Auf der Suche nach neuen und schnell geschriebenen neuen Formaten für das geschriebene Wort habe ich mir überlegt, dass ich mit der Kolumne “Neu gespielt” zumindest ein paar Worte zu Spielen verliere, die neu auf den Tisch gekommen sind. Das können alte wie neue Perlen sein. Das Format liefert natürlich keine vollständige Rezension, sondern soll die neu gewonnenen Eindrücke zusammenfassen. Manchmal wird daraus ein Spin-Off entstehen mit einem echten “angerockt” Eindruck oder nach einigen Partien ein “durchgerockt”.
Wenn ich mir diesen Monat so anschaue, habe ich mich primär in Kampagnen- oder Kinder-tauglichen Gefilden herumgetrieben. Zusätzlich sind noch einige Wiederholungsspiele dabei, die ich hier nun aber weglasse.
Tsuro of the Seas
Das Spiel Tsuro kannte ich bis dato nur als sehr gute App-Umsetzung auf meinem Tablet. Umso erfreulicher als wir neulich zu fünft (plus Kinder auf den Schössen) das Spiel auf dem Tisch hatten. Im Prinzip ist es ein relativ simples Plättchen-Legespiel. Man legt ein Plättchen uns muss den darauf abgedruckten Pfaden über alle angeschlossenen Plättchen folgen bis die Figur entweder vom Brett fällt oder man vor einem leeren Feld endet. Je mehr Spielende desto schneller wachen sie Pfade in Richtung Brettende. Kleines und sehr feines Spiel. Wir haben die nicht ins deutsche übersetzte See-Variante gespielt. Seitdem schaue ich, ob ich irgendwo ein gebrauchtes Spiel ergattern kann. Kurzes abstraktes und taktisches Spiel. Schnell erklärt und gespielt und dann auch noch für bis zu acht Personen. Vier von vier Meeples für mich.
Sword & Sorcery
Das Spiel hat bereits einige Tage auf dem Buckel und laut Boardgamegeek hat es erstmal 2017 die Herzen der Spielenden verzaubern können. Sword & Sorcery ist ein kooperativer Dungeoncrawler und reiht sich in die Kampagnenspiele ein. Der Name beschreibt das Setting: High-Fantasy. Die Autoren haben eine eigene Welt und eine eigene Geschichte geschrieben. Mit bis zu fünf Charakteren kann man sich dem Abenteuer stellen. Wir haben es zu viert gespielt und wollen noch einige Male in die Tiefen hinab steigen und retten, was zu retten ist.
Was macht das Spiel besonders: Zum einen das gut 60-seitige Regelwerk ist schon ein Kracher. Tatsächlich kam zumindest bei mir Pen-and-Paper-Feeling auf. Meist ist nicht die ganze Karte aufgedeckt oder es gibt genügend ausgelegte Plättchen, so dass man nicht sicher sein kann, was ein erwartet. In Sachen Wiederspielwert wurde hier eine Menge richtig gemacht. Auch die Regeln erinnern mehr an Rollenspiel als an ein seichtes Brettspiel. Daher ist es nicht unüblich das Regelheft genauso wie das Heldenbuch (= Abenteuer) in Griffweite zu halten. Tatsächlich können selbst die Monster spezielle Fähigkeiten aufweisen, so dass gleiche Rassen zwar gleiche Angriffe haben, aber Sonderfähigkeiten sie dann doch noch spezialisieren. Dadurch entsteht ein sehr realistisches Bild. Die Monster sind so komplex, dass diese unter den Spielenden aufgeteilt werden.
Sword & Sorcery kommt ohne App-Unterstützung aus. Mir persönlich kommt das entgegen, da ich nicht so der Fan von Apps am Brettspiel-Tisch bin. Der schlimmste Kandidat in dieser Rubrik ist für mich übrigens Planet X.
Endlich mal ein Dungeon-Crawler mit coolen Entwicklungsmöglichkeiten und viel Abwechslung – zumindest in den bisher gespielten Szenarien. Okay, die Story treibt mich nicht gerade an. Das ganze Setting basiert darauf, dass wir ehemalige Elite-Kämpfer sind, die irgendwie zu Geistern geworden sind und ihre Fähigkeiten verloren haben. Aber gut … bislang finde ich es gut. Es verlangt aber auch einiges an Einarbeitungszeit und ist kein Ding für Zwischendurch. Bin schon sehr gespannt, wieviele Regeln wir beim nächsten Treffen vergessen haben. Aktuell drei von vier Meeples.
Quacks & Co.
Für meinen fünfjährigen wollte ich den nächsten Level an Spielmechanik auf den Tisch bringen. Nach vielen guten Kritiken habe ich ihm Quacks & Co. von Schmidt Spiele gekauft. Das Spiel ist von Wolfgang Warsch, der unter anderem das grandiose Tavernen im Tiefen Thal entwickelt hat. Quacks ist das Kinderspiel zu Die Quacksalber von Quedlinburg. Vielleicht hätte ich das eher erwähnen sollen. Das hat auf Boardgamegeek einen relativ guten Wert von 7.8. Ich selbst habe es nie gespielt und von daher wusste ich auch nicht, was mich erwartet.
