Skip to content

analog rockt Brettspielrezensionen

Neu gespielt im Juni 2025 (Teil 2)

Der Artikel wurde von Björn geschrieben. 12 Minuten Lesezeit

Wenn ihr das hier liest, haben wir über die Hälfte des Jahres bereits verspielt. Zeit euch weiterhin mit Eindrücken von kürzlich gespielten Spielen zu geben und dies weiter auszubauen. Es gibt so viel Neues zu entdecken. Dieser Monat strotzt wieder einmal mit vielen relativen Neuheiten. Das ist natürlich besonders spannend, wenn ihr auf der Suche nach guten Ferientiteln seid. Da versteckt sich sicherlich der ein oder andere Schatz, der in den Sommerferien mit auf Reisen gehen will.

Das Spannende ist, dass wir alle drei relativ viele neue Titel gespielt haben. Daher gibt es ausnahmsweise ein Triple-Feature. Die reine Lesezeit aller drei Artikel hätte nämlich über 30 Minuten gesprengt und wir wissen nicht wie viel Zeit zwischen euren Terminen herhalten kann. Genießt also unser Juni-Trio.


Björns Juni-Spiele

Alte Bekannte, neue Prügeleien

Diesen Monat war’s am Spieltisch bei mir ein bisschen wie im echten Leben: Nicht immer neu, aber immer wieder schön. Ich hab gar nicht so viel Neues gespielt, dafür ein paar alte Bekannte rausgekramt, die schon länger auf einen zweiten oder dritten Auftritt gewartet haben. Dawn of Madness durfte seine (aktuell verfügbare) letzte Geschichte erzählen, Terrorscape hat das Spielzimmer mal wieder zum Albtraumhaus gemacht – und trotzdem hat sich auch frischer Wind auf den Tisch geschlichen. Hier also mein Rückblick auf die neu gespielten Juni-Titel, samt Prügeleien, Pixelnostalgie und Plastikdudes.

Cyclades – In Legendärer Ausgabe

Dudes on the Map – ein Genre, das mir inzwischen fast ein eigenes Zimmer füllt. Ich liebe es einfach, wenn kleine Plastikminiaturen mit großen Ambitionen über bunte Karten marschieren, sich prügeln, Städte anzünden und alles so aussehen lassen, als hätte jemand die Antike mit einem Godzilla-Film gekreuzt. Cthulhu Wars, Monumental, Rising Sun – alles super. Und jetzt: Cyclades – Legendary Edition. Ein Klassiker, der endlich so richtig hübsch gemacht wurde. Neue Minis, neues Material, alle Erweiterungen dabei, Regeln überarbeitet – und das Ganze passt trotzdem in ein Kallax Fach inkl. Luft für ein kleines weiteres Spiel. Toll, oder?

Aber was macht Cyclades so besonders?

Am Anfang der Runde bieten alle Spieler auf die ausliegenden Götter, die bestimmen welche Aktionen du in dieser Runde ausführen kannst.
Du willst Flotten bauen? Dann geh zu Poseidon.
Du willst Landtruppen bewegen? Ares.
Du willst lieber mit Gelehrten rumnerden? Dann hol dir Athene ins Boot.
Und Apollo? Naja… Apollo ist der Typ, den du kriegst, wenn alle anderen dir die coolen Götter wegschnappen. Apollo ist der Trostpreis. Der Typ, der dir mit schiefem Grinsen ein bisschen Kleingeld hinwirft und dich vertröstet: „Nächste Runde läuft’s besser, Kumpel.“ Ich hab das Gefühl, Apollo ist in Wahrheit der Gott des Loser. Aber immerhin spart man so Gold, das man in der nächsten Runde raushauen kann wie ein echter Gottkönig.

Und genau das macht den Bietmechanismus so spannend. Du hoffst, dass dir keiner deinen Gott wegschnappt. Aber natürlich tut’s immer einer. Immer. Gerade dann, wenn du mit Goldstücken bewaffnet schon den Plan hattest, Poseidon zu holen und mit einer fetten Flotte den Mitspieler vom Wasser zu fegen – zack, hat er dir den Gott weggeschnappt und du stehst da mit Apollo und nem Säckchen Kleingeld. Die Götter wechseln übrigens nach jeder Runde und sind nicht immer alle verfügbar.

