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analog rockt Brettspielrezensionen

Bemalen mit Stift statt Pinsel

Der Artikel wurde von Björn geschrieben. 13 Minuten Lesezeit

Alle male Marker Maler

Die tolle Anspielung hast du vielleicht nicht verstanden – und falls doch – Glückwusch! du bist auch alt! Spiel gut. Aber nun zum Thema. Kennst du das auch? Nicht nur die Spiele stapeln sich im Regal immer höher, auch die Miniaturen darin sitzen wie eine Horde unbemalter Bettlerfiguren und schreien: „Bemal mich endlich!“
Ich hab schon lange aufgegeben, alles zu bemalen. Viele Spiele haben so viele Minis, dass du eigentlich erstmal vier Monate Urlaub bräuchtest, um die Dinger anzumalen – und dann spielst du das Spiel zweimal und stellst fest, dass es doch nicht so dolle ist. Bemalt für die Katz. Großartig.

Ich war ziemlich demotiviert, und mit all meinen Hobbys und Projekten musste irgendwas gehen. Das Bemalen hat dabei viel Zeit gefressen – und ehrlich gesagt irgendwann auch null Spaß gemacht. Allein die Vorbereitung: Wasserpott, Farbpalette, Pinsel sortieren, Pinsel danach auswaschen, sonst verkleben sie und sehen beim nächsten Mal aus wie Zahnbürsten aus der Hölle.

Ich bin leider nicht der Typ, der in der Bemalung seine Glückseligkeit findet. Bei mir ist’s eher das Basteln von Brettspiel-Inserts – das entspannt mich. Jeder hat ja so sein Ding zum Runterkommen. Ich versteh total, warum viele beim Bemalen abschalten können – für mich fühlte es sich nur noch nach Arbeit an.

Graue Minis sind aber auch keine Lösung, also bin ich erstmal auf InkWash gewechselt: Grundieren, Tinte drüber, fertig. Zack, ein bisschen Tiefe, fünf Minuten Aufwand. Sah okay aus, ging schnell, alle waren glücklich.

Speedpaint Marker

Bis mich ein YouTube-Video auf die Speedpaint Marker gebracht hat – eine Zusammenarbeit von Deep-Cut Studio und Army Painter. Quasi wie ein Edding, aber mit Speedpaint 2.0-Farben gefüllt. Ich war sofort interessiert, nur gab’s die nirgends außer auf der offiziellen Seite. Preis: 110 € plus 15 € Versand. Enthalten sind 20 Marker mit Farben wie „Beowulf Blue“ oder „Slaughter Red“ – klingt nach Party. Ersatzspitzen und Aufbewahrungsbox gibt’s dazu, nachfüllbar sind sie auch.

Die verfügbaren Farben sind:

SPM-2071 – Polished Silver
SPM-2040 – Desolate Brown
SPM-2080 – Rigor Mortis
SPM-2023 – Hardened Leather
SPM-2020 – Sand Golem
SPM-2060 – Ancient Honey
SPM-2037 – Peachy Flesh
SPM-2017 – Fire Giant Orange
SPM-2058 – Bright Red
SPM-2012 – Slaughter Red
SPM-2076 – Blinding Light
SPM-2027 – Occultist Cloak
SPM-2033 – Familiar Pink
SPM-2034 – Moonlake Coral
SPM-2031 – Purple Swarm
SPM-2049 – Beowulf Blue
SPM-2014 – Magic Blue
SPM-2053 – Raging Sea
SPM-2007 – Absolution Green
SPM-2041 – Shamrock Green

Dazu gibt es noch Ersatz-Stiftspitzen und eine Aufbewahrungstasche. Die Farben sind identisch mit den normalen Army Painter Speedpaint 2.0 und können problemlos nachgefüllt werden. Einzelne Stifte kosten um die 5 €.

Erstmal das Grobe: Die Marker sind von der Größe her mit klassischen Edding-Stiften vergleichbar und liegen gut in der Hand. Die Kappe hat oben eine kleine Öffnung, die gleichzeitig zum „Pumpen“ des Stiftes genutzt wird. Die Spitze ist anfangs recht hart und unflexibel. Sobald die Farbe eingesogen ist, wird sie etwas weicher, bleibt aber insgesamt eher starr. Jeder Stift enthält 6 ml Farbe – das klingt wenig, reicht aber völlig aus, da sie nachfüllbar sind.

