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analog rockt Brettspielrezensionen

Berlin Con 2024

Der Artikel wurde von Horst geschrieben. 14 Minuten Lesezeit

Das Rock-Festival der Brettspiele im neuen Zuhause

Seit dem ich in diesem Blog über Brettspiele berichte, berichte ich bereits über die Berlin Con. In diesem Jahr musste ich Familie und Mitreisende Familie überreden früher in den Urlaub zu fahren und ja pünktlich zurück zu kommen, weil ich mit Chris gemeinsam auf die Con wollte. Was habe ich ein Glück, dass ich auf so verständnisvolle Menschen in meinem Umfeld bauen darf. Aber es hat sich auch gelohnt. Den es gab viele Neuerungen, Veränderungen und Vergrößerungen. Ich bin gespannt, was ihr dazu sagt, aber der Reihe nach. Wer Vergleiche zu den Vorjahren sucht, findet für 2023 oder 2022 hier einige Berichte.

Alles braucht einen Start: Chris und Horst (v.l.n.r.) haben gerade die Badges für das Wochenende abgeholt.

Menschen und Geschichten

Je öfter die Veranstaltung besucht wird, desto mehr Menschen lernt man kennen. Das liegt zum einen an dem phantastischen Publikum, den Menschen bereitwillig auf andere zu zugehen und einfach ins Quatschen zu geraten. Das Adressbuch füllt sich Jahr für Jahr mit neuen Kontakten und es tut am Sonntagabend schon fast weh, dass man sich durch Ort und andere Galaxien getrennt erst in einem Jahr wieder sehen wird. Es ist aber auch genau, was für mich die Berlin Con so wunderbar macht.

Treffen mit dem Spielekapitän André.

Timo und Chris habe ich gerade Sky Team erklärt und sie eine Runde spielen lassen, da fragt uns jemand, ob er sich dazu setzen dürfte. Dann kommt raus, dass das André Der Spielekapitän ist. Neben dem Start seinen Podcasts entwickelt er gerade an seinem eigenen Spiel – dass er nebenbei selbst illustriert. Nach dem wir festgestellt haben, dass wir uns auf auf diversen Kanälen untereinander folgen und theoretisch kennen, erzählt er, dass er mit Unterstützung von Xollox Games versucht sein Spiel zu veröffentlicht. Hinter Xollox steckt niemand anderes als Turbo, der mit seinen vier Spieltischen auf der Hildesheim spielt! für viel Abwechslung mit seinem Spiel The Fog: Escape from Paradise gesorgt hat.

Nach der Partie kamen plötzlich Thomas und Ann-Kathrin von Thoka Brettspiele an den Tisch, die Timo erkannt hatten. Und so geht es immer weiter.

Eine Anekdote habe ich zu der Überschrift aber doch noch. Ich war sehr neugierig auf Rita Modls Lumicora. Auch wenn ich sie bislang noch nicht kennengelernt habe, erscheint sie mir wie eine sehr lebendige und positive Person. Ehrlicherweise konnte ich mit ihren Spielen bisher nichts anfangen. Selbst Zwergendorf fand ich eher Überladen (und warum wohnen die nicht in Minen, sondern im Wald. Müssten es damit nicht Elfen sein und das Spiel folgerichtig Elfendorf heißen). Das Retten von Korallen und die schöne Aufmachung der Illustratorin Annika Heller hat mich hingegen thematisch und visuell abgeholt. Chris und ich wollten am Sonntag gerade zurück in die Heimat fahren und nur einmal schnell schauen, ob da noch ein Spieltisch frei ist. Wie es der Zufall wollte, beendeten gerade ein paar Leute ihre Partie. Chris hat noch schnell die beiden Personen neben uns angesprochen und da stand auch noch jemand mit einem Deep Print Games-T-Shirt herum. Den habe ich gefragt, ob er es uns erklären könne. Es kam raus, dass das Pärchen (liebe Grüße an Claudia und Jan) den Menschen kannte. Ich habe mir nichts dabei gedacht. Er erklärte uns geduldig das Spiel, musste aber auch mal nachschlagen, weil er bereits den jungen Prototyp kannte, bevor das Spiel publiziert wurde. Folgender Dialog wurde so ungefähr geführt.

