Der Diamant von Ramanpur wurde gestohlen! Nicht aus einem Museum. Nein, aus dem Safe während der Goldenen Hochzeit der Gräfin von Donnerswarth. Ein Detektivbüro kümmert sich um den Fall … ah, Moment, da kommt ein Brief von dem Büro an. Oh, wegen zu vieler Aufträge suchen sie ein kompetentes Ermittlungsteam. Im Umschlag sind bereits alle gesammelten Hinweise enthalten.
Im Unterschied zu den beliebten Exit-Spielen aus dem Hause Kosmos oder ähnlicher Genre-Vertreter gibt es einen gravierenden Unterschied: Im Spiel von Magnificum stehen von der ersten Minute alle Informationen frei zur Verfügung. Es müssen keine – teilweise abstrusen – Rätsel gelöst werden, um an die nächsten Hinweise zu gelangen. Die Indizien befinden sich in dem Umschlag und bestehen aus Landkarten, Raumplänen, Fotos, Kofferinhalten, Gästebuch, Reinigungsschnipsel und vielen mehr. Insgesamt gibt es über 30 solcher haptischen Beweismittel.
Na dann mal los …
Steckbrief
- Art: kooperativ
- Genre: Kennerspiel
- Kern-Mechaniken: Deduction, Exit, Krimi
- Spielname: Das Bankett: Teil 1 – Der Raub des Diamanten von Ramapur
- Verlag: Magnificum
- Erstveröffentlichung: 2021
- Autor: nicht bekannt
- Illustration: nicht bekannt
- Alter: ab 14 Jahren
- Spieler*innen: 1 – 6
- Dauer: 120 – 240 Minuten
Spielprinzip
Es werden keine Spoiler gezeigt, genauer gesagt, alle Materialien stehen zu Beginn zur Verfügung.
In guter Hercule Poirot Manier haben wir es mit einem Kriminalfall in einem geschlossenen Raum zu tun. Ein geschlossener Raum beschreibt einen aufgrund einer Begebenheit fest eingegrenzten Täterkreis. Im vorliegenden Fall ist die Gästeliste zur Goldenen Hochzeit bekannt und niemand konnte zu dem Tatzeitpunkt den Tatort betreten.
Der eingangs erwähnte Brief von dem Ermittlungsbüro Vincent Carro führt direkt an das Szenario heran und gibt drei zu lösende Aufgaben mit:
- Wer hat die Kette gestohlen
- Wem gehört ein Koffer aus einem bestimmten Zimmer
- Wo war die Tochter des Gästepaars zu einer bestimmten Uhrzeit
Der Beginn fällt noch relativ einfach. Im Brief wird man direkt zu einer Homepage gelenkt, auf der sich einige Zeugenaussagen anhören lassen. Zu jeder Aussage gibt es auch eine textliche Zusammenfassung. Diese sind so gut und auf den Punkt gebracht, dass man später einwandfrei nachlesen kann, statt sie erneut hören zu müssen.
Aber spätestens danach geht das eigentliche Spiel los. Aus einem weiteren Umschlag fallen unterschiedliche Indizien auf den Spieltisch. Diese gilt es nun für sich zu sortieren, durchzulesen, in Zusammenhang zu bringen und so weiter.
Dabei schafft es das Spiel, die Immersion dauerhaft aufrechtzuerhalten. Keines der Beweismittel fällt unangenehm aus dem Rahmen oder fühlt sich aus einem Grund sperrig an. Es gibt drei Indizien, die eine Zahlenfolge abgedruckt haben. Auf der bereits bekannten Homepage lässt sich der Inhalt abhören (und auch wieder eine Zusammenfassung lesen). Hierbei handelt es sich beispielsweise um ein Telefonat oder auch ein Diktiergerät. Die Audioqualität ist super und es macht ebenfalls Spaß diese Elemente zu erkunden. Hier hätte ich mir einen „Speicherpunkt“ gewünscht. Will man zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal der Medien abhören, muss man wieder die Zahlenfolge eingeben. Das ist aber Jammern auf hohem Niveau.
Was machen die Hinweise aus: Da gibt es in etwa die Menüfolge des Abends. Hier werden alle Speisen detailliert aufgeführt, die in einem bestimmten Zeitraum zu sich genommen werden. Oder das Rezeptionsbuch, dass über die individuellen Wünsche und Vorlieben der Gäste Buch führt. Es gibt eine geografische Karte mit Höhenzügen von der Umgebung und noch so vieles mehr. Dabei fühlt sich jeder Informationshappen echt an. Das liegt zum einen an der liebevollen Aufmachung, aber auch an der natürlichen Optik jedes Beweismittels.
Wenn man glaubt, den Fall und die Fragen beantworten zu können, hört man sich das Outro an. In diesem Audiostück wird von der Aufklärung des Falles berichtet. „Nebenbei“ werden dabei alle Fragen beantwortet und auch welche Informationen dazu hätten helfen können.