Zum Nachfüllen einfach die Spitze herausziehen, mit der passenden Speedpaint-Tropfflasche nachfüllen, Spitze wieder einsetzen, pumpen, fertig.

Die Spitze kann einfach herausgezogen werden. Mit der passenden Speedpaint-Tropfflasche nachfüllen und Spitze wieder einsetzen.

Vor der Benutzung müssen die Stifte gut geschüttelt werden (nicht gerührt), damit sich die Farbpigmente gleichmäßig verteilen. (Zum Glück ist in jedem Stift eine Mischkugel integriert.) Danach muss die Farbe in die Spitze befördert werden. Am einfachsten funktioniert das, indem du den Stiftkopf mehrfach in die Öffnung der Kappe drückst, bis die Spitze vollständig getränkt ist. Wer den Deckel sauber halten will, kann auch auf einer festen Unterlage pumpen – aber im Deckel geht’s einfach am schnellsten und der ist ja auch dafür gedacht.

Brudi, laber nicht so viel – ich will wissen, was die Dinger taugen.

Ja, ja, schon gut – sie sind überraschend gut! Die Farbe kommt gleichmäßig raus und lässt sich sowohl für große Flächen als auch für Details nutzen – wenn du die Hand eines Urmachers hast. Figur weiß grundieren ist Pflicht – auf Schwarz sehen die Farben so traurig, wie dein Gesicht wenn morgens der Wecker klingelt. Aber das ist bei Quickpaints à la Contrast-Farben von GW oder Xpress Color von Vallejo ja genauso.

Die Spitze hat zwei Seiten: eine längere und eine etwas spitzere, für feinere Arbeiten. Aber feine, verdeckte Stellen bleiben ein Problem – die Stiftspitze kommt einfach nicht überall hin und übermalt dann gern mal Nachbarflächen.

Die Spitze lässt sich beidseitig einstecken. So gibt es die Auswahl zwischen der Standardspitze und der etwas kleineren, aber spitzeren Variante. Oberhalb ist der Deckel, in dem die Farbe in die Spitze gepumpt wird.

So, von welchen Details reden wir denn hier? Also rollen wir den Igel mal vom Tisch: Ein normaler Pinsel wird durch die Stifte nicht ersetzt. Gerade bei winzigen Details kommt die Stiftspitze nicht hinterher. Besonders schwierig sind verdeckte Stellen – wenn z. B. ein Arm vor dem Körper ist, ein Umhang weht oder der Kragen tief unterm Hals sitzt. Moderne, detailreiche Minis haben davon jede Menge und plötzlich merkt man, wie oft man mit dem Stift einfach nicht hinkommt. Am Ende musst du doch wieder zum Pinsel greifen, sonst sieht die Mini aus, als hätte ein Kindergartenkind seine ersten Kunstversuche dran ausprobiert.

Zeitersparnis? Eher so mittel. Deckel ab und sofort losmalen ist nicht drin. Bei frischen Stiften ist zwischen Pumpen, Schütteln und Malen gut eine Minute einzuplanen. Und von den über 70 Speedpaint-Farben gibt’s nur 20 als Marker – deine Lieblingsfarbe fehlt mit Garantie genau dann, wenn du sie brauchst. Also wenn du bedenkst in einigen Fällen trotzdem noch zum Pinsel greifen zu müssen, ist die Zeitersparnis leider nicht so groß wie erhofft.

Trotzdem: Es fühlt sich einfach leichter an, die Stifte in die Hand zu nehmen und loszulegen. Kein Wasserbecher, keine Sauerei, kein stundenlanges Setup. Für große Flächen oder schnelle Bemalungen sind sie echt angenehm.

AK Playmarker und Real Color Marker

Doch halt ein, Björn! Gibt’s da nicht noch was anderes? Speedpaints sind doch was für absolute Kacknoobs.

