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analog rockt Brettspielrezensionen

Too Many Bones – Aus der Tiefe

Der Artikel wurde von Horst geschrieben. 10 Minuten Lesezeit

Mee(h)r spielen

Meine Wahlheimatstadt Hildesheim hat viele Vorteile. Es liegt alles nah beinander, meine Haustür mündet fast in der Natur, es gibt einen tollen Brettspielladen, die Hildesheim spielt! und den übersetzendern Geist von Too Many Bones wohnt hier. Daniel! An dieser Stelle vielen Dank an Dich.

Daniel hat Bill und mir nämlich die Chance gegeben in den aktuellen Übersetzungsstand von der dritten Welle des Spiels einen Einblick zu erhalten. Den besten Eindruck bekommt man natürlich beim Spielen. Also haben wir uns dem cthulesken Pockodo gestellt und sind aus der Tiefe emporgekrochen.

Steckbrief

  • Art: kooperativ
  • Genre: Kennerspiel
  • Kern-Mechaniken: Boss Battle, Pool Building, Würfelpool, Tech Tree, Rollenspiel
  • Spielname: Too Many Bones – Aus der Tiefe (Original: Undertow)
  • Verlag: Frosted Games (Chip Theory Games)
  • Erstveröffentlichung: 2024 (2018)
  • Autor: Adam Carlson, Josh J. Carlson
  • Illustration: Josh J. Carlson, Melonie Lavely, Anthony LeTourneau
  • Alter: ab 12 Jahren
  • Spieler*innen: 1 – 2
  • Dauer: 60 – 180 Minuten

Worum geht es grob?

Schön gruselig (Prototyp).

Eine Partie Too Many Bones beginnt immer zu erst damit, dass man sich analog Aeon’s End oder anderen Boss Battlern einen Endboss aussucht. Auf der Basis werden dann die Schergen (in TMB sind dies hochwertige Pokerchips) zusammengestellt. Da das Spiel auch eine Geschichte mit sich bringt, werden dann aus Karten die Begegnungen – oder eben Geschichtshäppchen – zusammengestellt. Die ersten zwei oder drei Tage sind dabei aus einem kleineren Stapel zusammen zu stellen, während die anderen Tage aus einem größeren Deck zusammengestellt werden. Die Anzahl Tage und Karten ergibt sich auch aus dem Endboss. Dieser ist in einer gewissen Zeit zu besiegen.

Jeder Tag beginnt mit dem Ziehen und Abhandeln einer Begegnungskarte. Wenn es einfach läuft, gibt es nur eine Entscheidung, die dann hoffentlich Wegpunkte einbringt. Erst wenn eine gewisse Anzahl an Wegpunkten eingesammelt wurden, können sich die Charaktere dem Bösewicht der Partie stellen. Wenn es schlecht läuft – und das ist das eigentliche Spiel – kommt es zum Kampf. Dafür dient eine kleine Kampfmatte auf der die Züge abgehandelt werden.

Mit “Aus der Tiefe” kommt eine neue doppelseitige Kampfmatte. Hier ist die Landkarte zu sehen.

Es gibt aber auch ein rollenspielerisches Element. Das sind die eigenen Tableaus respektive bei Too Many Bones bestehen diese aus hochwertigen Neoprenmatten. Immer! Kein Sonderkrams, es sind wirklich immer Matten. Zu den Matten beziehungsweise eigentlich eher zu dem Charakter gehört ein Set an sechszehn individuellen Würfeln. Auf denen sind speziell für die Fähigkeiten des Charakters aufgedruckte Würfel. Und jeder Würfel sieht dabei auch anders aus. Die Würfel müsst ihr euch dabei wie Attribute auf eurem Charakterbogen eines Pen-and-Paper-Spiels vorstellen. Die müssen erst durch Abenteuerpunkte freigespielt werden und machen aus eurem kleinen Gearloc erst den oder die Heldin. In einer Partie werdet ihr es fast nie schaffen alle Attribute zu erwerben. Damit lässt sich ein Charakter in jeder Partie auch anders spielen.

