Wenn Rittersporn berichtet
Geralt, Yennefer oder Ciri, wer hat denn nun die Striege besänftigt… oder wurde das Biest damals erschlagen? Konnte Geralt die Beweise vorher im Schloss sichern oder war es Yennefer die mit ihrem diplomatischen Geschick dafür gesorgt hat, dass die Bediensteten von dem grauenhaften Wesen berichteten? Was auch immer der Wahrheit entspricht, der Barde Rittersporn wird die Wahrheit doch bestimmt nicht in den Erzählungen zu seinen Gunsten ausgelegt haben, oder?
Ich habe das Spiel seit seiner Ankunft am 01. Oktober bereits mehrmals auf dem Tisch gehabt. Allerdings kann nocht nicht alle Geschichten der 8 vorliegenden Geschichten (im Retail sind es nur 3) bewerten. Diese haben zum Teil auch ganz unterschiedliche Mechaniken. In der Geschichte „Skellige“ z.B. haben wir es mit einem Mörder unter uns zu tun und damit plötzlich (nach meinem jetzigen Wissensstand) ein Social Deduction Game vor uns. Auch der „Doppler“ könnte in eine ähnliche Richtung gehen. Es gibt in manchen Szenarien einen Blumenstrauß an zusätzlichem Spielmaterial. Daher weiß ich nicht, wie das Spiel am Ende tatsächlich insgesamt auf mich wirkt. Mein jetziger Eindruck basiert nur auf den ersten beiden Geschichte: „Am Rand der Welt“ und „Striege“.

Spielprinzip
The Witcher – Pfad des Schicksals
Wie bereits gesagt, handelt es sich in dem Spiel um 8 bzw. 3 unterschiedliche Geschichten, welche jeweils verschiedene Mechaniken beinhalten. Natürlich wird der Grundmachanismus in allen Geschichten gleich bleiben:
Ich nehme zwei ausliegende Karten aus einer Reihe und spiele danach zwei aus meiner nun gesamten Hand in meine Auslage vor mir, der sogenannte Zeitstrahl. Diese geben Hauptsächlich 1-2 Symbole (Diplomatie, Erkunden, Kampf oder Magie) wovon immer zwei für die Entscheidung „wohin der Weg uns führt“ im jeweilige Kapitel wichtig sind. Die Anzahl der bei den Spielern ausliegenden Symbole führt am Ende von drei Runden zu einer Gesamtentscheidung, welchem Pfad der Geschichte wir dann folgen. Zudem haben einige Karten beim Ausspielen einen Effekt, der uns weitere Symbole (man kann sie natürlich auch Ressourcen nennen) oder Erfahrungspunkte gibt. Am Ende des jeweiligen Kapitels erhalten wir für unsere ausliegenden Symbole des Hauptpfades (also der, welchem wir dann folgen) Siegpunkte, für die Symbole des Sekundärpfades erhalten wir entsprechend Erfahrungspunkte (die am Ende auch noch Siegpunkte wert sein können).

Insgesamt mag ich den Aspekt mit der Erfahrung, da mir dieser bis zu vier einmalig nutzbare Fähigkeiten freischaltet (na gut, die erste ist immer bereits bei Spielbeginn verfügbar), welche mir noch einmal Vorteile beim Bilden meiner Kartenhand oder dem Erhalten von Symbolen bieten. Wenn man es schafft viele Erfahrungspunkte bis zum Spielende zu sammeln, erhält man auf diesem Weg auch noch wertvolle Siegpunkte. Ebenso durch die Nebenquest, die mich z.B. dafür mit Siegpunkten belohnen, wenn ich möglichst viele Karten einer Farbe bei Spielende noch auf der Hand habe.
Während die Spielenden in diesen jeweils drei Kapiteln die Fortführung der Geschichte mittels der gegebenen Mechanik bestimmen, wirkt diese selbst eigentlich eher pausiert und ein wenig ins Hintertreffen befördert. Es sollte aber noch einmal erwähnt werden, dass es in jeder Geschichte acht verschiedenen Enden gibt und der Spuelmachanismus hierauf direkt Einfluss nimmt..

