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analog rockt Brettspielrezensionen

BG2Gether — Eine Frage des Glücks

Der Artikel wurde von Christoph and Horst geschrieben. 8 Minuten Lesezeit

Es ist wieder Zeit für die #BG2Gether Frage. Mehrere Blogger*innen stellen sich Monat für Monat einer zentralen Frage von Christian (Spielstil) und beantworten diese. Am Ende verlinken wir uns gegenseitig und fördern so den gemeinsamen Austausch. Die April-Frage lautet:

Wie viel Glück verträgst du im Spiel? Ist es schlechtes Design, wenn manche Mitspielende davon härter getroffen werden als andere? Oder macht erst das den Reiz aus? Gibt es Spielegenres, bei denen du Glück überhaupt nicht leiden kannst oder andere, bei denen es nicht ohne geht? Gab es ein Spiel, welches für dich durch Glück besonders oder gar fürchterlich wurde?


Horsts Geschichte

Mitternacht ist längst überschritten. Die Chipstüten sind bis auf den letzten Krümmel entleert, ein letztes Gummitier windet sich einsam in der Schale. Die Augen weisen längst die charakteristischen roten Müdigkeitsstreifen auf. Aber wir stehen kurz vor dem Abschluss des T.I.M.E Stories Abenteuers. Nur noch einen letzten Raum aufsuchen und dort das spannende Finale auflösen. Unser Zeitmarker weist nur noch drei Einheiten drauf. Wie immer entscheidet der Würfelwurf, ob wir weiterspielen können oder nicht. Nur eine Seite des sechsseitigen Glücksbringers wird uns ins Verderben reißen. Fast atemlos flüstert Rike “Woah wie spannend … okay, wir haben die Geschichte gleich aufgelöst. Wer ist der nächste Zeit-Captain und muss würfeln.”. Meine Antwort ist genauso knapp wie ehrlich “Ich!”.

Alle anderen: “Ohhh neiiiinnnnn!”

Dieses kleine Intro soll euch kurz einschwingen, wie das Glück zu mir steht. Nicht, wie ich zum Glück stehe. Das ist fast nebensächlich. Gibt Horst ein paar Würfel und er kann sich ganz toll mit sich selbst beschäftigen. Am besten irgendwo, wo er die anderen nicht mit ins Verderben reißen kann. Ein hoch auf Glücksfaktoren im Spiel ????.

Ich hasse Spiele, wo der Glücksfaktor das bestechende Element ist. Zumindest sofern die Spiele dabei trotzdem versuchen eine ernsthafte Spielmechanik an den Tag zu legen. Ob sich bei Tiefseeabenteuer von Oink Games nun ein cooler Schatz oder eine Kröte versteckt, ist mir nicht so wichtig. Ziehe ich bei Feed the Kraken nur zwei schlechte Karten (für meine Partei), dann fördert das eher das Misstrauen am Tisch und verstärkt das Spielgefühl. Schaffe ich bei Karak von Kosmos mit zwei sechsseitigen Würfel mal wieder nicht die Ratte mit fünf Lebenspunkten zu überwürfeln, freut sich in aller Regel mein kleiner Sohn. Bin ich bei einem taktischen Spiel wie in etwa bei Die Schlacht von Runedar dermassen vom Kartenzieh-Glück abhängig, könnte ich ausrasten.

Das heißt nicht, dass Glückselemente nicht manchmal den letzten Reiz an einem Spiel ausmachen können und werden. Es kommt nur darauf an, inwiefern es am Ende nur das letzte Fünkchen für ein bisschen schlechter zum Ziel gekommen und gnadenlos gut zum Ziel gekommen, ausmacht. Interessanterweise stört mich Bag Building wie in etwa bei Die Abenteuer des Robin Hood, Planet B oder auch Belaad überhaupt nicht. Vielleicht liegt es aber genau daran: es ist klar, was das Glückselement ist, aber man versucht im Laufe der Runden dagegen an zu arbeiten. Ähnlich wie beim Deck Building, wo man ja schon weiß, dass man am Anfang bescheidene Karten hat.

Bleibt mir also weg mit Push-your-luck-Mechanismen. Dann lasse ich mir bei einer Partie Woodcraft oder Skymines lieber ordentlich den Kopf waschen, wenn ich nicht genügend über die Züge nachgedacht habe.

Schreibt gern in die Kommentare, bei welchen Spielen ihr euch so richtig ins Knie ge….glückt…gefühlt habt. Freue mich drauf!


Chris’ Geschichte

Glückselemente gehören zu vielen Spielen dazu, sei es bei Kartenspielen wie Poker oder Würfelspielen wie Kniffel. Aber wie viel Glück verträgt man eigentlich im Spiel? Und ist es schlechtes Design, wenn manche Mitspielende härter vom Glück getroffen werden als andere?