Jahaa – ich liebe zwar diese Quickpaints aller Art, weil ich ’ne faule, untalentierte Sau bin, habe ich dasselbe auch gedacht. Die Spanier von AK haben ebenfalls Stifte im Programm. Beide Programmlinien mit deckenden Farben. Die Real Colors Serie sind besonders stark deckende Farben und erinnern an einen richtigen Edding. Feste Spitze und direkt einsatzbereit. Ohne Schütteln oder Pumpen.

Die gesamte Real Colors Farbpalette umfasst 34 Farben und kostet als Set 70 € und als Einzelstift 1,95 €. Das ist weitaus günstiger als die Speedpaint Marker, aber auch nicht nachfüllbar. Und wie viel Farbe drinsteckt? Keine Ahnung. Bei den Speedpaints sind’s 6 ml, die Real Colors Marker sind halb so dick und schweigen sich über ihre Füllmenge aus. Verdächtig.

Die andere Serie von AK sind die AK Playmarker. Die sind vom Format her wie die Speedpaint Marker, verhalten sich aber anders. Wir haben hier eine Stiftspitze, die sich flexibel wie ein Pinsel verhält. Die Borsten sind aus Kunstfasern und die Farbe lässt sich über einen Knopf auf der Rückseite zur Spitze pumpen. Das geht wesentlich schneller als bei den Speedpaint Markern und 2-3 Mal drücken reicht oft schon aus. Hier muss man sogar noch etwas vorsichtiger sein, da durch die einzelnen Fasern der Spitze gerne mal zu viel Farbe abgegeben wird. Also zur Sicherheit nochmal an einem Tuch abstreifen, bevor zu viel auf die Mini kommt. Die Farben sind deckende Acrylfarben mit einem matten Finish und trocknen überraschenderweise sogar schnell. Von AK empfohlen wird eine weiße Grundierung, aber selbst dunklere Grundierungen werden gut überdeckt.

Insgesamt lässt sich mit den Playmarkern am besten malen, doch an die Genauigkeit eines Pinsels kommen auch sie nicht ran. Von den Playmarkern gibt es ebenfalls 34 Farben als Gesamtpaket für 88,40 € und einzeln für 2,60 €. Auch bei den Playmarkern schweigt AK sich über die Füllmenge aus und diese sind ebenso nicht nachfüllbar. Bei dem Preis aber sicher ok, auch wenn die Müllbilanz dadurch sicher nicht die beste ist.

Von allen dreien finde ich die AK Playmarker am besten. Sie sind schnell einsatzbereit, die Spitze ist angenehmer, und die Farbvielfalt passt. Bei den 20 Speedpaint Markern hatte ich schnell Farbauswahl-Lücken und musste wieder zu meinen alten Contrast-Pötten greifen. Immerhin gibt’s bei Speedpaint einen weißen Marker, um vermalte Stellen zu überdecken – superpraktisch.

Größenvergleich der Markerspitze zu einer standardmini. Da wird deutlicher das Pinsel einfach besser für Details sind.

Fairerweise: Speedpaint Marker und Playmarker sind schwer zu vergleichen. Quickpaints vs. klassische Acrylfarben – das sind zwei verschiedene Baustellen. Am Ende haben alle ihren Einsatzzweck. Aber für mich sind die Marker fast so revolutionär wie die ersten Quickpaints damals – und der Preis ist voll okay. Nur die Verfügbarkeit nervt. Einzelstifte sind erschwinglich, also einfach mal selbst ausprobieren. Kein Wundermittel, aber eine echt schöne Ergänzung fürs Malhobby.

Die Deckkraft der Farben. Oben links das Gelb der Speedpaint Marker, rechts daneben das Gelb der AK Playmarker und unten die Real Color Marker mit der besten Deckkraft in Aluminium.

Billigmarker aus Fernost

So, nach meinen Versuchen mit den bekannten Stiften war ich neugierig: Es gibt ja auch sehr günstige Acrylmarker aus China. Und mit günstig meine ich 48 Stifte für rund 15 €.
Für den Test hab ich mir aber erstmal nur ein paar wenige bestellt – plus ein paar Chrome-Metallic-Marker für je 1,20 €. Die Erwartungen waren exorbitant niedrig, doch am Ende war ich überrascht.