Die Geschichte „Am Rand der Welt“ ist insgesamt nichts besonderes. Eine Begegnung mit einem fremden Wesen auf Geheis eines Dorfes, welches angeblich von diesem drangsaliert wird. Mechanisch ist es eigentlich die eine Geschichte, welche beinahe zu 100% den Regeln des Basisspiels entspricht. Es gibt nur pro Kapitel eine Karte, die zusätliche Boni vergibt, wenn man eine gewisse Farbreihenfolge bei den ausgespielten Karten einhält. Die Boni sind dabei nicht sehr gravierend, das Einhalten der Farbcodes also eher optional.
„Die Striege“ ist von der Geschichte selbst in meinen Augen schon sehr viel näher an dem, was ich mir in dem Spiel insgesamt gewünscht habe. Zudem gilt hier auch die Grundmechanik des eigentlichen Spiels, aber es gibt dazu vier geheime Wertungskarten, deren Auslösung vom Geschichtenende abhängen. Man darf diese bereits vorher anschauen, wenn man bestimmte Farbcodes in der eigens gespielten Kartenauslage erfüllt.
Unboxing
Als Unterstützer der Gamefoundkampagne besitze ich beinahe alles aus dem Crowdfunding. Ausgeschlossen habe ich die Erweiterung „Die Wilde Jagd“, da mich das Spielprinzip „einer gegen alle“ nicht reizt. Aber ich habe gelesen, dass diese auch im Retail erscheinen wird. Sollte sich hier meine Meinung noch ändern, werde ich nachrüsten. Das gleiche gilt für das gleichzeitig erschienene, eigenständige Spiel mit gleicher Mechanik „The Witcher – Ronin“, welches auf einer mangaanmutenden Buchreihe mit Geralt und seinen Freunden basiert und dementsprechend mit japanisch wirkender Optik daher kommt.
Die Grundbox benhaltet in jeder Version eine schön gestaltete Playmat, welche in die Schachtel passt. Zudem erhält man 5 Charaktere (Geralt, Ciri, Yennefer, Rittersporn und Vesimir) und drei Geschichten: „Am Rand der Welt“, „Striege“ und „Das kleinere Übel“ – alle mit unterschiedlichen Komplexitätsgraden. In der Standardversion sind alle Marker aus Pappe, bzw. einige wenige aus Holz und die Charaktere als Aufsteller vorhanden. In der Deluxe-Version erhält man Miniaturen und einen Metallmarker für das Solospiel. Acrylmarker sind als Ersatz für die Pappmarker im Handel ebenfalls erhältlich.