Aber Cyclades ist mehr als nur bieten und bangen. Die Monster und Helden bringen richtig Stimmung rein. Du kannst dir Pegasus holen und über die Karte fliegen, einen Kraken die gegnerische Schiffe schlucken. Minotauren, die auf Inseln wüten. Jede Runde liegt was anderes aus, und das fühlt sich jedes Mal wie ein kleiner Monster-Flohmarkt an. Ich kann dir sagen: Das Gefühl, wenn du mit einem Riesenkraken eine komplette Flotte versenkst – unbezahlbar. Für alles andere gibt’s Apollo.

Das Ziel? Drei Metropolen. Der Weg dahin? So herrlich vielseitig wie chaotisch. Du kannst sie dir bauen, indem du vier verschiedene Gebäude zusammensetzt. Oder Heldenquests erfüllen. Gelehrte sammeln. Oder – mein Favorit – einfach den Nachbarn eine Metropole abnehmen. Die Reaktion – Meist ein „Ey?!“ gefolgt von einem Blick, der mehr sagt als tausend Worte.

Und ja, die Spielzeit. Wenn du’s voll auskostest, plane 4–5 Stunden ein. Ich hab bisher den Team-Modus noch nicht probiert, aber der steht ganz oben auf der To-Do-Liste. Könnte mir vorstellen die Spielzeit dadurch erheblich reduzieren zu können.

Kurzfazit: Dude – da sind Leute auf meiner Map, und ich find’s geil!

YRO

Hatte es zwar nicht mit Horst gespielt, aber der Titel hatte diesen Monat ebenfalls sein Debut für mich. Wenn du Castle Combo mochtest oder einfach Spiele, die nur auf den ersten Blick harmlos aussehen, dann ist YRO was für dich. Schon bei der Regelerklärung hatte ich Castle Combo-Flashbacks – aber im positiven Sinne. Du bist schnell drin, auch wenn das Spiel deutlich mehr Tiefe hat, als man denkt.

Das Artwork? Zum Niederknien. Takashi Konno hat da ein Design abgeliefert, das nicht nur knuffig ist, sondern auch einfach gute Laune macht. Du baust dein Reich in einem 3×3-Raster auf, versuchst Punkte zu holen, Truppen zu verstärken, das Beste aus deinen Karten zu machen. Klingt easy, ist es aber nicht. Denn die Effekte, Kartentypen und Kombos sind bei der ersten Partie eher ein Ratespiel. Bis du geschnallt hast, wie das alles zusammenspielt, hast du wahrscheinlich schon verloren. Aber dafür ist die zweite Partie umso besser.

Das Schöne: Eine Runde dauert nicht lange. Du kannst es locker ein paar Mal hintereinander spielen. Ich hab’s bisher nur zu zweit getestet, und das hat schon Spaß gemacht. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es mit mehr Spielern noch chaotischer – und besser – wird. Klar, ich bin nicht die Zielgruppe, aber ich verstehe total, warum YRO so gut ankommt. Es hat diesen Charme, der Kinderaugen zum Glänzen bringt und Erwachsene kurz vergessen lässt, dass sie eigentlich eine Steuererklärung machen müssten.

Kurzfazit: Knuffig, knackig, kleiner Krieg im 3×3-Raster. Und dein inneres Kind jubelt.

Street Masters – Prügel dich glücklich!

Weißt du noch, wie du früher mit deinen Kumpels auf dem Sofa saßt, den Super Nintendo an hattest und die Daumen bei Final Fight, Double Dragon oder Turtles in Time geglüht haben? Ich sag’s dir: Diese Spiele haben mir als Kind mehr Blasen an den Fingern eingebracht als jeder Bastelbogen. Und genau deshalb hat Street Masters direkt mein Herz erobert. Das ist nämlich im Grunde nichts anderes als ein Brettspiel-Remake dieser guten alten Couch-Coop-Klopper.

