Es ist wieder Zeit für die #BG2Gether Frage. Mehrere Blogger*innen stellen sich Monat für Monat einer zentralen Frage von Christian (Spielstil) und beantworten diese. Am Ende verlinken wir uns gegenseitig und fördern so den gemeinsamen Austausch. Die Januar-Frage lautet:
Wie sehr kämpfst du bei Brettspielen um den Sieg? Hat sich deine Einstellung hierzu über die Jahre geändert? Hängt es sogar von den MItspielenden ab? Empfindest du es als unverschämt, wenn sich jemand weniger reinhängt, als du selbst?
Horsts Geschichte
Spielen wir nicht alle zum Gewinnen? Also ich eigentlich schon. Warum ich die Sieg-Einstellung mit einem „eigentlich“ einschränke, möchte ich euch gerne erklären.
Kooperativ
Vor dem Brettspiel-Hobby – also ich meine damit bei mir in den Zeiten von Monopoly, Risiko und Siedler von Catan – gab es gar keine kooperativen Spiele. Allein die Idee wir spielen etwas zusammen, um zusammen etwas zu erreichen, fand ich abgefahren. Seitdem ich 12 Jahre alt bin, spiele ich Pen-and-Paper und da ist man ja weithin eher kooperativ unterwegs. Aber tatsächlich geht es bei mir um das Erleben (oder Erzählen) einer Geschichte und weniger um den Sieg. Im Gegenteil: Frühere Brettspieladaptionen von Dungeon-Crawlern wie beispielsweise Descent war sogar wieder auf Konfrontation ausgelegt.
Bereits in einem anderen Artikel habe ich über meine emotionale Achterbahnfahrt mit Pandemic berichtet. Man könnte meinen, dass ich nur dieses eine Spiel besitze, aber auch in diesem Kontext war es dieses Spiel, was mir zum ersten Mal gezeigt hat, dass es nicht nur ums Gewinnen geht. In meiner Lieblingsbrettspielrunde sind kooperative Spiele mittlerweile zu einem festen Bestandteil des Brettspielregals geworden: Die Abenteuer des Robin Hood, T.I.M.E Stories, 5-Minute Dungeon, Paleo, Aventuria, Die Schlacht von Runedar und so weiter. Klar geht es dort und das gemeinsame Gewinnen, aber die Story oder das Erlebnis steht doch weit mehr im Vordergrund.
Mit meinem kleinen Sohn spielen wir gerade (noch) Obstgarten. Ebenfalls ein kooperatives Spiel, wo die Spielenden versuchen Obst von Bäumen zu pflücken bevor der Rabe (= das Spiel) alles stibitzt. Ich hätte nie gedacht, dass es dem Kleinen so viel Spaß macht. Eigentlich uns allen, wird doch jeder Corvidae-Diebeszug lautstark am Tisch kommentiert. Noch nicht sicher bin ich mir dabei, auf die Auswirkung auf sein Verständnis gegenüber der Tierwelt, aber das muss ich dann später wohl mal „heilen“.
Kompetitiv
Weit ab von dem kooperativen Krams geht es bei einigen Spielen aber auch mal wirklich ums Gewinnen. Eurogames oder andere komplexe Spiele leben doch davon, dass man Siegpunkte ansammelt. Terraforming Mars, Skymines, Planet B, Wasserkraft stellt euch die alle mal ohne den Wunsch nach dem Sieg vor? Kann ich nicht. Naja zumindest nicht direkt.
Nach dem Regelstudium und zum ersten Mal auf den Tisch will ich das Spiel unbedingt gewinnen. Da wird geschaut, was die anderen machen, wo geht eine Taktik auf, wo kann ich blockieren oder etwas wegschnappen und was muss ich für die nächsten Züge im Voraus planen. Klingt fast so als ob ich in unserer Runde der ewige Gewinner bin, oder? Die Realität sieht leider ganz anders aus. Ja, ich versuche zu gewinnen, bin aber viel zu oft ein Opfer der Brettspiel-Mechanik-Angebote. Wie ein Eichhörnchen auf Speed probiere ich möglichst alle Mechaniken anzuspielen, alle Felder mindestens einmal zu besetzen, alle Karten in der Hand gehabt zu haben, alle … ich glaube ihr habt mein Dilemma verstanden.
Noch schlimmer wird es, wenn ich das Spiel glaube verstanden zu haben und denke, dass ich weiß, wie man dies eigentlich immer gewinnen kann. Dann geht es erst richtig los:
Hm…diese Kombination scheint sehr unvorteilhaft. Wäre ja interessant zu wissen, wie weit ich damit komme. Ich probier es mal.
Und so nimmt das Drama seinen erneuten Lauf.
