Was ist denn dieses Teburu eigentlich?

Ach ja, Teburu – schon der Name klingt ein bisschen wie etwas, das Gandalf in der dritten Silbe eines Zaubers murmeln würde. „Teburu… EXPELLI… oh, falsches Franchise!“ Egal.
Jedenfalls: Wer das Teil noch nicht kennt – und wer kann’s verdenken – das ist quasi das „Alexa“ unter den Brettspielen. Nur dass sie keine Musik spielt, sondern dir deine Spielfigur auf dem Brett stalkt und genau weiß, wo sie steht. Und wenn sie da nicht steht, wird gemeckert. Der Originalherausgeber kommt aus Italien und nennt sich Xplored. Für den deutschen Vertrieb hat sich Pegasus die Rechte gekrallt.
Die Meinungen gehen bei Teburu jedenfalls auseinander wie bei der Frage „zwischen Huhn und Ei – die einen schreien: „Häresie!“, die anderen: „Geil, meine Würfel haben WLAN!“ Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.
Teburu ist kein Spiel, sondern eine Plattform. Eine Art High-Tech-Zaubertisch, der Brettspiele mit digitalem Support auf ein neues Level hebt. Der Clou: Figuren mit RFID-Chips (Radio Frequency Identification), ein digitales Spielbrett, und alles spricht via Bluetooth miteinander. Crossplay? Klar. Apple? Android? Alles eine große, glückliche Patchwork-Familie. Na ja, zumindest theoretisch. Praktisch ist’s manchmal eher eine dysfunktionale WG, da Apple und Android wohl doch nicht so gerne zusammen auskommen, wie es ihre Eltern gerne gehabt hätten.
Aktuell gibt’s zwei Spiele dafür:
Der Boss-Battler „The Bad Karmas and the Curse of the Zodiac“
Und das Story-Spiel „Vampire – The Masquerade: Milan Uprising“
Bald folgen noch „The Bad Karmas and the Curse of Cthulhu“ (Tentakel ahoi!) und „Sword & Sorcery“. Und wenn’s gut läuft – wer weiß – vielleicht irgendwann auch „Siedler von Bluetooth“.
Die Ersteinrichtung
Du öffnest die Box und wirst von einem leeren Spielfeld begrüßt. Minimales Design – pure Funktion. Dazu ein USB-C-Kabel und eine Steuereinheit, die sich magnetisch aufs Board klack-klackt. Keine Würfel dabei? Tja, die wohnen in den Spielen.
Zuerst brauchst du ein Steuergerät – Tablet, Smartphone oder PC – das als Hauptbildschirm dient. Und glaub mir: Größe ist hier alles, denn alle Mitspielenden sollten gut sehen können, was die App da treibt. Ich habe mein Laptop genommen, aber ein großer Bildschirm wäre definitiv der Königszug gewesen.
Das Board wird per USB-C mit Strom versorgt – wahlweise über Laptop, Powerbank oder Steckdose. Dann startet die App und verbindet sich automatisch via Bluetooth mit dem Board. Das beiliegende Kabel kann leider nicht für eine stabilere Kabelverbindung genutzt werden, sondern dient nur der Stromversorgung.
Dann kam der Moment: Der Würfel liegt auf der Ladeleiste… pling! – „Firmware-Update verfügbar“. Mein erster Gedanke: Warum braucht mein Würfel ein Update? Ich mein, was soll sich da groß ändern? „Bugfix: Würfelt jetzt seltener eine Eins.“ Ich hab jedenfalls die Luft angehalten, damit ich den Würfel während des Updates ja nicht bewege und ihn aus Versehen in einen Daten-Tod schicke. Hat fast geklappt. Insgesamt gingen drei meiner vier Würfel. Der vierte? Funktioniert, überträgt aber sein Ergebnis nicht. Ich bin jetzt mit dem Xplored-Support per E-Mail-Tango unterwegs und wir tanzen uns hoffentlich langsam zur Lösung. Naja – Firmware drauf, Würfel geladen – Es kann losgehen!