Natürlich muss man sagen, dass diese Stifte eher fürs Malen auf planen Oberflächen designt sind. Die Spitzen sind sehr hart – sogar noch härter als die der Speedpaint Marker. Sie kratzen fast schon über die Oberfläche, aber trotzdem lässt sich erstaunlich gut Farbe aufs Modell bringen. Für große Flächen absolut brauchbar, für feine Details allerdings weniger.

Beide Markerspitzen der Chinesischen Modelle sind sehr hart. Besonders der des Chrome Markers.

Ein Nachteil: Die normalen farbigen Marker decken nicht zu 100 %. Die Grundierung scheint leicht durch. Ich habe extra eine graue Grundierung verwendet – da fällt’s besonders auf, wenn die Farbe nicht richtig deckt.

Was mich aber wirklich begeistert hat, waren die Chrome Marker. Ich habe sie in Gold und Mirror getestet – beide decken beim ersten Anstrich perfekt und sehen fantastisch aus! Das Gold wirkt prächtig und satt, das Mirror glänzt wunderschön. Dafür finde ich definitiv viele Einsatzmöglichkeiten.

Links auf dem Auge das helle Gelb vom Billig-Marker und rechts die beiden Billig Chrome-Marker Farben Gold sowie Mirror. Der schöne Glanzeffekt ist auf dem Bild leider nicht gut zu erkennen. Die Chromefarben sind top.

Auch wenn die farbigen Marker nicht perfekt sind, erfüllen sie für den Preis absolut ihren Zweck. Die Chrome Marker hingegen lohnen sich auf jeden Fall – für 1,20 € eine echte Überraschung!

Noch ein kleiner Nachtrag nach zwei Wochen Liegezeit: Die Stifte sind auch nach zwei Wochen ohne Reinigung sofort einsatzbereit. Durch die fest sitzenden Kappen ist nichts eingetrocknet – fabelhaft!

Für eine längere Lagerung wird eine Reinigung allerdings empfohlen. Ich persönlich kann hier übrigens den AK Xtreme Thinner & Cleaner empfehlen. Der reinigt alles weg, was nicht bei drei in der Tropfflasche ist – selbst eingetrocknete Reste löst der noch richtig gut auf.

Bewertung

Die Marker ersetzen keinen Pinsel, aber sie sind eine tolle Ergänzung. Wer wenig Zeit, wenig Lust auf Setup und trotzdem keine grauen Plastik-Figuren auf dem Tisch will, sollte sie unbedingt mal ausprobieren. Schnell zur Hand, weniger Sauerei, und perfekt für alle, die lieber spielen statt Pinsel waschen. Kein Allheilmittel, kein Ersatz für Detailarbeit, aber ein echter Gamechanger für faule oder vielbeschäftigte Maler. Für große Flächen top, für feine Linien flop – und trotzdem ein Grund, endlich wieder die Freude am malen zu finden. Zumindest für mich. Profis lachen hier nur kurz und greifen wieder zum Echthaarpinsel.

Bin allgemein kein Mal-Talent, aber ich bin zufrieden mit dem Ergebnis der Stifte. Paar Details (unter den Armen) musste ich trotzdem mit einem Pinsel nacharbeiten. Würde sagen ich habe so pro Figur durchschnittlich 10 Minuten gebraucht.

Grafik(en) und Bild(er) von Björn

Diese Rezension ist unentgeltlich durchgeführt worden und spiegelt meine persönliche Meinung wider.


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Am liebsten verliere ich mich in Kampagnenspielen mit Story, Drama und am besten noch moralischen Entscheidungen, die mich nachts wachhalten. Weil was ist schon Entspannung, wenn man auch Existenzkrisen simulieren kann?

Abseits von Kampagnen mag ich´s knackig: Leichte Spiele sind okay, aber mein Herz schlägt für Kenner- und Expertenspiele bei denen das Gehirn nicht einfach nur mitmacht, sondern sich zwischendurch abmeldet und Urlaub beantragt.

Aber: Ich bin auch nur ein Mensch. Wenn das Thema stimmt und die Optik knallt, bin ich sofort verzaubert. Mein Motto? "Theme is King!" – Und ich bin sein loyaler Untertan.

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