Die wichtige Frage steht am Ende. Bin ich deswegen deprimiert, enttäuscht, wütend oder irgendetwas. Nein, ich hatte Spaß und zwar eine Menge. Klar freue ich mich riesig, wenn ich mit der „unvorteilhaften Kombination“ auf einmal wirklich gewinne. Ich behaupte zumindest von mir, dass ich es das nicht allen auf die Nase schmiere. Mal sehen was Chris dazu sagt 🙂
Chris’ Geschichte
Veni, vidi, vici.
Dieses berühmte Zitat des römischen Staatsmannes Julius Gaius Caesar trifft natürlich nicht ganz zu, denn auch ich bin in unserer Spielerunde nicht der ewige Gewinner. Aber dennoch hat Spielen für mich auch immer etwas mit Wettkampf und Gewinnen zu tun! Das ist übrigens nicht nur bei Brettspielen so, sondern zum Beispiel auch beim Fußball- oder Computerspielen. Ich möchte Spaß haben und mich mit anderen messen. Und ja, viel Spaß habe ich, wenn ich erfolgreich bin… Ähnlich wie Horst würde ich aber je nach Spiel und Situation etwas unterscheiden.
Für mich gibt es eine Kategorie an Spielen, die förmlich auf den Wettkampf ausgelegt sind. In der Regel haben sie eine hohe strategische Tiefe und/oder einen großen Wiederspielwert. Die Erfolgserlebnisse kommen dadurch, sich einen Plan zurechtzulegen und diesen erfolgreich umzusetzen. Zu dieser Art von Spielen würde ich zum Beispiel Terraforming Mars, Terry Mystica, Ozeane, Marco Polo, oder auch Poker zählen. Es muss dabei nicht immer der Sieg als ultimativer Gewinn sein. Auch aus einem unglücklichen Draft, oder gegen einen dominierenden Gegner, noch das Beste rauszuholen kann manchmal Herausforderung genug sein…
Und dann gibt es Brettspiele, bei denen ich hauptsächlich um des Spielens Wille spiele. Was genau diese von der ersten Kategorie unterscheidet, kann ich gar nicht so genau sagen. Teilweise sind es Spiele, die grundsätzlich nicht so wettkampforientiert sind. Also zum Beispiel ein Familienspiel, in dem es zwar auch Siegpunkte gibt, was aber eben kein Kenner- oder Expertenspiel sein möchte. Ein aktuelles Beispiel dafür ist für mich Planet B. Klar kämpfen auch hier alle Parteien um das Präsidenten-Amt und die versteckt gesammelten Siegpunkte, aber der Spaß kommt für mich von den ironischen Karten und Anspielungen auf die echte Welt. Ob ich am Ende Erster oder Dritter bin, ist mir dann gar nicht mehr so wichtig. Bei gewissen Themen steht der Wettkampf für mich ebenfalls nicht immer im Vordergrund, sondern eben das Thema. Den Klassiker Flügelschlag zum Beispiel spiele ich mittlerweile hauptsächlich, um mir die hübschen Vogelkarten anzugucken und die Flufftexte auf den Karten zu lesen. Auch wenn Glückselemente ein wichtiges Element des Spiels sind, kommt bei mir kein großer Konkurrenzkampf auf. Und seit einiger Zeit habe ich es mir zum Glück abgewöhnt, beim ersten Anspielen einen zu großen Siegeswillen zu zeigen. In der ersten Partie will ich einfach möglichst viel ausprobieren und begehe auch durchaus bewusst kleinere Fehler, um einfach mal zu gucken, wohin das führt.
Ich würde dabei übrigens nicht pauschal sagen, dass kooperative Spiele nicht wettkampforientiert sind. Klar haben wir bei den Brettspielen die klassische Aufteilung in kompetativ und kooperativ, aber ich meine, dass es auch einige kooperative Spiele gibt die kompetativ sind. Nur dann halt nicht Spieler-gegen-Spieler, sondern Spieler-gegen-Spiel. Ihr versteht was ich meine oder?
Die anderen Geschichten
Wie in der Einleitung geschrieben, ist dies kein Einzelwerk sondern ein gesamt Blog-Werk. Unterstützt die anderen Blogs und schaut mal rein, was die zu dem Thema für Gedanken mit euch teilen möchten (in alphabetischer Reihenfolge). Die Links führen direkt zu den passenden Artikeln der Kolleg*innen. Ich bin mir sicher, dass sie sich sehr über eure direkten Kommentare freuen. Natürlich würde ich das ebenfalls zu schätzen wissen.
Spielstil
Brett & Pad
Brettspielgalaxie
Die Brettspielgilde
Brettspiel Pott
Fjelfras
Spielenerds
In diesem Sinne danke an Christian von Spielstil und danke an all meine Mitstreiter*innen für den tollen Erfahrungsaustausch. Fröhliches Spielen zusammen.
Mein Meeple im Bild habe mich mit dem Orden von Vecteezy und dem Pokal von Vecteezy verziert.
Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).