Einleitung
Mitte April hatte ich die Gelegenheit, mit Franziska und Johannes vom Hans im Glück (HIG) Verlag zu plaudern. Im Gegensatz zum jüngst geführten Interview mit Strohmann Games ist HIG bereits seit 1983 im Brettspiel-Business tätig. Der Verlag hat bereits mehrere erfolgreiche Titel selbst publiziert. Dazu gehört unter anderem das Spiel des Jahres 2001 Carcassone. Ohne viel Übertreibung zählt das Spiel bereits zu den Klassikern. Natürlich ruht sich der HIG Verlag nicht auf ihren Lorbeeren aus. 2021 konnten sie mit Paleo den Preis zum Kennerspiel des Jahres ergattern. Auf der Spiel 2021 wurde die dazu passende Erweiterung Paleo – Ein neuer Anfang vorgestellt. Der neuste Sproß aus dem Verlag ist die große Ultimate Railroads Box.
Mit Franziska und Johannes konnte ich über Spiele-Entwicklung und Nachhaltigkeit plaudern. Aber lest selbst, was mir die Beiden zu erzählen haben.
Interview
(analog-rockt/Horst) Interview geführt mit …
Johannes & Franziska
Position im Verlag …
Johannes – J: Redaktion
Franziska – F: Produktionsmanagement & Events
Wieviel spielst Du noch selbst und was war Dein letztes Spiel?
J: Mein letztes Spiel war So Kleever!, ein Wortassoziationsspiel. Es war lustig, aber auch sehr verkopft. Aktuell spiele ich etwa 1–2 Mal die Woche, sofern wir das Prototypen testen ausklammern.
Dabei spiele ich alles Mögliche, sei es ein einfaches Partyspiel oder ein 3+ Stunden Euro Game.
F: Das ist ganz unterschiedlich und phasenweise mal mehr, mal weniger. Mein letztes Spiel war Feed the Kraken, ein Social Deduction Spiel.
Der Hans im Glück Verlag ist unter anderem redaktioneller Begleiter für neue Autoren. Wie läuft so ein Erstkontakt zwischen Euch und Autor ab? Geht ihr auf Menschen zu oder kommen die zu Euch?
J: Eigentlich kommen die Autor*innen immer zu uns. Wir sind vielleicht nicht der größte Verlag, aber durch unsere Spiele zumindest für die meisten ein Begriff.
Außerdem versuchen wir bei Absagen darauf zu achten, unsere Entscheidungen immer zu begründen. Mit der Hoffnung, dass sie wieder zurückkommen, sobald sie eine passende Idee haben.
Der Erstkontakt ist meist sehr ähnlich, sie schicken uns die Regel zu einem Ihrer neuen Spiele und wir schauen uns das Spiel an. Falls möglich kann man dann natürlich einen Termin auf der Messe vereinbaren, ansonsten versuchen wir das Spiel anhand der Regel einzuschätzen. Je nachdem, ob wir darin Potential sehen, geht es dann weiter.
Worauf achtet ihr dabei?
J: Kurzgesagt: ob das Spiel Spaß machen könnte. Für uns ist es immer wichtig, dass Spiele spannende Entscheidungen bieten. Sei es ein kleines 30 Min Spiel oder ein großes Euro Game. Es gibt dabei keine bestimmten Kriterien, auf die wir achten.
Sehr oft müssen wir feststellen, dass unser Leitfaden zu neuen Spielideen nicht durchgelesen wird.
Gab es dabei schon mal so richtige „Fails“ oder anders gefragt: was sollte man als Jungautor besser nicht machen?
J: Die gibt es ständig, sehr oft müssen wir feststellen, dass unser Leitfaden zu neuen Spielideen nicht durchgelesen wird.
Ich denke am wichtigsten ist das Testen mit anderen Gruppen. Kommt das Spiel auch bei Leuten an, die nicht aus dem Bekanntenkreis kommen?
Außerdem muss man nicht jedes Spiel jedem Verlag vorlegen. Macht euch Gedanken darüber, was euer Spiel ausmacht und zu welchem Verlag es passen könnte.
Schaut euch dazu das Programm der letzten Jahre an.
Wieviele Spiele-Ideen bekommt ihr pro Jahr?
J: Das ist schwierig zu sagen. Wenn wir wirklich alle Einsendungen zählen, könnten das schon ca. 500 Einsendungen pro Jahr sein.
Darunter sind aber bereits hunderte, die man direkt Aussortieren kann, da sie gar nicht zum Verlagsprogramm passen.
Nachhaltigkeit ist für uns ein super wichtiges Thema
Schwenken wir einmal zur Produktion. Auf eurer Homepage kann man viele erfreuliche News und Statements zum Thema Nachhaltigkeit oder grüne IT lesen. Was steht für euch dahinter?
