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analog rockt Brettspielrezensionen

Die Crew

Der Artikel wurde von Horst and Christoph geschrieben. 10 Minuten Lesezeit

Ungewöhnliche Verzerrungen am Rande unseres Sonnensystems lassen vermuten, dass sich dort ein bis dato unbekannter, riesiger Himmelskörper befinden muss. Unter einer Vielzahl an Bewerbern ist es nun diese Crew – bestehend aus EUCH – die das gefährlichste Abenteuer der Menschheit wagen soll: auf ins All und zur Erforschung der Verzerrung.

Tatsächlich bin ich in meiner Kindheit schon früh mit Doppelkopf und Skat in Kontakt gekommen. Daher sind mir Stichspiele gewissermaßen in die Wiege gelegt. In dem kooperativen Spiel des Kosmos Verlages gilt es allerdings darum, diese Skills gemeinsam aufzubauen. Dazu trägt uns die beschriebene Hintergrundgeschichte in 50 Missionen zu dem Epilog. Natürlich verraten wir hier nichts zu der erlebten Geschichte, sondern gehen auf das Spiel als solches ein.

Steckbrief

  • Art: kooperativ
  • Genre: Familienspiel
  • Kern-Mechaniken: Stichspiel, Kartenspiel
  • Spielname: Die Crew – Reist gemeinsam zum 9. Planeten
  • Verlag: Kosmos
  • Erstveröffentlichung: 2019
  • Autor: Thomas Sing
  • Illustration: Marco Armbruster
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Spieler*innen: 3 – 5
  • Dauer: ca. 20 Minuten je Mission (50 Missionen)

Spielprinzip

In Die Crew gibt es ein Kartendeck von eins bis neun Karten in vier Farben. Zusätzlich kommen noch vier Trümpfe dazu. Diese vierzig Karten werden nach Möglichkeit gleichmäßig verteilt. Im Spiel zu dritt hat eine Person eine Karte mehr. Die Person mit dem höchsten Trumpf (eine schwarze Rakete mit dem Wert von vier) ist für diese Runde der Kapitän und erhält den Startspielmarker.

Die Spielkarten auf einem Blick: Die vier schwarzen Raketen-Karten sind die Trümpfe.

Als Nächstes wird die aktuelle Mission vorgelesen. Dies ist meist ein kleiner Flavourtext, der die Spielenden durch die Geschichte trägt. Man darf hierbei kein Robin Hood oder Tainted Grail-Niveau erwarten. Trotzdem ist der Anreiz natürlich da, das Ende der Geschichte zu erleben.

In der Mission wird auch die Bedingung, die zum Weiterkommen benötigt wird, erläutert. Erstaunlicherweise klappt es tatsächlich, dass man über 50 Missionen immer wieder eine andere Mission hat. In der Regel werden dazu aus einem baugleichen Deck – nur mit kleineren Karten und ohne Trümpfe – eine gewisse Anzahl von Karten gezogen und beginnend mit der Startperson diese reihum verteilt. Jede Person muss nun versuchen, im Verlauf der Partie genauen seine Stiche zu sichern. Hat man also beispielsweise eine grüne neun vor sich liegen, müssen alle dafür Sorge tragen, dass genau diese grüne neun bei dem Spielenden im Stich landet.

In der ersten Mission müsst ihr noch als Team zusammenwachsen … das Training beginnt.

Dabei spart Die Crew nicht mit kreativen Spielvarianten. Es gibt manchmal auch eine feste Reihenfolge, welcher Stich zuerst zu erfolgen hat. Der Schwierigkeitsgrad steigt dabei kontinuierlich an. Es kann natürlich – insbesondere bei späteren Missionen – viel vom Glücksfaktor bei der Kartenverteilung, aber auch von den gezogenen Missionskarten abhängen.

Jede Mission kann beliebig oft wiederholt werden. Laut Regeln darf man nach fünf erfolglosen Versuchen auch einfach weitergehen … aber wer will das schon. In unser Spielrunde konnten wir das Gros an Missionen nach zwei bis drei Versuchen erfolgreich meistern. Insgesamt gab es zwei Ausnahmen mit über fünf Anläufen. Gerade in den späteren Aufträgen wird es immer wichtiger einen groben Überblick zu haben, welche Farben, Trümpfe oder hohen Karten noch im Spiel sind. Es wird auch immer taktischer, so dass sich eine Person auf einer Farbe „freispielen“ muss. In Summe ist also alles da, was ein Stichspiel ausmacht.