Ich: „Hm … was machst du bei Deep Print?“

Er: „Ich bin einer der Gründer?

Ich: „Oh, cool. Hättest du mal Lust mit mir ein Interview zu führen?“

Er: „Ja, klar. Warte ich gebe dir meine Kontaktdaten“

Handy geziehe, QR-Code gezeige, Kamera-gefummel

Ich: „Du bist Peter Eggert? DER Peter von Eggertspiele?“

Er: „Ja, das habe ich vorher gemacht, …“

Und den Rest erzähle ich euch dann im Interview 🙂

Eggertspiele, wer gerade noch nicht zuckt, hat die Erstauflagen von Mombasa, Great Western Trail, Camel Up oder auch Rococo rausgehauen. Meilensteine (meiner) Spielgeschichte.


Fakten

Schlafen und Örtlichkeiten

Die größte Neuerung war in jedem Fall die neue Location. Die letzten Jahre war die Berlin Con treu in der Station Berlin angesiedelt. Der stetige Gäste-Wachstum und die ein oder andere ziemlich verschwitzte Nacht haben Alex und Johannes aka Hunter dazu angeregt eine neue Heimat zu suchen und zu finden. An der berühmten Sonnenallee findet sich das Estrel Congress Centrum (Homepage). Eine große Anlage mit Hotel und vielen Räumlichkeiten im Herzen von Neukölln.

Einen Tag davor endete gerade eine andere Großveranstaltung, so dass die Zimmer wirklich erst ab 15:00 Uhr zur angegebenen Check-In-Zeit bezugsbereit waren. Zumindest theoretisch. Unser Zimmer war noch nicht fertig, aber das hilfsbereite Personal hat ohne weiteres Nachfragen direkt ein alternatives Zimmer herausgesucht und uns einquartiert. Um das schonmal abzukürzen: Zimmer war gut. Wir hatten ein Fenster zur Straße, aber selbst das war bei offenem Fenster in der Nacht nicht wirklich laut. Von daher konnten wir jeden Tag frisch erholt in die Berlin Con starten.

Die neue Location gibt einiges an Platz her. Das hat natürlich den Nachteil, dass die Laufwege etwas länger sind. Unabhängig bietet der Mehrplatz (und die Klimaanlage bei über 30 Grad Außentemperatur) deutlich mehr Vorteile. Das Gedränge aus früheren Jahren ist weg. Auf der Negativseite merkt man, dass es nun eben ein angeschlossenes Gebäudeteil an einem Hotel ist. Das wirkt sich insbesondere auf die nun hohen Cateringpreise nieder. Eine kleine Flasche Wasser kostet nun in etwa vier Euro und ist damit leider weit weg von den Preisen der letzten Berlin Con.

Hallenplan (Quelle: https://Berlin-Con.de)

In der Station gab es vor und hinter dem Gelände Foodtracks, die für das leibliche Wohl gesorgt haben. Im Estrel sind es nun die Angebote des Hotels inklusive Sandwiches und Schokoriegel. Auf Grund der Preise verwunderte es nicht, dass viele Besuchende in den Pausen Neukölln unsicher gemacht haben. Es gab kaum ein Café, Kiosk, Dönerladen oder Restaurant, wo uns nicht die orangen Badges entgegen blitzten. Die Dice Dudes Suchtproblem aus Hannover haben wir in etwa jeden Morgen auf der Jagd nach dem Frühstück getroffen. Kulinarisch hat der Stadtteil fußläufig zum Hotel sehr viele gute Alternativen geboten.


Verlage, Neuigkeiten und Prototypen

Bill erklärt Das Unbewusste.