Wir machen uns auf den Weg zu Pockodo.

Im Gegensatz zu dem Grundspiel hat sich einiges getan. Vom thematischen Setting fliehen die beiden beiliegenden Charaktere (Gearlocs) Sanza und Duster vor dem verräterischen Gearloc-Rat. Das spiegelt sich insbesondere in der Landschaft wieder. Zumindest für all jene, die die fette Grundspielbox mit Neopren-Matte der Landschaft erworben haben. Die dürfen die Seite umdrehen. Für alle anderen sind zwei neue Gearlocs dabei.

In der neuen Landschaft ist das Element Wasser von zentraler Bedeutung, da sie auf einem Floß fliehen. Das spiegelt sich auch auf der neuen Spielmatte wieder. Es gibt zwei Seiten: eine Wasser und eine Landseite. Zusätzlich sind noch auf beiden Randfelder, die nicht von den Charakteren, sondern von neuen Gegnern beim Erscheinen besetzt werden. Darüber hinaus ist die Initiativleiste nach oben gewandert.

Die drei Musketiere (mit Wolf) gegen den Bösewicht (oben).

Es gibt aber Meer … mehr … von allem anderen. Mehr Startkarten, die für deutlich mehr Abwechslung sorgen. Tolle neue Endbosse mit interessanten Fähigkeiten, neuen Loot, neue Zustandswürfel und viele neue kleine Gegner. Die Box lässt sich eben komplett autark spielen. Kauft ihr euch zwei weitere Charaktere, habt ihr alles für einen Abend mit mehreren Spielenden. Wobei ich Too Many Bones bislang am liebsten zu zweit oder zu dritt erlebt habe.

Noch ein letztes Wort zu den neuen Begegnungen. Es gibt zwei neue Typen: Mechs und Fischwesen (hier kenne ich den deutschen Begriff noch nicht). Das sind auch die Gegner, die neben der eigentlichen Kampfmattespawnen und von dort Chaos anrichten.

Duster war in der Grundbox noch eine der Endgegnerin. In dem neuen Teil könnt ihr mehr zu ihrer Geschichte erfahren (ist aber für Neueinsteigende nicht relevant) und sie nun selbst spielen. Sie wird begleitet von ihrem Wolf Nachschatten. Das eigene Spieltableau beinhaltet einen eigenen Abschnitt für die Weiterentwicklung des Wolfes mit Entscheidung, ob dieser am Ende mehr auf Angriff oder Verteidigung gehen soll. Duster selbst kann hin- und wieder von ihrer Fähigkeit partizipieren, dass sie in eine Runde lang nicht angegriffen werden kann. Duster ist aus meiner Sicht einfach zu spielen, macht aber richtig Spaß.

Noch der Prototyp: Stanzas “Neoprenmatte”. Hier wird gerockt.

Stanza habe ich noch nicht selbst gespielt und nur von der anderen Tischseite erlebt. Hier kommen für mich ganz neue Mechanismen zum Tragen. Stanza spielt Lieder. Die möglichen Liedslots werden in Form eines Würfels zur Seite gelegt. Nun kann sie Lieder vorbereiten und dann später ausspielen. Da ist alles dabei von Support über Heilung bis zum Kampf. Auch nett, dass Stanza ihre Bardenklampfe mit ner schönen Doppelaxt am Korpus ausgestattet hat. Das ist Rock’n’Roll und gefällt mir persönlich besonders gut!

Aktuelle Einschätzung

kurz und knapp

Wenn ich jetzt Punkte vergeben müsste, würde es grandiose analog rockt Meeple verdienen oder in dem Fall wären es wahrscheinlich eher sich kreuzende Knochen.

Neue Schätze mit witzigen Kartentexten.

