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analog rockt Brettspielrezensionen

Belaad

Der Artikel wurde von Horst geschrieben. 14 Minuten Lesezeit

Meist bekomme ich richtig coole Spiele – oftmals sogar Wunschspiele – für meine Rezensionen bei Teilzeithelden. Natürlich gibt es bisweilen schlechte Spiele, mit denen ich zumindest gar nichts anfangen konnte. Und vereinzelt gibt es auch eine Rundfrage „Hey wir haben hier xy, wer würde es nehmen?“. Belaad war genau so ein Ding.

Da ich noch gar nichts von gehört hatte, führte mich mein erster Weg über Boardgamegeek. Damals hatte das Spiel bereits eine 8.0 – zwar mit wenigen Stimmen, aber immerhin. Meine weitere Recherche brachte gar nichts zum Vorschein. Mehr oder weniger ein neues Spiel, was gut gerankt war, aber keiner so richtig kannte. Was soll’s, ich nehme es.

Belaad hat mich auf eine verrückte Reise mitgenommen. In eine orientalische Stadt, in der sich das Volk und der Hof insgeheim in einem erbitterten Machtkampf befinden. Aber nur um schließlich entdecken zu müssen, dass es einen im verborgenen agierenden Assassinenorden gibt, der den Machtkampf auf seine eigene Art ausfechten will. Folgt mir in dieser Rezension in die Geschichte aus tausendundeiner Nacht.

ⓘ Der ausführliche Beitrag ist bei Teilzeithelden erschienen. Daher sind hier nur die Essentials zusammengefasst. Warum ich auch ein Teilzeitheld bin. Wer Lust hat mehr dort von mir zu lesen. Lesen meines Teilzeithelden-Artikels macht natürlich immer noch Sinn. Zum einen habe ich dort eine wirklich tolle Einleitung geschrieben, der gesamte Text ist hervorragend lektoriert und das Spielprinzip detaillierter umrissen.

Steckbrief

  • Art: kompetitiv
  • Genre: Kennerspiel
  • Kern-Mechaniken: Bag Building, asymmetrische Parteien
  • Spielname: Belaad
  • Verlag: Corax Games (Islima Games)
  • Erstveröffentlichung: 2023
  • Autor: Ehsan Nazarzadeh
  • Illustration: Davood Diba, Kamyar Nasirifar, Hamid Saeed
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Spieler*innen: 2 – 6
  • Dauer: 30 – 60 Minuten

Spielprinzip

Laut Verpackung ist das Spiel für bis zu sechs Spielende ausgelegt. Ich würde sagen, es ist grundsätzlich möglich als Teams zu sechst zu spielen. Genauso ist es möglich Den Kartograph mit 100 Personen zu spielen (= Anzahl Blätter im Block). Um das vorwegzunehmen: der Sweetspot liegt bei Belaad bei zwei oder drei Personen und darauf konzentriert sich auch diese Rezension.

So sieht eine Partei-Seite aus.

Jede Person kann am Anfang zwischen den Parteien das Volk, der Hof oder dem Orden wählen. Letzterer kann nur bei einer ungeraden Anzahl Spielender gewählt werden. Allen gemein ist, dass es darum geht Gelehrte aus der Kartenablage in der Mitte zu ergattern. Diese geben für Volk und Hof am Ende Siegpunkte, die über den Sieg entscheiden. Der Orden hat einen anderen Auftrag: Dieser versucht einige Gelehrte mit einer bestimmten Aktion zu ermorden. Schafft er dies vor dem Spielende in der vierten (Spiel-)Generation, hat der Orden das Spiel frühzeitig für sich entscheiden.

Wie wird gespielt: Erst einmal gibt es abhängig von der Partei vier bis fünf Tableaus. Jedes Tableau steht dabei für eine – ich nenne es mal – Grundaktion wie Gelehrten anwerben, Goldmünzen erhalten, Goldmünzen von einer anderen Person stehlen, gegeneinander Kämpfen oder Verbesserung der Tableaus.

Die Grundaktionen werden über passende Handkarten getriggert. Die Spielenden haben immer vier Aktionskarten auf der Hand. Diese sind in eine kostenfreie Hauptaktion und eine bezahlpflichtige Nebenaktion unterteilt. Dabei ist es der aktiven Person selbst überlasen, welche der Aktionen genutzt wird und bei Bedarf in welcher Reihenfolge.

Alle Tokens in der Übersicht.