Mechanisch ist es ein Bag-Builder. Die Spielenden haben einen eigenen Spielbeutel mit Spielmarken. Diese erlauben uns Felder nach vorne zu gehen und Aktionen auszuführen. Außerdem gibt es eine Nietenart, die uns bis zu drei Punkte sammeln lässt. Haben wir drei Punkte erreicht, können wir neue Spielmarken shoppen gehen. Diese haben meist einfach stärkere Aktionen und mehr Reichweite.
Das Spiel lässt sich hervorragend bereits mit unserem Jungen spielen. Keine Ahnung, ob er wirklich eine spielerische Referenz in Bezug auf das Alter darstellt oder einfach bereits durch die Eltern Spiel-geprägt ist (Zählen hat er mit Karak gelernt).
Es gibt zwei Dinge, die ich persönlich nicht so mag. Zum einen grüßt Fortuna bei jedem Griff in den Beutel. Egal wie taktisch klug ich meinen Beutel ausbaue – bislang habe ich noch keine Partie gewonnen. Das andere Element ist die Sieg-Bedingung: wer als erste*r am Ziel ist, hat gewonnen. Schlichtes Racing.
Als Kinderspiel – und mehr ist es für mich nicht – ist es gut. Artwork und Figuren sind toll. Freue mich momentan noch über jede Partie mit meinem kleinen Sohnemann, aber es wird auch okay sein es wieder zu verkaufen. Eher zwei von vier Meeples.
Hegemony
Giant Roc (Happyshops) hat den Expertenkracher Hegemony: Führe Deine Klasse zum Sieg lokalisiert. Auf Boardgamegeek legt es mit einer Wertung von 8.5 bei einer Komplexität von 4.15 klare Maßstäbe vor. In dem asymmetrischen Spiel können bis zu vier Spielende die Arbeiterklasse, die Kapitalisten, den Mittelstand oder den Staat repräsentieren. Politisch geht es also direkt ums eingemachte. Die einzelnen Klassen sind sehr liebevoll ausgestaltet und jede bringt ein eigenes Kartendeck mit. Ich werde noch nicht viel mehr dazu schreiben, da es sicherlich noch eine Rezension dazu geben wird. Mal abgesehen von der grandiosen Materialqualität und der Tischpräsenz, bin ich am Ende auf eine Sache gespannt: Aktuell wirkt es so, als ob jede Klasse ihren “vorgeschriebenen” Weg für die Zielerreichung benötigt. Auf Dauer könnte dies vielleicht etwas langweilig sein. Klar, muss man sich den Weg immer noch erkämpfen, es ist aber nicht so wie in etwa bei Skymines (Mombasa), wo es viele Wege zum Ziel gibt. Noch bin ich unentschlossen, ob es am Ende eher zwei oder vier Meeples werden. Größer Sprung, ich weiß. Es hat das Potential. Mal sehen.
Etherfields
Spiele von Awaken Realmes brauchen sich meist nicht in einer Ecke im Spielregal zu verstecken. Etherfields stellt hier keine Ausnahme dar. Die tolle Illustratorin Ewa Labak hat ihren Pinsel bereits für Nemesis, Tainted Grail oder ISS Vanguard geschwungen. Entsprechend düster geht es auch bei Etherfields ans eingemachte. Das Spiel ist ein kooperatives Kampagnenspiel. Wir spielen es gerade mit zwei Charakteren. Wir sind irgendwie in einer Traumwelt gefangen in der allerhand komische und surreale Dinge passieren. Im Prinzip ist es ein Dungeoncrawler mit Deck-Building-Mechanik. Die Story ist wirr, aber sehr atmosphärisch und dicht. Die Texte schwanken zwischen lustig und Horror.
Abgesehen von einem selbst verschuldeten Regel-Debakel haben wir in wenigen Stunden drei Missionen gespielt. Gerade eröffnet sich uns eine Flut von neuen Möglichkeiten. Story und Ideen gefällt mir momentan ausgezeichnet. Ich hoffe sehr, dass am Ende ein guter Plot erscheint. Es scheinen kleinere Rätsel in den Dungeon-Träumen aufzutauchen. Die waren jetzt eher im Niveau einer Fernsehzeitschrift (gibt es die überhaupt noch). Nichtsdestotrotz freue ich mich auf die nächste Partie. Meiner Meinung nach ist die Komplexität mit 3.51 auf Boardgamegeek etwas überbewertet. Es spielt sich straight runter.
Ich bin mir schon jetzt sicher, dass es keine vier Meeples werden. Aber aktuell steht einer sicheren drei wenig im Wege. Mal sehen, was die nächsten Partien bringen, wenn sich der erste Hype in süsse Träume verabschiedet hat.
Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).