Ich möchte jetzt nicht auf meine Strechgoalbox umständlich eingehen, da diese im Nachhinein nur noch auf dem Sekundärmarkt erhältlich sein wird. Was sich aber bereits abzeichnet ist, dass die 5 Geschichten und die 5 Charaktere daraus (und damit 90% des Inhalts) einzeln im Handel erhältlich sein werden. Und zwar immer ein Charakter zusammen mit einer Geschichte. Auf der Homepage des lokalisierers Asmodee kann man dies bereits mit Triss Merigold und der Geschichte „Ein Körnchen Wahrheit“ sehen.
Zudem ist auf der gerade verlinkten Seite des Lokalisierers erkennbar, dass die kooperative Erweiterung „Legendäre Monster“ ebenfalls erscheinen wird. Darin befinden sich 4 große, namenhafte Monstren (sehr hübsche Miniaturen) welche zusammen besiegt werden müssen um nicht gemeinsam unterzugehen. Ein schönes Detail: Es befinden sich ebenfalls Karten in der Box um die vier Wesen auch in dem Vorgängerspiel The Witcher – die alte Welt verwenden zu können.
In einem Video habe ich alles ausgiebig ausgepackt und vorgestellt – den Link dazu findet unten am Ende dieses Berichts.
Bewertung
Mir gefällt als Witcherfan bereits die erste, in der Welt von Geralt eher nebensächliche Geschichte schon ganz gut. Ich finde die mir bis jetzt bekannten Geschichten zudem sehr schön geschrieben. Allerdings habe ich hier die Befürchtung, dass die 8 (bzw. 3) Geschichten irgendwann alle bekannt sind und „abgenudelt“ wirken könnten. Damit könnte sich das Spiel dann wirklich nur noch in ein Karten legen und Symbole für Siegpunkte schachern verwandeln, was der Grundidee des Autors dann kein bisschen gerecht wäre und das Spiel quasi durch ganz viele andere austauschbar machen würde. So nach dem Motto: „Wieder dieser Unhold der mit den Anderlingen arbeitet, ihr wisst ja… langweilig… weiter im Spiel jetzt!“
Ich persönlich gebe dem Spiel insgesamt zu diesem Zeitpunkt eine etwas besser Wertung als derzeit auf BGG zu sehen ist, aber auch nur mit den Strechgoals zusammen, da es sonst nicht bloß die Problematik mit nur 3 Geschichten wäre sondern man auch nur die Hälfte an Charakteren hätte und andere schöne Module wegfallen würden. Aber ganz ehrlich: bis ich alle Geschichten oft genug gespielt habe um diese auswendig zu können, wird auch noch etwas Zeit vergehen. Zudem hat es mich noch nie so schnell gelangweilt in Spielen öfter mal den selben Flavortext wieder zu hören. Aber das ist ja eher eine persönliche Meinung. Ich gebe dem Spiel damit den goldenen Meeple!

Björns Meinung
Als Freund der Bücher und Spiele aus dem Witcher-Universum habe ich immer Angst vor Lizenzgurken. Vor allem seit The Witcher: Das Abenteuerspiel, das ich ganz, ganz fürchterlich fand. Deshalb habe ich die weiteren Witcher-Brettspiele erst mal gemieden. Aber Bill hat es da, also habe ich’s ausprobiert – und fand’s gut.
Storybasierte Spiele haben oft das Problem, dass es langweilig wird, dieselbe Geschichte immer wieder zu spielen. Hier hält sich die Story eher im Hintergrund, und die Spielmechanik gibt den Ton an.
Das hat Vor- und Nachteile. Der große Vorteil – gerade für Vielspieler spannend: Wenn du die Geschichten schon kennst, kannst du sie einfach nicht vorlesen und dich voll aufs gelungene Gameplay konzentrieren. Die Story ist eher Mittel zum Zweck, liefert aber pro Szenario trotzdem passende Zusatzmechaniken. Nachteil: Du verlierst schnell die Verbindung zur Erzählung, weil du am Ende nicht „nach Gefühl“ entscheidest, sondern die Option wählst, die mehr Punkte bringt. Zwickmühle.
Unterm Strich: ein gutes Spiel, das mir wieder Hoffnung in Lizenzspiele gemacht hat.
Unboxing im Video
Auf unserem YouTube Kanal hab ich auch bereits ein Videos zu dem Spiel publiziert.
(c) Copyright Go on Board
Grafik(en) und Bild(er) von analog rockt
Bannerbild von vined mind auf Pixabay. Was passt besser als ein Bildnis von Gerald. Ich finde dieses Bild sehr gut gelungen.
Hinweis: Das Spiel ist ein Rezensionsexemplar. Diese Rezension ist unentgeltlich durchgeführt worden und spiegelt meine persönliche Meinung wider. Das Rezensionsexemplar ist nach ausführlichem Test an den örtlichen Spielverein Brettspielfreunde Hildeheim e.V. übergeben worden.
Narrativ und Kampagne sind schonmal zwei Dinge die mich in Brettspielen sehr frohlocken lassen. Aber mich macht eigentlich fast alles froh, wenn es thematisch gut gemacht ist und am besten noch mit tollen Illustrationen lockt. Ich Liebe dabei die schöne Gesellschaft am Spieltisch, der Sieg ist eher zweitrangig für mich. Zudem mag ich auch mal das eine- oder andere Videospiel und hierbei am liebsten gut gemachte Videospieladaptionen der mir geliebten Brettspiele.