Natürlich darf man nicht über seine Karten reden. Sonst wäre das Spiel zu einfach. Es gibt trotzdem ein Spielmittel, um zumindest einen Hinweis zu geben. Je Runde kann man einmal eine Karte vor sich ablegen und mittels Token anzeigen, dass dies die höchste, niedrigste oder einzige Karte dieser Farbe auf der eigenen Hand ist. Diese Hinweise sind zur rechten Zeit gespielt, sehr wertvoll für die Mitspielenden.

Das klingt nun so, als ob das Spiel stillschweigend abgehandelt wird. Dem ist nicht so. Eigentlich ist man die gesamte Zeit am Debattieren, Fluchen oder Stöhnen. Gerade bei gescheiterten Missionen entsteht oft in der Crew eine dringend durchzuführende Manöverkritik. Was hätten wir anders machen können, wie sollten wir vorgehen und wann sollte man was anzeigen. Teambuilding wird hier großgeschrieben.

Es gibt mittlerweile auch einen zweiten Teil, in der eine Crew in die Unbekannten der Tiefsee eintauchen muss. Zu dem Spiel kann ich nichts sagen, da ich es noch nicht gespielt habe.


Statistik

Für alle, die es schon gespielt haben, erfreut ihr euch vielleicht an dieser kleinen Statistik über die Anzahl an Versuchen. Unsere beiden Nemesis waren offenbar die Missionen 29 und 49. Sechs Versuche haben wir gar nicht benötigt.

Ein VersuchZwei VersucheDrei VersucheVier VersucheFünf VersucheSieben Versuche
18177512

Unboxing

So zeigt man an, dass das die einzige Farbe einer Karte auf der Hand ist (also die gelbe zwei).

Bei Die Crew gibt es nicht viel Aufregendes in der Box zu erwarten. Die Karten sind von guter Qualität. Klar, dass sie sich nach 50 Missionen durchgespielt anfühlen, schließlich dürften sie dann über 100 Mal gemischt, verteilt und gelegt worden sein. Zu Beginn hatten wir sie übrigens gesleeved, aber meine verwendeten Sleeves waren zu rutschig. Was mich bei Terraforming Mars nicht stört, hat uns hier schnell genervt. Später haben wir die Karten wieder entsleeved.

Ansonsten sind noch ein paar Papp-Tokens dabei, die insbesondere für die Aufträge relevant sind. An denen gibt es nichts auszusetzen.

In Summe eine kleine feine Schachtel mit passendem Inhalt. Die Regeln sind gut aufgebaut. Persönlich hätte ich mir eine Übersicht aller Zeichen gewünscht. Das hätte an der ein oder anderen Stelle das hektische Blättern vermieden. Das beiliegende Heft beinhaltet in der einen Hälfte die Regeln und auf die andere Seite gedreht die Missionen.


Bewertung

Horsts Meinung

Wenn Brettspiele nicht so wundervoll abwechslungsreich und Pen-and-Paper-Spiele so unglaublich tolle Geschichten erzählen würden, würde ich wahrscheinlich jeden Dienstagabend mit Freunden Doppelkopf spielen. Mit anderen Worten: ich finde Stichspiele schon recht gut. Hat man Die Crew gemeistert, ist man fit für das Leben in Skatturnieren und Doppelkopfrunden, da ein Großteil der Strategien ins Blut eingeflossen sein dürften.

Die Karten müssen in der Reihenfolge gestochen werden.

Das Thema ist nett, aber auch nicht viel mehr – spiegelt sich aber natürlich nicht in der Spielmechanik wider. Theoretisch kann man die Box beliebig häufig spielen, aber tatsächlich ist nach 50 Missionen für mich Schluss. Trotzdem bekommt man natürlich viel Spiel(zeit) für sein Geld geboten. Rechnet man mit jeder Runde mit 10–20 Minuten und mindestens zwei Anläufe, verbringt man schon sehr viel Zeit im Weltraum. Vielleicht ist es deswegen aber auch damit nun gut.