Beim ersten Mal spielen von dem ursprünglichen Grundspiel war ich noch eher skeptisch. Mittlerweile habe ich es schon einige Male mehr gespielt. Ich finde es grundsätzlich gut, habe aber immer befürchtet, dass ich es nie so häufig auf den Tisch bekommen werde. Zudem ist das Kommitment zu dem Spiel aufgrund der hochwertigen Materialen recht hochpreisig. Seit meinem ersten Spiel Juli 2023 habe ich es nun sechs mal gespielt. Im Schnitt also jeden zweiten Monat einmal. Das ist ziemlich häufig für mich (wenn ich nicht gerade ein Spiel so richtig durch-rezensiere). Und ich besitze das Spiel nicht mal! Zusammengefasst lockt mich also eine Partie schnell an den Tisch.

Das Material bestehend aus Würfeln, Pokerchips, Neoprenmatten, tollem Artwork, witzigen Story-Elementen und so weiter ist überragend. Damit erklärt sich der Preis je Spiel und je Erweiterung. Schon in meinen früheren Meinungen bleibt es dabei: wenn ihr das Spiel hin- und wieder auf den Tisch bekommt, lohnt es sich. Wenn ihr zur mein-Pile-wird-immer-größer-und-ich-bin-damit-nicht-glücklich-Fraktion gehört, lasst die Finger weg. Es braucht nämlich wirklich immer eine kleine Rüstzeit bis es aufgebaut ist und ihr im Spiel drin seid.

Die neue Version macht mich persönlich sehr glücklich. Alles dabei, was man für zwei Personen braucht. Aus der Tiefe lässt sich mit anderen Gearlocs, dem Grundspiel oder explizit dafür herausgebrachten Decks nahtlos erweitern. Es ist also sowohl ein gelungener Einstieg als auch eine gelungene Ergänzung für die Vielspielenden Knochenjunkies.

Die Twists und damit einhergehenden Veränderungen in der laufenden Partie sind interessant und neu. Die Bosse sind vielseitig und die Charaktere bieten für Einsteigende wie für geübte Gearlocs genügend Abwechslung. Eventuell ist Stanza zu Beginn etwas fordernd. Da würde dann der Kauf eines weiteren Gearlocs Abhilfe schaffen. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Bill und Horst mit Daniel im Interview (von links nach rechts) nach unserem Kampf.

Ihr merkt es: mich hat es komplett überrascht und abgeholt. Freue mich auf die Auslieferung Anfang 2025 und vielleicht kann ich mit dem Übersetzer Daniel im Vorfeld noch ein paar Runden drehen!

Was gefällt mir bislang gut Was gefällt mir bislang nicht so gut
Neuen Charaktere sind richtig gut und machen Spaß Es bleibt weiterhin schwer zu schaffen
Es gibt Twists während des Spiels, die das laufende Abenteuer verändern Leider nur zwei Charaktere enthalten
Sehr vielseitige Bosse Bleibt ein teures Vergnügen
Standalone-Box, die ohne Grundspiel auskommt —> perfekter Einstieg Es ist für mich kein Kampagnenspiel mit einer hochwertigen Geschichte, sondern eher ein Boss Battle mit netter Geschichte.
Neue Startkarten, die sich mit allen Boxen kombinieren lassen für mehr Abwechslung in den ersten zwei bis drei Tagen (= Abenteuertage)
Hochwertige Produktion

Boardgamegeek

Da viele von euch auch direkt auf BGG schauen, nehmen wir die aus unserer Sicht wichtigsten Faktoren für dieses Spiel direkt auf (Stand August/2024).

Ranking Weight
8.7 4.03

Interview mit Daniel

Bill und ich haben auf unserem Helden am Brett-YouTube-Kanal mit Daniel gesprochen. Wie erwähnt wohnt Daniel in unserer Nähe und überarbeitet gerade die deutsche Version. Das Interview mit ihm könnt ihr direkt hier schauen.


(c) Copyright Frosted Games / Chip Therory Games

Banner-Bild von sandrine RONGÈRE auf Pixabay

Grafik(en) und Bild(er) von Horst Brückner

Das Spiel ist ein Vorabexemplar. Diese Rezension ist unentgeltlich durchgeführt worden und spiegelt meine persönliche Meinung wider.


Autoren Posts

Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).

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