In unserer Testrunde haben wir etwas über drei Abende – in Summe circa sechs Stunden – benötigt. Das wirklich tolle Element ist es, wenn man beginnt, die anfänglichen losen Fäden gemeinsam zu diskutieren und daraus den Tathergang abzuleiten. Wir haben den Fall nach dieser Zeit vollständig gelöst, ohne Hinweise in Anspruch nehmen zu müssen.
Auf der Rückseite der Verpackung steckt der Link für die Auflösung und für die Hinweise. Wir sind die Hinweise im Nachgang durchgegangen, um zu schauen, wie gut diese weiterhelfen. Meist sind die mehrstufig aufgebaut und geben erst einen kleinen Tipp und dann noch einen umfangreicheren. Damit sollte die Spielfreude selbst bei einem Hänger konstant hoch bleiben.
Es gibt übrigens einen zweiten Teil zu dem Spiel. Nicht alle Hinweise benötigt man für den ersten Teil und es gibt noch so viele offene Rätsel, die nichts mit dem Diebstahl zu tun haben.
Unboxing
Das Spiel passt in einen Postumschlag für DIN-A4 Seiten. Die beiliegenden Materialen sind alle großartig produziert. Polarid-Fotos sehen aus wie Schnappschüsse, Social-Media-Auszüge sehen aus wie ihre prominenten Vorbilder. Die beiliegenden Kofferbilder sind aufklappbar gestaltet. Auf einigen Materialen gibt es Kaffeeflecken, Knicke und Ähnliches. Es wirkt so authentisch, dass man schon schnell vergessen kann, sich in einem Spiel zu befinden.
Die eingesprochenen Zeugenaussagen und anderen Texte sind stets von anderen Schauspielenden eingesprochen und ziehen gut in das Geschehen ein. Besonderer Höhepunkt ist die Aufnahme vom Tatort, die wahrscheinlich mehrmals durchgehört werden wird. Man kommt sich dabei direkt wie ein forensischer Phonetiker vor. Zum Thema Phonetik gibt es übrigens von Vincent Klitsch und Sebastian Fitzek den sehr interessanten Thriller „Auris“.
Neben dem haptischen und akustischen Genüssen können Webseiten, die in Unterlagen auftauchen, angesurft werden. Diese sind so gut gemacht, dass es schon fast enttäuschend ist, den „Jetzt Hotelzimmer buchen“-Knopf nicht zu finden.
Das gesamte Spiel kommt ohne Regeln aus. Auspacken und loslegen. Ach ja und es wird dabei auch nichts zerstört. Das ganze Spiel lässt sich also auch von Freunden noch erleben.
Bewertung
Mich hat es so richtig abgeholt. Waren meine ersten Ausflüge in das Exit-Lager mit manchmal unlogischen Rätseln versehen; geht mir bei Micro Macro vor lauter Gewimmel irgendwann die Konzentration flöten; störten mich bei Detectives die zur Auswahl stehenden Optionen; bei Das Bankett ist alles anders und für mich definitiv auch alles besser.
Alle Indizien sind von Anfang an präsent auf dem Tisch. Es liegt nur an einem selbst, die unwichtigen Dinge von den wichtigen Dingen zu unterscheiden und daraufhin die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Bereits im Interview mit Jenny hat sie mir berichtet, dass sie in den Testrunden eruieren, dass man möglichst von vielen Blickwinkeln zu einem Ergebnis kommt. Natürlich konnte ich mein Gehirn nicht zurücksetzen, aber wir fühlten uns nie vom Spiel kommandiert, was als nächstes zu tun ist.
Ihr dürft allerdings keine „Das-ist-die-Lösungs“-Karte erwarten. Am Ende spielt man mutig die stimmige Audiodatei ab und alle Fäden werden ersichtlich – sollte man es nicht vorher gelöst haben. Die Interaktion mit den unterschiedlichen Medien ist nicht störend oder wirkt gar fremd. Im Gegenteil, sie dient der Immersion.
Ich freue mich schon auf die nächsten Fälle, die ich mir definitiv holen werde. Und auch auf den Ausflug in die Jugendabteilung. Dazu in einer späteren Rezension mehr.
Punkte
- Thema: 5
- Mechanik: 5
- Wiederspielwert: 2
- Strategie: 4
- Qualität: 5
- Spielspaß: 5
Gesamtwertung 5 (4,5 )
Boardgamegeek
Da viele von euch auch direkt auf BGG schauen, nehmen wir die aus unserer Sicht wichtigsten Faktoren für dieses Spiel direkt auf (Stand August/2023).
Ranking | Weight |
---|---|
8.1 | 2.67 |
Für ein Kriminalfall gibt es ordentlich etwas zu knobbeln und zu denken. Ich würde das Spiel eher drei Komplextitätspunkte geben. Aber das ist bei so einem Spiel eher schwer zu bewerten.
(c) Copyright Magnificum
Grafik(en) und Bild(er) von Horst Brückner
Hintergrund Bild Banner von David Mark auf Pixabay.
Das Spiel ist ein Rezensionsexemplar. Diese Rezension ist unentgeltlich durchgeführt worden und spiegelt meine persönliche Meinung wider.
Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).