In alter Gewohnheit sind sehr viele Verlage auf der Veranstaltung vertreten. Bei Frosted Games konnte man unter anderem bereits einen ersten Blick auf Townsfolk Tussle oder Das Unbewusste werfen. Das ebenfalls neue Spiel Endeavor: Die Tiefsee konnte bereits getestet und gespielt werden. Strohmann Games hatte in etwa das kleine Slide mitgebracht. Dabei handelt es sich um eine Brettspiel-Variante des Zahlen-Spielepuzzles aus frühen Kinderjahren. Auch mir hat das Spiel als kleiner Starter oder Absacker viel Spaß gemacht. Die Vorabexemplare waren auf der Berlin Con bereits am Samstag ausverkauft. Bei Deep Print Games respektive Pegasus Spiele konnte sowohl Intarsia oder das noch fast neue Spiel Lumicora angespielt werden als auch ein erster Blick auf ein Vorab-Exemplar von Civolution. Dies soll nur einen ersten Eindruck über die Aktualität und die Möglichkeiten geben.

Ebenfalls schon in langer Tradition gibt es eine Prototypen-Galerie. Persönlich fand ich die etwas ungünstig gelegen. Beim Betreten und Verlassen (oder auf dem Weg zum Flohmarkt / Bühne) konnte man durch schlendern. Den exklusiven Platz auf der leicht erhobenen Plattform in der Station musste sie allerdings einbüßen. Außerdem waren die eigentlichen Messehallen und die freien Spieltische etwas weiter weg. Vielleicht lag es daran, dass ich dieses Jahr ganz abseits meiner sonstigen Vorlieben dort gar nicht so gestöbert habe. Neben bekannten Gesichtern wie Eike mit seinem Midhalla fand ich zwei Tische besonders interessant. Leider habe ich keinen Prototyp angespielt. Die beiden interessanten Spiele sind Neon Hope und Heropolis.

Turbos The Fog ist nun im Handel erhältlich!

Neon Hope wirbt mit Cyberpunk meets Solarpunk. Es erzählt eine Kampagnen-like Geschichte, in der wir versuchen einer potentiell düstere Zukunft entgegen zu wirken. Die Charaktere haben asymmetrische Fähigkeiten und entwickeln ihre Attribute im Spielverlauf weiter. Außerdem haben die Köpfe hinter dem Spiel sich Gedanken gemacht die klassische Rollenverteilung „Tank nach vorne“ entgegen zu wirken und immer wieder Herausforderungen für alle Klassen mit all ihren Attributen einzubauen. Die Kickstarter-Kampagne startet bald. Auf der Homepage lässt sich ein Newsletter für den Start abonnieren.

Im Gegensatz zu dem eben vorgestellten Spiel, geht es bei Heropolis deutlich humoristischer vor. Ich habe hier nur kurz zuschauen können. Wir bauen eine Stadt aus Faltschachteln auf und müssen irgendwie gegeneinander kämpfen. Es sah lustig aus und es hatten alle viel Spaß am Tisch. Ich denke mal, dass sich eine Beobachtung des Spieles lohnen wird. Vom Artwork erinnert es etwas an Roll Camera.

Wie gesagt nur ein kurzer Auszug eines schönen und abwechslungsreichen Spielgeschehens.


Spielbereich, Spielausleihe, Gamenight

Eines der Highlights ist ungefragt der große Spielbereich. Mittlerweile finden sich alle Tische in einem sehr großen (klimatisierten) Raum. Die Akustik war genial. Man hört vielleicht noch die Nachbartische, aber es ist kein Anbrüllen notwendig und auch nach einer durchzockten Nacht brummt nicht der Schädel (außer natürlich von komplexen Brettspielen).

Die Spielausleihe wird eingespielt durch Blick aufs Brett e.V. durchgeführt. Ich habe hohen Respekt vor deren Geduld, Durchhaltevermögen und an dauernder Höflichkeit. Mittlerweile kann man über die Berlin Con App einsehen, welche Spiele dabei sind und selbst ein kurzfristiges Vorreservieren von freien Spielen ist möglich.

Abends schließt dann die Berlin Con die Pforte für die Non-Badge-Besitzer*innen. Für jede Person ist ein Sitzplatz in dem großen Spielbereich vorhanden und dann geht es los. Das ist meist die Zeit, die ich nutze für die Ausleihe, wo sich die Creator treffen, nett quatschen und einiges an Spielen über den Tisch geht. In meinen angerockt-Juli-Artikel werde ich mehr über die Errungenschaften der diesjährigen Con schreiben.


