Es ist wieder Zeit für eine neue #BG2Gether Frage. Mehrere bloggende Menschen stellen sich Monat für Monat einer zentralen Frage von Christian (Spielstil) und beantworten diese. Am Ende verlinken wir uns gegenseitig und fördern so den gemeinsamen Austausch.April-Frage lautet:
Welches sind denn die ältesten Spiele, die du besitzt und immer noch regelmäßig spielst? Bist du im Hype Train gefangen oder doch eher die Fraktion früher war alles besser? Wie haben sich Spiele für dich im Laufe der Zeit verändert und was würdest du dir denn zurückwünschen?
Oh, was? Das sind ja gleich viele unterschiedliche Fragen. Allein zum Hype Train könnte ich ein eigenes Kapitel schreiben. Aber zum Glück bezieht sich die Frage ja eher auf finden wir alte oder neue Spiele gut.
Horsts Geschichte
Da gibt es schon so einige tolle Exemplare, die immer wieder auf dem Tisch landen. Mit meinem kleinen Menschen zu Hause, kommt Hero Quest gerade gut an. Hätte ich hier aber normalerweise nicht erwähnt. Es gibt drei Spiele, die älteren Semesters sind und immer noch abfeiere. Elf Jahre auf dem Buckel hat Istanbul. Ich habe immer noch die kleine Schachtel (also nicht die Big Box) und immer noch nur das Grundspiel. Vor Jahren habe ich mal eine Erweiterung (glaube die mit Kaffee) gekauft, aber nur mit Tütchen in den Karton gestopft und noch nicht ausprobiert. Was macht Istanbul für mich so besonders und warum gehört es an dieser Stelle als erstes erwähnt: es ist ein perfektes Spiel für Menschen, die Monopoly entwachsen sind. Daher spiele ich es unglaublich häufig mit Menschen, denen sich gerade erst die Augen öffnen über die Hobby-Vielfalt.
Wer vom Ausflug nach Istanbul keine schweren Füße hat, wird von mir Auf den Spuren von Marco Polo mitgenommen. Das hat mit Beginn des Jahres 2025 nun zehn Jahre auf dem Buckel. Hier werden Würfel „zum ersten Mal“ nicht mehr nach guter Kniffel-Manier verwendet, sondern als Worker auf dem Spielfeld platziert. Das Kennerspiel hat deutlich mehr Tiefe, Bedarf schon einer besseren Vorausplanung und durch den variablen Spielaufbau ist es jedes Mal anders. Immer noch für mich ein zeitloser und extrem guter Knobbel-Favorit.

Wenn es dann vom gehobenen Familienspiel Istanbul über das Kennerspiel Marco Polo die richtige Packung sein darf, verbleiben wir in der historischen Ecke und Tourismus-Branche und brechen nach Mombasa auf. In meiner Rezension zu Mombasa vs Skymines bin ich für mich überraschend bei Mombasa geblieben, statt in den Weltraum zu entfliehen. Das hat aber mehr etwas mit der Farbe als mit dem Thema zu tun. Die Spiele sind ansonsten identisch. Mombasa ist für mich daher so zeitlos, weil es ein richtig gut verzahntes Spiel ist. Das Expertenspiel verlangt Züge im Voraus zu planen (wird sogar über Aktionskarten „zementiert“) und hier dauert schon die Regelerklärung etwas. Je öfter es auf den Tisch kommt, desto besser wird es. Von daher für mich immer ein Kleinod, was in einer expertigen Runde gern auf den Tisch kommen darf.

Meine Klassiker kommen also nicht nur auf den Tisch, weil sie immer noch gut funktionieren, sondern weil sie eine mitmachsende Spielerschaft auf das jeweils nächste Level heben können. Meiner Meinung klappt das deutlich besser als bei den meist überfrachteten, neuen Spielen.
Aber nun zur Frage, ob ich gefangen in der Nostalgie bin oder rase ich wie in Bullet Train im Brettspiel-Hype Train durch die Gegend. Die berühmte Sättigung in der Spielsammlung ist objektiv schon längst erreicht. Meist auch subjektiv. Aber da taucht dann doch wieder mal die ein oder andere eine Perle am Horizont auf und ich schlage zu. Gerade jüngst habe ich so tolle Spiele wie Nanolith, Under our Sun oder Galactic Cruise in der Mache. Meine Crowdfunding-Delivery-Liste noch nicht abgearbeitet. Trotzdem merke ich, dass eine „entspannte“ Partie der Klassiker zwischendurch immer wieder schön ist. Wenn es nicht gerade eine Neulingsrunde ist, kennen alle die Regeln, auspacken, losspielen, grübeln, lachen, Spaß haben. Ein schöner Spieleabend geht (auch) mit Klassikern.
Björns Geschichte
Sind viele Fragen. Hoffentlich hab ich die zweite nicht gleich schon vergessen. Also fang ich sicherheitshalber direkt mal an.
Das älteste Spiel, das ich noch immer in meiner Sammlung, beziehungsweise aus Nostalgiegründen vor ein paar Jahren wieder erworben habe, ist Die Peking Akte von 1987 herausgebracht von MB Spiele. Ja damals, als Ermittlungsarbeit noch hieß: eine Karte umdrehen und sich schlau fühlen! Diese seichte Detektivspielerei hat mich als kleiner Björn ganz schön beeindruckt – vermutlich, weil ich dachte, ich wäre der nächste Sherlock Holmes, nur mit weniger Pfeife und mehr „Wo ist der nächste Hinweis?“. Und siehe da: Auch heute noch entfaltet sich ein gewisser Reiz, wenn man dieses Relikt aus der Ära des VHS-Rekorders mal wieder auf den Tisch wirft.
Was mir als Kind vollkommen egal war, sticht mir heute doch ein klein wenig ins Auge: Die Charaktere des Spiels sind… sagen wir mal… kreativ benannt. So trifft man auf Miss May Kup (die geschminkte Dame von Nebenan), Mr. Washee (er arbeitet – Überraschung – im Waschsalon) und Mrs. Roo Bee (mit mehr Klunker am Hals als jeder Filmstar). Ich glaube, heute würde so ein Spiel nicht mehr durch das Sensibilitäts-Radar moderner Redaktionen kommen. Aber damals? Kein Problem. Das war einfach „witzig“. Und ehrlich: Trotz der fragwürdigen Namenswahl bleibt der kindliche Spaß irgendwie erhalten.