Ich bin schon froh, dass wir die 50 Missionen fertig gespielt haben und gerade ist es vorerst gut. Die Crew ist übrigens Kennerspiel des Jahres 2020 geworden. Irgendwann würde ich mich schon noch freuen, wenn wir in die Tiefsee abtauchen würden. Mal sehen, was Chris dazu sagt.

Meine Einwertung:

  • Thema: 2
  • Mechanik: 2
  • Wiederspielwert: 2
  • Strategie: 3
  • Qualität: 3
  • Spielspaß: 3

Gesamtwertung 3 (2,5)

Chris Meinung

Ich bin schon immer von der Erkundung des Weltalls fasziniert. Schon als Kind träumte ich davon, einmal zu den Sternen zu fliegen. Als ich schließlich die Chance bekam, als Teil einer Mission ans Ende des Sonnensystems zu reisen, konnte ich mein Glück kaum fassen. Gemeinsam mit der Crew startete ich in Richtung des fernen Planeten Pluto. Die Reise war lang und anstrengend und spätestens als wir unser Ziel erreichten, wurde ich von einer unheimlichen Entdeckung überrascht….

Ich habe in meiner Vergangenheit nicht so viel Doppelkopf und Skat gespielt wie Horst. Wenn es mal Stichspiele waren, dann habe ich Wizard gespielt, oder seit neustem gerne ein paar Runden Scout. Meinen Eindruck auf The Crew gibt es also aus einer anderen Perspektive und mein Fazit fällt auch nicht ganz so gut aus.

Die Person mit dem höchsten Trumpf wird Startspieler*in.

Mein größter Kritikpunkt bei The Crew ist die repetative Mechanik. Autor Thomas Sing probiert zwar schon in die 50 Missionen etwas Abwechslung rein zu bringen – mal müssen die Stiche in einer bestimmten Reihenfolge absolviert werden, mal muss ein bestimmter Spieler gewisse Stiche erhalten, mal verteilt der Captain die Stiche blind an die Mitspieler und so weiter – aber am Ende bleibt aus meiner Sicht oft ein schlichtes “A vor B, vor C”-Schema. Schwierigere Missionen waren in unserer Gruppe dann auch eher Trial and Error, als sich eine Taktik zu recht zu legen.

Das mag auch an der eingeschränkten Kommunikation liegt. Klar macht es – wie bei vielen Stichspielen, zum Beispiel Doppelkopf – den Reiz aus, sich vorher nicht abzusprechen. In The Crew kann man als einzigen Hinweise ein Mal pro Runde eine Karte aus der Hand für die Mitspieler als höchste, niedrigste, oder einzige Karte einer Farbe anzeigen. Für mich genau so abstrakt wie, wenn der Captain vor Start der Runde fragt wie man sich im Hinblick auf die Mission fühlt. De facto haben wir diese Möglichkeit also eher selten genutzt und genauso egal war es dann, wenn die Kommunikationsgeräte mal wieder ausgefallen waren. Das wirkt für mich genauso an den Haaren herbei gezogen, wie die aufgesetzten Story.

Wie Ihr schon merkt, kann ich für The Crew keine Empfehlung aussprechen. Wenn Ihr auf der Suche nach einem kurzweiligen Stichspiel seid, dann probiert doch lieber Scout mit seiner frischen Mechanik, oder Jackyll vs. Hyde mit den asymetrischen Fraktionen aus.

Meine Wertung:

  • Thema: 1
  • Mechanik: 2
  • Wiederspielwert: 1
  • Strategie: 1
  • Qualität: 1
  • Spielspaß: 1

Gesamtwertung 1 (1,1)

Boardgamegeek

Da viele von Euch auch direkt auf BGG schauen, nehmen wir die aus unserer Sicht wichtigsten Faktoren für dieses Spiel direkt auf (Stand Okt/2022)

Ranking Weight
7.9 1.97

(c) Copyright Kosmos Verlag

Grafik(en) und Bild(er) von Horst Brückner

Das Spiel habe ich privat erstanden. Diese Rezension ist unentgeltlich durchgeführt worden und spiegelt meine persönliche Meinung wider.


Autoren Posts

Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).

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