Rahmenprogramm Bühne

Neben der Flohmarkt-Warteschlange öffnete sich der Raum hin zu einer Bühne mit lockerer Bestuhlung. Die Bühne würde für diverse Vorstellungen, Diskussionen oder dem allseits beliebten Kneipenquiz verwendet. Die Bühne lebte daher nicht nur von dem sehr sympathischen Moderatoren (unter anderem Johannes und Alex selbst, aber ich Sven vom Brettballett), sondern auch von dem toll ausgewählten Gästen. Das Publikum wurde gut abgeholt und eingebunden. Insbesondere bei den Diskussionsbeiträgen wie in etwa Auswirkung der KI auf die Brettspiel-Branche kamen am Ende Stimmen der Zuhörer*innen zu Wort. Die KI-Diskussion war zu 80% leider eher einseitig geführt, aber das liegt natürlich auch an den Gästen.


Flohmarkt

Nach meinem eigenen Erleben wächst der Flohmarkt jedes Jahr rapide an und es gibt immer wieder eine noch größere Auswahl. Klar, sind nicht alles Perlen oder verborgene Schätze, aber es gibt doch eine breite Menge. Ich habe diesmal keine eigenen Spiele abgegeben, da ich primär kleinere Kartenspiele bzw. Schachteln im Angebot gehabt hätte. Erfahrungsgemäß ist das immer so eine kleine Schmuddelecke, die sich nicht so gut erkunden lässt. So auch dieses Jahr. Ach ja …. Wartezeiten insbesondere am Samstag von mehreren Stunden sollten einkalkuliert werden. Ein Großteil der Warteschlange führte an der Bühne vorbei, so dass man wenigstens dort etwas von der Messe mitbekommen konnte. Wir waren wie „immer“ erst am Sonntag auf dem Flohmarkt. Das ist weniger Stress und trotzdem sind immer noch ein paar gute Dinge zu finden. Was sich aber auch wie in jedem Jahr zeigt: man sollte seine Spiele nicht mit zu überzogenen Preisen anbieten. Es sind nunmal doch mehr oder weniger Menschen dort unterwegs, die wissen was ein Spiel wert ist. Als frisch aus dem Urlaub kommender Norwegen-Urlauber hat es mich persönlich sehr gefreut, dass auch der Flohmarkt nun komplett Bargeldlos funktioniert.


Was bleibt, was wird

Für mich wird das gesamte Happening immer runder. Ich merke, wie ich mich bereits in den letzten Jahren deutlich mehr auf die Berlin Con als auf die SPIEL freue. Das hat gleich mehrere Gründe. Zum einen trifft man auf dieselben verrückten Content Creator. Klar, die meisten sind größer als dieser Blog oder der Helden am Brett YouTube-Kanal (oder sogar größer als wir zusammen). Aber es ist doch etwas wie eine Familienzusammenkunft und man kennt sich, grüßt sich oder lernt sich abends bei einer Spielrunde (besser) kennen.

Zum anderen ist es die Möglichkeit zu spielen. Muss man in Essen versuchen sich einen Platz zu erkämpfen, klappt das auf der Berlin Con nahezu mühelos. Nicht nur in der Gamenight, sondern insbesondere bei den Verlagen.

Als Gast muss man wissen, dass viele Neuigkeiten erst zu Essen erscheinen. Es ist eben oftmals eine etwas antiquierte Verlagsdenke analog der Buchmesse bei den Brettspiel-Verlagen zu beobachten. Da gibt es ein Event auf das hingearbeitet wird. Aber ich erkenne deutliche Tendenzen, dass die anwesenden Verlage mittlerweile deutlich mehr Neuheiten oder bald erscheinende Artikel präsentieren. Ein weiteres Sahnehäubchen.

Ihr werdet mich sehr wahrscheinlich nächstes Jahr wieder in Berlin treffen können und Essen überlasse ich mindestens in diesem Jahr den Großen.

Feierabend-Getränk im Hotel nach einem aufregenden, aber auch anstrengendem Tag auf der Con.

Helden am Brett Video

Und natürlich haben wir auch ein Video auf unserem Helden am Brett YouTube Kanal dazu publiziert. Eine Stunde lang schwelgen wir in Erinnerung.

Autoren Posts

Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).

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