Die Geschichte, wie das Spiel bei mir gelandet ist, könnte selbst schon ein Bosskampf sein. Das Crowdfunding? Puh. Vier Jahre Horrorkabinet. Zwischendrin ein Publisher-Wechsel – von Blacklist Games zu Steamforged Games – und Chaos beim Überblick über Erweiterungen und Versionen. Ich hab mir den Kram mühsam über den Sekundärmarkt zusammengeklaubt, und das hat sich angefühlt, als würde ich mit verbundenen Augen gegen den Endgegner antreten. Unterschiedliche Boxen, unterschiedliche Versionen – ein Trauerspiel. Aber: Ich hab’s geschafft. Jetzt steht’s hier. Und ich fühl mich wie ein Kind vor dem Weihnachtsbaum, das sein SNES auspackt.

Das Artwork ist pure Retro-Liebe. Die Kämpfer erinnern an alte Helden, und die Stages schreien förmlich nach Arcade-Flair. Der Aufbau geht fix – fünf Minuten, dann kann’s losgehen. Und die Auswahl? Über 50 Kämpfer, 20+ Stages, zig Gegnerfraktionen. Ich könnte jeden Abend was anderes ausprobieren und hätte in einem Jahr noch nicht alles gesehen.

Du bewegst dich auf einem quadratischen Kampffeld, nicht von links nach rechts wie im Videospiel, aber das Feeling bleibt: drei Aktionen pro Zug, Gegner verkloppen, Boss ärgern, Stage-Effekte meistern. Der Boss? Hat immer ein von der Stage festgelegtes Ziel. Zum Beispiel drei Munitionskisten sammeln. Wenn er das schafft, oder auch nur einen der teilnehmen Kämpfer besiegt, ist es aus und er sitzt abends mit seinen Buddys um eine brennende Mülltonne und feiert seinen Sieg mit einer ordentlichen Pulle Schnapps.

Das Coole: Du fühlst dich richtig mächtig. Deine Techniken sind nicht nur so ein lahmes „+1 Angriff“, sondern echte Brecher. Wenn du triffst, dann kracht’s. Und die Gegner sind zwar einfach gestrickt, aber fühlen sich abwechslungsreich an. Klar, die ersten Partien bist du noch mit Regeln-Nachschlagen beschäftigt und mit dem Versuch das System zu verstehen. Aber nach zwei, drei Runden läuft’s runder. Schwer bleibt’s trotzdem. Wenn ihr nicht zusammenarbeitet, fegt dich der Boss einfach vom Tisch.

Kurzfazit: Bauch rein, Faust raus. Ich hab mein Brettspiel-Beat-’em-up gefunden – und es knallt.

Dead Reckoning

Arrr, seitdem ich dieses Schmuckstück namens Dead Reckoning von AEG auf Kickstarter erspäht hab, kribbelte es mir in der Enterhakenhand. Piratenthema geht aber immer. Hatte nun die Piratenehre, es auf unserem Spieletreff mitspielen zu können – und schon mal vorweg: Das Spiel ist richtig gut.

Will hier auch noch nicht zu viel ins Detail gehen, da hier sicher nochmal ein längerer Artikel folgt. Aber: Jeder übernimmt die Rolle einer Piratennation und versucht in diesem sehr konfrontativen Spiel, das meiste Gold zu scheffeln.

Dabei erkunden wir unbekannte Gewässer und versuchen, die Gunst der verschiedenen Orte zu gewinnen. Das ist gar nicht so einfach, da die Spielmechanik so gestaltet ist, dass man schon länger darauf hinarbeiten muss, um dauerhaft starken Einfluss zu haben, der schwer wegzukratzen ist. Wirklich gut gemacht.

Du arbeitest mit Handkarten, auf denen deine möglichen Aktionen aufgedruckt sind. Spiele einfach beliebig viele davon in deinem Zug – aber haushalten musst du trotzdem, da du nicht auf das Handkartenmaximum aufziehst, sondern immer nur vier Karten. Die Karten stellen deine Crew dar. Jedes Crewmitglied startet auf Stufe 1 und kann maximal Stufe 4 erreichen. Nach jedem Zug darfst du ein Mitglied auf der Hand aufwerten. Also auch hier musst du überlegen: Die Karte jetzt spielen oder doch aufheben, um sie zu verbessern?

