Immer noch gibt es zahlreiche Freaks die viel Geld in Sammelkartenspiele (TCG) investieren. Mich hat weder Magic – The Gathering noch das momentan stark gehypte Lorcana wirklich interessiert. Dabei ist es nicht das Thema oder die Mechaniken, die mich wirklich stören. Sondern diesen (gefühlten) Sammelzwang um überhaupt mit dem eigenen Deck gegen die anderen Mithalten zu können.
Mindbug ist unter anderem vom selben Designer wie Magic erdacht worden: Richard Garfield. Doch im Gegensatz zu dem kaum zu verleugnenen Vorgänger Magic lässt es sich mit einem Kartendeck Mindbug direkt loslegen. Kein TCG-Effekt, keine Unsummen an Karten, keine Sonderkarten. Ein Deck für alle. Und trotzdem – oder gerade deswegen – schaffen es die Mindbugs die Kontrolle zu übernehmen.
Steckbrief
- Spielname:
Mindbug – Erster Kontakt,
Mindbug – Jenseits der Ewigkeit,
Mindbug – Jenseits der Evolution - Verlag: Skellig Games / Nerdlab
- Art: kompetitiv
- Genre: Familienspiel
- Kern-Mechaniken: Kartenspiel
- Erstveröffentlichung: 2022, 2023
- Autor: Skaff Elias, Richard Garfield, Marvin Hegen, Christian Kudahl
- Illustration: Denis Martynets
- Alter: ab 8 Jahren
- Spieler*innen: 2
- Dauer: 15 – 25 Minuten
Spielprinzip
Der Spielaufbau von Mindbug könnte kaum einfacher sein. Wir mischen das gemeinsame Kartendeck und legen es in die Mitte. Die beiden Spielenden erhalten davon je zehn Karten – von denen fünf als Handkarten aufgenommen werden und der Rest den Nachziehstapel bildet. Die beiliegenden Lebensmarker-Chips werden auf drei Punkte eingestellt. Zu dem haben die Spielenden noch je zwei Mindbug-Karten vor sich liegen. Und dann geht es auch schon los: Das Spiel kommt mit zwei Aktionen aus. Spiel eine neue Karte aus oder nutze eine der ausliegenden Karten. Wer als erstes keine Lebenspunkte mehr hat, verliert die Partie.
Die Aktion Karte ausspielen erfolgt – anders als etwa bei Magic – The Gathering oder Radlands – ohne Ressourcenkosten. Die gegenübersitzende Person kann sich nun überlegen, ob diese nun durch die Opferung eines eigenen Mindbugs übernommen wird. Diese Wahl besteht ausschließlich bei gerade ausgespielten Karten. Spielt man also besonders mächtige Karte, werden diese oft schnell gekapert und gegen einen selbst verwendet. Oder war das nur ein Bluff und die eigentlich krassen Karten kommen noch? Das Bluffen ist DIE Kernmechanik von Mindbug.
Mit der zweiten Aktion wird in der Regel mit einer bereits ausliegenden Karte angegriffen. Lässt man den Angriff durch, verliert man sofort einen der drei Lebenspunkte. Der Angriff lässt sich durch eigene ausliegende Kreaturen blocken. Hierbei werden die Kartenwerte verglichen. Die Kreatur mit den meisten Punkten bleibt, die andere wandert auf den Ablagestapel. Bei Gleichstand werden beide Karten vernichtet.
Wie man es aus Trading Card Games (TCG), Living Card Games (LCG) und Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) kennt, stecken die Details im Kleingedruckten. Viele Karten haben diverse Sonderfähigkeiten. So können raffinierte Kreaturen nur doch selbige geblockt werden. Giftige Kreaturen töten sowohl beim Block und Angriff die Kreatur der Gegenseite. Während robuste Kreaturen ein weiteres Leben haben. Dabei mangelt es den Karten nicht an Wortwitz und dazu passenden Fähigkeiten. Der Steuereintröter (eine Art Elefant) zwingt den Gegner beim Angriff eine Karte abzuwerfen. Klingt schon etwas nach meiner letzten Einkommenssteuererklärung. Während der Kompostdrache beim Ausspielen noch eine zusätzliche Karte aus dem Komposthaufen … äh … Ablagestapel ziehen darf.
