unboxing
Das Artwork hat mich direkt angesprochen. Bereits in einem anderen Blog-Eintrag bin ich schon darauf eingegangen, dass es mich an Endeavor: Deep Sea erinnert. Mir gefällt die Illustration und die klare Symbolsprache. Die Ressourcen sind aus hochwertigen Holzmarkern gemacht, die einen schönen Aufdruck je Fischart haben. Das Geld besteht aus dicken Pappmarkern. In Summe wird ein rundes Paket abgeliefert.
Die Regeln sind gut beschrieben und mit vielen Beispielen bebildert. Für manche Karten hätte ich mir persönlich eine tiefergehende Beschreibung gewünscht. Bei meiner gekauften Version handelt es sich um die englisch-spanische Ausgabe. Daher kann es natürlich sein, dass es auch an meinem Verständnis lag. Insbesondere bei den Upgrade-Karten habe ich allerdings mehrere Kommentare gelesen. Es gibt dort einen häufig vorkommenden Satz: “Keep the traded Fish tokens on this card”. Für den Fall, dass ihr ebenfalls darüber stolpern solltet, damit sind exakt die Tokens gemeint mit dem das Upgrade erworben wurde.
Nicht ganz nachhaltig habe ich mich dazu entschlossen eine Sortierhilfe zu drucken, um die Plastiktüten und die Tütenvielfalt einzugrenzen. Leider habe ich keines in den üblichen Portalen gefunden und mich daher entschlossen ein eigenes zur Erstellen und zur Verfügung zu stellen. Sofern ihr Interesse habt, findet ihr auf Printables oder auf Thingiverse mein Inlay. Natürlich kostenlos und zur freien Verfügung.
Bewertung
Das Spiel wird von Frosted Games lokalisiert, so dass es also demnächst in deutsch zur Verfügung sein wird. Ich habe lange überlegt, ob ich mir überhaupt noch ein Solo-Spiel zu legen möchte. Optisch und auch die Spielidee haben mich zwar sehr angesprochen, aber in der Regel verweilen selbst gute Solo-Spiele schnell alleine im Schrank (Kampagnen-Spiele ausgenommen). Ausschlaggebend war am Ende der günstige Preis und ich würde nicht enttäuscht. Der Aufbau ist in wenigen Minuten erledigt, die Mechaniken sind elegant und die Phasen gehen harmonisch ineinander über. Wer schon ein paar Artikel von mir gelesen hat, weiß dass ich Glückselemente meide wie Fische die Haie. Das Bag Building ist so ein zentrales Element, dass man wirklich das Glück selbst in der Hand hat. Es gibt einige Mission, die durch die richtigen Schiffe oder Upgrades leichter oder schwerer zu bewältigen sind.
Sehr elegant gelöst finde ich, dass jede Mission zwei Ziele hat: Standard und Schwer. Dabei basieren die schweren Ziele auf mehr (Meer 🙂 ) von den zu erreichenden Standard-Zielen. Mich persönlich hat es doppelt motiviert mindestens die Standard.Ziele zu erreichen, aber warum nicht auch gleich die schwere Variante schaffen. Es fühlt sich trotzdem belohnend an, wenn “nur” die Standard-Variante abgeschlossen wird. Ein sehr guter Kniff.
Conservas bekommt von mir volle Punktezahl. Selten hat ein Spiel so viel Spaß gemacht. Selbst wenn der Dreh raus ist, gibt es doch immer noch neue Missionen, die eine gewisse Herausforderung bieten. Besonders gut gefällt mir, dass es sich so kurz und knackig spielt und Beobachter*innen trotzdem zum Mitspielen und Beraten einlädt. Damit ist es schon deutlich mehr als nur ein simples Solo-Spiel, sondern ein kleines (Familien-)Happening.
Im Übrigen ist der Autor für seine Tiny-Epic-Reihe bekannt. Mit den Spielen hat er bereits bewiesen, dass in einer kleinen Schachtel viel Spiel sein kann. Das vorliegende Spiel bildet hier keine Ausnahme.
(c) Copyright Salt&Pepper Games
Bannerbild von uschi auf Pixabay. Ich finde das Bild passt hervorragend zu dem Fischerei-Thema des Spieles. Die Fischereikörbe gibt es als Upgrade-Karte im Spiel.
Icons von Icons8
Grafik(en) und Bild(er) von Horst Brückner
Das Spiel habe ich selbst erworben. Diese Rezension ist unentgeltlich durchgeführt worden und spiegelt meine persönliche Meinung wider.
Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).