Die Verbesserungen lohnen sich auf jeden Fall und schalten teilweise sogar Effekte frei, die vorher erst gar nicht möglich sind. Zum Beispiel kann die Bootsfrau ab Stufe 3 Schiffsverbesserungen herstellen. Oder der Bootsjunge kann ab Stufe 2 das Steuer übernehmen. (Ob das so sinnvoll ist, sei dahingestellt) Da muss man schon ganz genau überlegen: Was, wie, wann, wo.

Die entdeckbaren Orte sind zufällig, ebenso wie fast alles andere in dem Spiel.

Und als wäre das noch nicht großartig genug, kannst du an den verschiedenen Orten Upgrades für die Karten kaufen – entweder durch Handel oder durch rohe Kanonengewalt. Je stärker der Gegner oder je teurer der Handel, desto besser der Effekt. Die Effekte sind auf transparente Karten gedruckt, die du einfach in die Kartenhülle eines Crewmitglieds schieben kannst, um ihn dadurch aufzuwerten. Falls du Mystic Vale kennen solltest, hast du hier sicher eine bessere Vorstellung. Jeder kann maximal drei Aufwertungen dieser Art haben – aber Vorsicht: Die befinden sich an verschiedenen Positionen. Du kannst keine zwei Aufwertungen auf dieselbe Position setzen.

Die Kämpfe sind ebenfalls cool gemacht. Je nach Kampfstärke steckst du Holzcubes von dir und deinem Gegner in einen Würfelturm. Aber anstelle von Augenzahlen schaust du, wo der Würfel am Ende gelandet ist. Denn am Ausgang vom Turm befindet sich ein Brett mit verschiedenen Feldern. Jeder Würfel hat den Effekt von dem Feld, auf dem er gelandet ist. Das kann Beute sein, Schaden – oder auch eigener Schaden.

Das ist jetzt nur in Kürze, aber ich bin jedenfalls begeistert von dem Spiel. Die Ideen und Mechaniken dahinter versprühen einfach gute Laune. Das Spiel ist ja leider nicht wirklich gut – und vor allem nicht günstig – zu bekommen. Aber da es hier im Besitz von mehreren ist, muss ich es mir ja nicht selbst kaufen. Sehr praktisch.

Bin auf jeden Fall gespannt, wie es sich mit den anderen Erweiterungen spielen wird.

Kurzfazit: Arr! Mate, ‚tis good stuff.

Mein Juni war eine bunte Mischung aus Alt und Neu. Street Masters hat mir gezeigt, dass ich Prügler im Herzen geblieben bin. YRO war eine Überraschung – knuffig, aber mit mehr Tiefe als gedacht. Cyclades hat mich endgültig überzeugt, dass Dudes on the Map immer gehen.

Ich freu mich schon jetzt, all die ungespielten Kämpfer, Monster und Karten der Spiele weiter auszuprobieren. Der Juni war vielleicht nicht der Monat mit den meisten Neuheiten – aber definitiv einer, der gezeigt hat: Auch Altbewährtes kann den Spieltisch zum Glühen bringen.


Avatar
Website |  Autoren Posts

Am liebsten verliere ich mich in Kampagnenspielen mit Story, Drama und am besten noch moralischen Entscheidungen, die mich nachts wachhalten. Weil was ist schon Entspannung, wenn man auch Existenzkrisen simulieren kann?

Abseits von Kampagnen mag ich´s knackig: Leichte Spiele sind okay, aber mein Herz schlägt für Kenner- und Expertenspiele bei denen das Gehirn nicht einfach nur mitmacht, sondern sich zwischendurch abmeldet und Urlaub beantragt.

Aber: Ich bin auch nur ein Mensch. Wenn das Thema stimmt und die Optik knallt, bin ich sofort verzaubert. Mein Motto? "Theme is King!" – Und ich bin sein loyaler Untertan.

Related posts

Scroll to top