Zu Beginn hat kein Tableau eine Verbesserung erfahren und somit sind die Grundaktionen sehr schwach. Daher ist die Verbesserung des Tableaus ein essenzieller Spiel-Mechanismus. Auf jedem Double-Layer Tableau sind dafür oben mehrere freie Platzhalter für kleine weiße Tokens vorgesehen. Mit der Aktionskarte „Tableau verbessern“ lassen sich aus einem Beutel die Tokens ziehen. Jeder Token hat ein eindeutiges Symbol analog der Tableaus auf und kann nun dort in die entsprechend freie Fläche hineingelegt werden. Ab jetzt ist die Grundaktion stets um die Anzahl an Tokens stärker. Beispielsweise kann man zu Beginn von den Mitspielenden nur eine Münze (= leeres Tableau) stehlen. Sind drei weitere Tokens auf dem Tableau platziert, bekommt man schon vier Münzen. Hier entsteht eine schöne Spannung einerseits beim Ausbau des Tableaus, wohingegen anderseits dringend die Gelehrten abgeworben werden müssen.

In dem Beutel gibt es neben den weißen Tokens noch orangefarbene Tokens. Die können zum einen als Joker verwendet werden, aber zum anderen gibt es auf der unteren Hälfte noch eine spezielle Sonderfähigkeit, auf der nur die orangefarbenen Tokens platziert werden können. Diese Fähigkeiten sind nur einmal nutzbar. Erst wenn auf allen eigenen Tableaus alle Sonderfähigkeiten abgedeckt sind, werden diese wieder die Tokens in den Beutel geworfen und die Sonderfähigkeiten können erneut ausgelöst werden.

Die Spieltableau-Rückseite ist mit einer stimmigen Illustration versehen.

Abhängig von der gewählten Partei sind die Tableaus hinsichtlich der freien Plätze für die Verbesserungen unterschiedlich. Insbesondere die Sonderfähigkeiten unterscheiden sich allerdings stark. Der Hof beispielsweise kann mit Gewalt einen Gelehrten anwerben. Der Orden tötet gegen eine geringe Summe von vier Münzen einen Gelehrten, wohingegen das Volk durch Abgabe aller weißen Tokens des am besten bestückten Tableaus einen Gelehrten anwirbt. Durch diese asymmetrischen Fähigkeiten spielen sich die Parteien schon sehr unterschiedlich. Ein gewisser Anreiz des Wiederspielens ist dadurch gegeben.

Bleibt noch die Kampfregeln zu erläutern. Laut Regel darf man nur den links von sich sitzenden Spielenden angreifen. Das ist – gerade bei hart umkämpften Runden – etwas schade, da man immer das Gefühl hat, sich nicht mehr rächen zu können. Zu Beginn werden die Tokens auf dem Kampftableau ausgewertet. Diese geben die Angriffsstärke an. Die Person mit der geringsten Anzahl beginnt den Kampf (unabhängig von dem eigentlichen Aggressor). Ähnlich wie bei Gloomhaven werden aus einem gemeinsamen Angriffsdeck Karten gezogen, die einen Wert von -2 bis +5 Punkten aufweisen. Der Kampf ist erst vorbei, wenn jemand freiwillig aufgibt oder eine Totenkopf-Karte zieht, die durch keinen Effekt negiert werden kann. Der*Diejenige, der*die eine Totenkopf-Karte zieht, verliert alle Tokens eines Tableaus. Daher kann es manchmal besser sein vorher aufzugeben. Gewinnt die aktive Person, erhält sie eine verdeckt gezogene Karte vom Angriffsdeck. Hier sind oben links noch Siegpunkte abgebildet. Wer sich hier einen guten Stapel zu Recht kämpft, kann am Ende oftmals den Sieg für sich überraschenderweise drehen. Gewinnt die sich verteidigende Person, erhält man ein Schwert, das beispielsweise gegen Totenkopf-Karten eingesetzt werden kann.

Das Kampfdeck erinnert an Gloomhaven.

Beenden das Volk und der Hof das Spiel, werden von den erworbenen Gelehrten und Angriffskarten die Siegpunkte addiert. Bei den Gelehrten gibt es noch zusätzliche Möglichkeiten, weitere Punkte zu bekommen. Entweder durch einen Set-Collecting-Mechanismus oder durch Umwandlung zum Beispiel von Münzen in Punkte. Dies ist auf den Gelehrten-Karten individuell vermerkt. Daher ist bei dem Erwerben schon im Vorfeld auf die eigene Strategie zu achten.