Jenseits des Grundspiels
Neben diversen Promo-Karten gibt es bislang zwei Erweiterungen: Jenseits der Ewigkeit und Jenseits der Evolution. Beide Varianten lassen sich vollständig integrieren oder sogar komplett eigenständig spielen. Grundspiel und Erweiterungen haben immer dieselbe Kartenanzahl und vier Mindbugs im Gepäck.
Mit den beiden Erweiterungen kommen neben neuen lustigen Kartennamen noch einige neue Fähigkeiten hinzu. Meiner Meinung nach ist gerade Jenseits der Ewigkeit die beste der drei Boxen. Das liegt daran, dass die Fähigkeiten „Ablagestapel“ und „Verstärken“ sehr schön miteinander interagieren und fast wie Kontor und Gegenkontor wirken. Daher würde ich auch eher empfehlen diese Box nicht mit den anderen zu mischen. Die Chance eine passende Gegenkarte beim Spielaufbau zu ziehen, ist bei einem gemixten Deck zu gering. Es ist einfach nicht mehr dasselbe Spiel, wenn die andere Person hilflos den Attacken ausgesetzt ist und denen nicht entgegenwirken kann.
Fortuna
Das Kartendeck besteht aus 48 Karten. Mischt man die mit weiteren Karten aus den Erweiterungen kann der Stapel deutlich größer werden. Was damit einhergeht, dass es zum reinen Glücksfaktor wird, welche Karten zu Beginn gezogen werden. Wenn man Glück hat, passen die Karten zusammen beziehungsweise sind gute Konter für den Gegenüber. Aber auch bereits 48 Karten lässt sich trotz raffinierter Spielweise kein Blumentopf zu gewinnen. Je nach Typ kann dies frustrierend sein. Hier muss jede*r wissen, inwiefern dies das Spielgefühl trübt.
App-feiern
Momentan wird an einer App-Version gearbeitet, an der man im Rahmen eines Beta-Programmes teilnehmen kann. Ich habe bereits ein paar zaghafte Versuche in der App unternommen. In der von mir getesteten Version sind die Karten des Grundspieles enthalten gewesen. Es gibt ein gutes Tutorial, dass die Grundzüge vermittelt. Ferner bietet das sogenannte „Puzzle“ die Chance sein erlangtes Wissen mit gezielten Zügen den Sieg zu erreichen. Bei dem Puzzle liegen bereits einige Karten aus und man muss die ideale Kombination herausfinden. Schließlich habe ich noch den Modus gegen die KI gespielt, die unterschiedliche Schwierigkeitsstufen anbietet.
Aufgrund des Startscreens lässt sich bereits erkennen, dass mehr geplant ist. Unter anderem gibt es ein Tournament. Also mal sehen, was über die App noch alles kommen wird. Leider braucht es (bislang) immer eine Online-Registrierung. Persönlich hätte ich es besser gefunden, wenn wenigstens die lokalen KI-Partien ohne Registrierung möglich gewesen wäre. Aber das ist natürlich eher Geschmacksache.
Unboxing
Normalerweise sleeve ich Karten nur noch selten bis kaum. Am meisten habe ich es dabei genossen, mich schon mal vor dem Spiel mit dem Artwork und den Karteninhalten vertraut zu machen. Bei Mindbug war ich kurz davor mir Sleeves zu bestellen. Das liegt dabei nicht an der mangelnden Qualität der Karten, sondern an den tollen Artworks und den lustigen Kartennamen, die ich unbedingt alle Entdecken und Genießen wollte. Gerade bei Erstpartien kann ich immer wieder beobachten, wie die andere Person am Ende der Partie noch einmal alle Karten durchschaut. Die zusammengesteckten Wortspiele mit den dazu passenden Illustrationen macht einfach nur Spaß: Octocopter – eine Mischung aus Octopus und Helikopter – oder auch die Hydrente – eine fünfköpfige Ente. Die Qualität der Karten ist übrigens gut, wenn auch nicht wie in etwa bei Radlands. Dort sind die Karten aus diesem PVC-ähnlichen Material gefertigt und quasi unzerstörbar.