Und damit sind wir beim Thema: Spiele haben sich verändert. Nicht nur ein bisschen – sondern fundamental. Früher war Hero Quest das Nonplusultra des Dungeon-Crawls – das Eldorado der Fantasy-Liebhaber. Heute kommen Lacerdas, die komplexer sind als manche Bachelor-Arbeit. Spiele sind heute optisch raffinierter, thematisch vielschichtiger und materialtechnisch kleine Kunstwerke.
Deshalb besitze ich kaum noch alte Spiele. Nicht, weil sie schlecht waren – sondern weil sie heute einfach nicht mehr mithalten können. Wenn ich mal wieder ein altes Spiel auf den Tisch hole, dann ausschließlich aus Nostalgie. Und selbst dann ertappe ich mich bei dem Gedanken: „Puh… also Drunagor ist schon geiler.“
Rückblickend schön, dass es diese Spiele gab – sie haben mir gezeigt, dass es mehr gibt als Monopoly und Björn ärgere dich nicht. Aber nochmal zurück? Nein danke. Zumindest nicht in der Brettspielwelt. Bei Videospielen sähe das eventuell anders aus, aber das ist ein anderes Spielfeld.
Und da ich die moderne Spielelandschaft so liebe, habe ich mir eine Dauerfahrkarte für den Hype Train gekauft. Ich bin nicht nur ein bisschen drin – ich bin der Typ, der beim Kickstarter-Launch die Seite schon offen hat, bevor der Button überhaupt grün wird. Ich habe bestimmt noch 40 Spiele in der Pipeline, brav gebackt, bezahlt und jetzt wartend wie kleine Überraschungspakete der Zukunft. Und trotzdem – TROTZDEM – backe ich immer noch weiter.
Ein endloser Zugstapel aus Vorschau-Videos, Stretchgoal-Versprechungen und Deluxe-Komponenten. Jedes Mal wenn du denkst, du hast genug gebackt, startet ein neues Projekt: „Nur 89€! Aber mit Upgrade-Paket für 37,50… und Metallmünzen… und Inlay… UND EXKLUSIVEN MINIS die ich eh nie anmalen werde!“ – Widerstehe, wenn du kannst. Würfle jeden Monat 2W6. Bei einer 12 kommen drei Pakete gleichzeitig. Versuche Platz in deinem Regal zu schaffen, ohne deine Lebenspartnerin, Haustiere oder die Stabilität des IKEA-Kallax-Systems zu gefährden.
Ich bin für Hype einfach anfällig. Und ich bin auch kein wählerischer Spieler. Ich mag Vieles, spiele Vieles, habe ein sehr breites Brettspielherz. Und so sammeln sich Monat für Monat ein, zwei neue Projekte. (Was wenig ist, wenn man es mit meinem alten Ich vergleicht – Fortschritt!)
Ich hoffe jedenfalls, dass es irgendwann besser wird. Spätestens, wenn die 40 noch ausstehenden Spiele eintrudeln und ich einfach keinen Platz mehr habe. Aber das ist ein Problem für Zukunfts-Björn. Bis dahin backe ich einfach erstmal weiter.
Vielleicht sollte ich Regeln dafür erfinden. Ziel des Spiels: Schaffe es, deine Spielesammlung unter Kontrolle zu halten, ohne dabei in eine Schachtel aus Pappe und Reue zu verschwinden. Bonuspunkte, wenn du tatsächlich ein Spiel spielst, bevor es verstaubt.
Sooooo – ich bin dann mal weg, gleich startet die nächste Kampagne.
Die anderen Geschichten
Wie in der Einleitung geschrieben, ist dies kein Einzelwerk sondern ein gesamt Blog-Werk. Unterstützt die anderen Blogs und schaut mal rein, was die zu dem Thema für Gedanken mit euch teilen möchten (in alphabetischer Reihenfolge). Die Links führen direkt zu den passenden Artikeln der Kolleg*innen. Ich bin mir sicher, dass sie sich sehr über eure direkten Kommentare freuen. Natürlich würde ich das ebenfalls zu schätzen wissen.
In diesem Sinne danke an Christian von Spielstil und danke an all meine Mitstreiter*innen für den tollen Erfahrungsaustausch. Fröhliches Spielen zusammen.
Bilder & Grafiken Horst Brückner
Banner Bild by Bruno from Pixabay– das Bild strahlt so herrlich schön herrlich nostalgische Erinnerungen in mir hoch.