Unboxing

Das Titelbild auf der Box ist schon mal der Oberkracher. Mich hatte sofort das Assassins Creed Fieber gepackt und ich hatte ernsthaft nachgedacht, ob ich wieder mal ein neues Playstation-Spiel benötige (wer bereits den Artikel zu Skyrim von mir gelesen hat, weiß, dass das keine so gute Idee ist). Gleichwohl macht das Titelbild bereits Heißhunger auf das Spiel. Toll!

Detail eines Spieltableaus.

Das ganze Material ist ähnlich wie das Titelbild mit zahlreicher Liebe zum Detail ausgestattet worden. Darunter eine Menge fast unnötiger Krams, der das Spiel aber umso viel mehr ins Herz schließen lässt. Da ist unter anderem ein eigenes Flufftext-Beiheft beigelegt. In diesem Beiheft sind alle Gelehrten genauestens aufgeführt, mit ihrem vollen Namen und deren Geschichte. Nutzen für das Spiel: keiner, aber tolle Lektüre. Dreht man die Spieltableaus der Parteien um, ist auf der Rückseite eine brennende Stadt eingezeichnet. Sichtbarkeit im Spiel oder im Karton: niemals, aber toll zu wissen, dass es darunter ist.

Die Spielsteine, Goldmünzen, Siegel und Schwerter sind hochwertig produziert worden. Gerade die Spielsteine sind wieder doppelseitig bedruckt worden, sodass man sie nach dem aus dem Beutel ziehen nicht noch drehen muss. Toll!

Die gesamte Anleitung ist dann auch noch schlüssig und gut strukturiert. Nur leider wurde in der deutschen Übersetzung das Wort „Token“ durch Gefährten ersetzt. Da es auch noch Gelehrte gibt, die man erwerben kann (und werden sie damit nicht mehr oder weniger auch zu Gefährten), führte das zu Beginn zu etwas Verwirrung. In der englischen Regelanleitung lässt sich das ganz hervorragend durchlesen und sofort verstehen. Toll!


Bewertung

Zu Belaad hatte ich im Vorfeld weder etwas gelesen, noch etwas gehört. Umso überraschender war es für mich, als ich den Karton in der Hand hielt. Was für ein tolles Artwork, denn das orientalische Thema zieht sich komplett durch das Spiel.

Alle Papp-Tokens in der Übersicht.

Belaad entfaltet seinen Reiz umso mehr, je öfter man es gespielt hat. Wie so oft bei asymmetrischen Spielen benötigt es eine Lernkurve, um die eigene Partei zu verstehen, aber auch zumindest in Grundzügen, wie man die gegnerischen Parteien behindern kann. Bitte vergleicht das Spiel dabei aber nicht mit Root oder ähnlichen Großkalibern. Belaad ist weniger komplex, aber trotzdem anspruchsvoll.

Auch wenn Karten- und Beutelziehen einige der Kernmechaniken sind, bleibt der Glücksfaktor gefühlt erfreulich gering. Bis zu einem gewissen Grad kann man mindestens die nächste Aktion vorausplanen und es stehen immer mehrere Optionen zur Auswahl.

Mich hat das Spiel thematisch extrem abgeholt und ich bin froh, dass ich es in meinem Schrank habe. Mit der geringen Spielzeit und wirklich schnell zu erklärenden Regeln ist es auch neuen Spielenden in kürzester Zeit zu erklären.


Wer wie ich von Asterix im Morgenland oder Assassins Creed allein wegen des Settings begeistert ist, sollte unbedingt einen Blick auf das Spiel werfen.

Punkte

  • Thema: 4
  • Mechanik: 4
  • Wiederspielwert: 3
  • Strategie: 3
  • Qualität: 4
  • Spielspaß: 4

Gesamtwertung 4 (3,7)

Boardgamegeek

Da viele von euch auch direkt auf BGG schauen, nehmen wir die aus unserer Sicht wichtigsten Faktoren für dieses Spiel direkt auf (Stand April/2023).

Ranking Weight
8.2 2.40

(c) Copyright Corax Games

Grafik(en) und Bild(er) von Horst Brückner

Das Spiel ist ein Rezensionsexemplar. Diese Rezension ist unentgeltlich durchgeführt worden und spiegelt meine persönliche Meinung wider.


Autoren Posts

Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).

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