Die erste Crowdfunding-Version wurde noch in einer kleinen Schachtel geliefert. Mittlerweile werden alle Versionen in einer geräumigen Box, die auch Lebensmarker (als Drehscheibe) enthält, ausgeliefert. Außerdem sind dort zwei Bereiche für die Karten abgetrennt. Die Box ist groß genug um das Grundspiel und beide Erweiterungen zu fassen. Allerdings muss man einen Kartenstapel dafür auf zwei Fächer verteilen.
Die Regelhefte umfassen die Fähigkeiten aller drei Spiele. Mit einem Symbol wird an passender Stelle darauf hingewiesen, welche Fähigkeit zu welcher Variante gehört. Ansonsten erschließen sich die Regeln recht schnell und auch die Sonderfähigkeiten gehen nach der ersten Partie in Tentakel und Tinte über.
Bewertung
Kaum eine Partie ohne Grinsen und Karten abfeiern. Artwork und Kartennamen machen eine Runde Mindbug zu einem unterhaltsamen Event. Hinzu kommt, dass das Spiel schnell erklärt und auch heruntergespielt werden kann.
Der Spielaufbau und damit die eigenen Karten sind durch reinen Glücksfaktor bestimmt. Mit diesen gegebenen Karten lässt sich nun sicherlich noch taktisch planen, aber manchmal spielt Fortuna hier böse mit und eine Partie ist schneller vorbei als Mindbug ausgesprochen werden kann.
Das zentrale Spielelement besteht aus Bluffen. Wem dies überhaupt nicht liegt, sollte direkt ein anderes Spiel aus dem Regal ziehen. Gleiches gilt für die Konfrontation. Bei Zwei-Personen-Spielen geht es oft hart zur Sache. So auch bei Mindbug. Meine Frau mag dies kaum und so konnte ich eine Mindbug-Assimilation in meinem Haushalt verhindern: Mindbug ist wieder ausgezogen. Ich freue mich aber sehr über die App-Umsetzung und damit Spielen gegen andere Online-Spielende.
Unter dem Strich bleibt Mindbug ein abwechselndes und witziges Spiel als kurzer Zeitvertreib. Kein abendfüllendes Spiel aber als Überbrücker oder Unterwegsspiel uneingeschränkt zu empfehlen. Wenn ihr nur ein Mindbug im Schrank haben wollt, würde ich euch zur Jenseits der Ewigkeit raten.
Punkte
- Thema: 2
okay, aber ist austauschbar. Nicht umsonst ist der Macher von Magic auch der Macher von Mindbug - Mechanik: 3
Primär Bluffen und die Kombination der Kartenfähigkeiten. Erfinden das Rad nicht neu, aber solide - Wiederspielwert: 3
kein Spiel gleicht dem andere) - Strategie: 2
primär Glück erforderlich und am Ende natürlich auch richtige Karte zum richtigen Zeitpunkt spielen - Qualität: 3
solide, aber es geht noch mehr - Spielspaß: 4
immer für ein Lacher gut
Gesamtwertung 3 (2,8)
Boardgamegeek
Da viele von euch auch direkt auf BGG schauen, nehmen wir die aus unserer Sicht wichtigsten Faktoren für dieses Spiel direkt auf (Stand 01/2024).
Ranking | Weight |
---|---|
7.7 | 1.96 |
Das Spiel ist in der Tat leicht zu erlernen. Durch den Glücksfaktor lässt es aber auch keine allzu taktische Spieltiefe zu.
(c) Copyright Nerdlab
Grafik(en) und Bild(er) von Horst Brückner
Das Grundspiel habe ich selbst erstanden. Die beiden Erweiterungen sind Rezensionsexemplare. Diese Rezension ist unentgeltlich durchgeführt worden und spiegelt meine persönliche Meinung wider.
Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).