F: Nachhaltigkeit ist für uns ein super wichtiges Thema, über das wir uns im Team an allen möglichen Stellen viele Gedanken machen. Sei es bei der Spieleproduktion, aber auch wie wir unseren Büroalltag, Geschäftsreisen und Messen nachhaltiger gestalten können.
Wie könnt ihr insbesondere bei der Spiele-Produktion darauf achten? Welche Möglichkeiten der Beeinflussung habt ihr?
F: Ein wichtiger Punkt ist natürlich Plastik in Spielen zu reduzieren. Zum einen bei den Komponenten, aber viel mehr noch bei der Verpackung. Da wir immer schon fast ausschließlich Spielfiguren aus Holz verwenden und ein Großteil unserer Bestandteile oft eh aus Pappe ist, ist das bei den Komponenten für uns etwas einfacher.
Ein größeres Thema ist da die Verpackung. Aber auch hier haben wir Möglichkeiten, das zu beeinflussen. Wenn wir für eine Produktion bei unseren Produzenten anfragen, gibt es beispielsweise die Möglichkeit Papierbanderolen oder -einschläge statt der klassischen Plastik-Cellophanierung oder -Schrumpfung für die Karten zu verwenden.
Auch Inlays sind bei uns fast ausschließlich aus Karton, da braucht es kein Plastik. Zudem gibt es mittlerweile Beutel aus Pergamin (Papier) statt den Plastik Zip-Tütchen, das ist so ziemlich das aktuellste was wir jetzt nach und nach bei unseren Spielen umstellen. Allerdings funktionieren diese Möglichkeiten nicht immer für alle Produktionen, da es manchmal von der Produktionsseite technische Einschränkungen gibt und vieles einfach noch super neu ist.
Als nächstes wollen wir versuchen auf die Einschrumpfung unserer Spielboxen zu verzichten und sind hier schon dran, zusammen mit unseren Produzenten Möglichkeiten zu testen.
wir produzieren seit vielen Jahren schon fast ausschließlich in Europa und mit Produzenten, die für das Thema Nachhaltigkeit sehr offen sind
Habt ihr euch schon von Produzenten getrennt? Oder ist ein Trend erkennbar, dass Produzenten auf eine nachhaltige Produktion setzen?
F: Getrennt haben wir uns bisher von keinem Produzenten, aber wir produzieren seit vielen Jahren schon fast ausschließlich in Europa und mit Produzenten, die für das Thema Nachhaltigkeit sehr offen sind, daher war das zum Glück nicht nötig ???? (lacht). Es ist definitiv auch ein Trend zu erkennen, ja, die Produzenten testen selbst viele neue Alternativen.
Welches sind deine Lieblingsspiele vom Fremd- und/oder Eigenverlag?
J: Decrypto und Tzolk’in mag ich sehr gerne. Es kommt aber immer sehr auf die Gruppe und Situation an.
Aber es gibt mittlerweile für fast jede Gelegenheit auch das passende Spiel.
F: Spirit Island und Arkham Horror LCG; ansonsten wie Johannes sagt, sowas hängt auch immer stark von den äußeren Umständen ab ????
Dürft/wollt ihr bereits etwas von kommenden Veröffentlichungen an-teasern?
J: Viel Entwicklungs- und Redaktionsarbeit ist in das kommende Carcassonne Projekt geflossen.
Daraus ein funktionierendes kooperatives Spiel zu machen, war sehr knifflig.
Außerdem kommt dieses Jahr noch ein größeres Euro Game, mit einem etwas anderen Thema. Aber dazu gibt es bald mehr Infos.
Wo kann man Euch als nächstes Treffen?
F: Als nächstes sind wir bei der Spiel Doch! in Dortmund (01.07. bis 03.07.2022) und bei der BerlinCon (15.07. bis 17.07.2022) anzutreffen.
Links
Alle Links im Artikel noch einmal in der Übersicht. Eine Rezension zu Paleo findet ihr in meinem Blog.
Brettspiele vom Hans im Glück Verlag
- Carcassone Spiel des Jahres 2001
- Paleo Kennerspiel des Jahres 2021
- Erste Erweiterung zu Paleo – Ein neuer Anfang
- Ultimate Railroads
Brettspiele anderer Verlage
- Arkham Horror LCG (Asmodee)
- Decrypto (Asmodee)
- So Kleever! (Asmodee)
- Feed the Kraken (Funtails)
- Tzolk‘in (Heidelbär Games / Czech Games Edition)
- Spirit Island (Pegasus)
Sonstiges
- Messe Spiel Doch! in Dortmund
- Messe BerlinCon
- Geschichte des HIG Verlages
- Autoren-Leitfaden zu neuen Spielideen
Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).