Grundsätzlich denke ich, dass Glückselemente in Spielen durchaus ihren Reiz haben. Sie sorgen in der Regel für Spannung, Abwechslung und einen hohen Wiederspielwert. Außerdem erfordern sie von den Mitspielenden Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. Eigentlich sollten sie niemals das Hauptelement eines Spiels sein, sondern ein ausgewogenes Verhältnis von Glück und Planung (oder auch Geschicklichkeit) sollte das Spiel bestimmen, aber ich muss gestehen, dass ich manche Glückspiele schon recht gerne spiele…

Natürlich jetzt keine Spielotheken, Pferderennen und Automaten an dieser Stelle, aber zum Beispiel – wie oben schon angedeutet – Kniffel, was bei mir den rosa-roten Schleier der Vergangenheit trägt, Poker, was Glück und Spieltheorie vereint, oder auch die Ganz schön clever Serie. All dieses Titel machen Spaß, weil sie mit kurzer Spieldauer und Wiederspielbarkeit überzeugen. Und das ja gerade wegen dem Glücks-Mechanismus.

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Andere Extreme wie Schach, wo gar kein Glück involviert ist, machen mir persönlich nicht unbedingt mehr Spaß. Im Gegenteil, bei Schach konkret finde ich den Spaßfaktor relativ gering, ich ärgere mich da eher über mich selbst. Stattdessen ist es dann dort der Konkurrenzkampf bzw. der Fokus komplett auf Strategie und Taktik, der das Gesamtspielerlebnis ausmacht.

In Eurogames kann es dann wieder ganz anders aussehen. Schauen wir uns gerade das mal etwas genauer an: In den letzten Wochen spielte ich zum Beispiel Terraforming Mars, Planet B, Everdell, Abgrundtief, Flügelschlag, Arnak, Skyrim, Robin Hood – ich merke gerade, dass ich echt viel gespielt habe in den letzten Wochen – oder auch 7 Wonders. Sicher eine repräsentative Liste mit einer Mischung aus Glück und Strategie bei den einzelnen Titeln. Wenn ich zurückdenke, war es in keiner Partie so, dass jemand viel zu viel, oder sehr wenig Glück gehabt hat. Bei Terraforming Mars zum Beispiel, wo das Glückselement – wie oftmals – aus dem Card Draw besteht, war die Besonderheit diesmal eher, dass alle Mitspielenden sich einig waren, eine insgesamt unspektakuläre Partie gehabt zu haben. Keiner konnte irgendwelche krassen Combos triggern und das war dann schon fast wieder auffällig unauffällig. Es bleiben auch die Momente, wie zum Beispiel bei Skyrim – wo Glück darüber entscheidet ob die nächste Quest, das nächste Item _das Ding_ ist, oder halt auch nicht… Vielleicht triggert da ja doch irgendetwas in meinem Suchtzentrum 😉

Titel wie Terra Mystica, Agricola oder Puerto Rico, die im Eurogame-Bereich ohne Glückselemente auskommen, sollen natürlich auch erwähnt werden. Gerade Terra Mystica spiele ich recht gerne. Allerdings sind es für mich die unterschiedlichen Völker, die das Spiel so besonders machen und nicht etwas die abwesenheit von Glück, so dass man hier richtig losrocken kann und durch nicht gebremst wird. Im Gegenteil, meiner Meinung nach könnte sogar ein Glückselemente als Ergänzung und Abwechslung eingebracht werden. Dann müsste man seine Strategie im Spiel noch mehr anpassen, um zu reagieren.

Wenn es um kompetative Eurogames geht, ist es also in meinen Augen fast nie Glück, was ein Spiel versauen kann. Ich vermassel es dann eher, weil ich wichtige Mechanismen nicht verstehe, oder verpasse und nicht weil ich x-Mal hintereinander eine “1” würfle.

Das bringt mich auch zu meinem nächsten Ansatz und letztem Absatz. Denn auch wenn ich in Mathemathik insgesamt bescheidene Kenntnisse habe, die Teilbereiche Statistik und Wahrscheinlichkeit mag ich. Ich würde also im Zweifel eher argumentieren, dass Ihr gewisse Spiele einfach nicht oft genug spielt, wenn Ihr ja ach so vom Schicksal verflucht seid. Ich bin einfach mal der Spielverderber und sage mit genügend samples gleicht sich das Pech dann doch durch Glück wieder aus…


Die anderen Geschichten

Wie in der Einleitung geschrieben, ist dies kein Einzelwerk sondern ein gesamt Blog-Werk. Unterstützt die anderen Blogs und schaut mal rein, was die zu dem Thema für Gedanken mit euch teilen möchten (in alphabetischer Reihenfolge). Die Links führen direkt zu den passenden Artikeln der Kolleg*innen. Ich bin mir sicher, dass sie sich sehr über eure direkten Kommentare freuen. Natürlich würde ich das ebenfalls zu schätzen wissen.

Spielstil
Brett und Pad
Brettspielgalaxie
Brettspielgilde
Brettspielmonster
Fjelfras
Spielenerds

In diesem Sinne danke an Christian von Spielstil und danke an all meine Mitstreiter*innen für den tollen Erfahrungsaustausch. Fröhliches Spielen zusammen.


Kleeblatt von Bellezza87 (Pixabay), Spielautomat von AidanHowe (Pixabay), Schach von stevepb (Pixabay), Kniffel von webandi (Pixabay)

Bilder (c) Space Cowboy

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Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).

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