Vampire The Masquarade – Milan Uprising

Aus der Sicht von Björn seinen Glubschen
Auch wenn ich die Welt von Vampire schon sehr lange kenne, habe ich sie erst vor ein paar Jahren lieben gelernt. Die Lore ist fantastisch und es lassen sich hier viele tolle Geschichten erzählen. Schon die richtige Brettspielumsetzung „Vampire – The Masquarade Chapters“ von FLYOS war ziemlich gut, als auch die einigermaßen gelungene Legacy Variante „Vampire – The Masquerade: Heritage“ von Nice Game Publishing. Mit „Milan Uprising“ bewegen wir uns dieses Mal in Mailand, was allein schon eine gute Abwechslung ist.
Das etwa halbstündige Tutorial war eher semi-gut. Es erklärt dir das „Wie“, aber nicht das „Warum“. Wie wenn dir jemand zeigt, wie man ein Auto fährt, aber vergisst zu erwähnen, wofür die ganzen Schilder da sind. Nach ein paar Runden im richtigen Spielverlauf, wusste man aber wo der Blutsauger die Zähne hat.
In „Milan Uprising“ versuchen wir, Einfluss in der Stadt aufzubauen, um am Ende den Herrscher zu stürzen. Dafür erledigen wir Aufgaben, sammeln Ressourcen und engagieren Ghule die uns bei unserem Vorhaben unterstützen.
Die Hauptaufgaben werden stimmungsvoll vorgelesen (leider nur auf Englisch, Deutsch folgt aber in den kommenden Wochen), während man bei den Nebenaufgaben eher das Gefühl hat, man arbeitet in einem vampirischen Callcenter: „Würfle. Erfolg. Weiter.“ Fluff Text was nun passiert ist? Fehlanzeige.
Aber das Beste: Du kannst jederzeit pausieren. Beim nächsten Spiel sagt dir Teburu: „Hey, deine Figur stand da, der Ghul da drüben, und du schuldest mir immer noch dein Blut.“
Nach nunmehr zwei Spielabenden, stolzen sechs Stunden Spielzeit und einer Ehrenrunde im Technik-Karussell (eine Extrastunde für den Troubleshooting-Marathon), kann ich sagen: Ich bin jetzt emotional eng mit diesem Spiel und seinen Macken verbunden.
Fangen wir mal mit dem spaßigen Teil an – den Problemen. Die App dachte sich mehrmals: „Weißt du was? Heute ist ein Tag ohne Ton!“ Neustart-Time! Dazu kamen die Würfel, die offenbar erst einen Kaffee und eine kräftige Massage brauchen, bevor sie sich erkenntlich zeigen. Einfach schütteln reicht nicht – nein, man muss ihnen vorher eine kleine Motivationsrede halten und dann hoffen, dass sie mitspielen.
Zwischendurch fühlt sich das Spiel an wie ein Theaterstück mit zu vielen Pausen. Und obwohl ich erst sechs Stunden drin bin, grüßen mich manche Texte schon wie alte Bekannte – bisschen wie der Radiomoderator, der denkt, seine Witze sind beim dritten Mal noch witziger.
Aber hey, nicht alles ist Schatten! Die Story hat was, das Gameplay läuft (wenn man’s nicht unterbrechen muss) und man hat echt das Gefühl, sich mühsam Schritt für Schritt zum Großstadtboss hochzuarbeiten. Das fühlt sich gut an – so nach dem Motto: “Ich hab das hier verdient.”
ABER – und das ist ein großes Aber – bei einem Preis von knapp 400 Euro (ohne Teburu!) erwartet man ein bisschen mehr als rebellierende Würfel und Ton-Aussetzer. Für mich reicht das Grundspiel locker. Alles andere ist… Luxus mit Ladeproblemen.
Wenn die deutsche Tonspur da ist, spiele ich auf jeden Fall weiter – aber nach dem Ende des Spiels, bin ich nicht sicher, ob ich es nochmal spielen würde. Hm. Dafür müsste der Würfel mir beim nächsten Mal schon ein Kompliment machen.
The Bad Karmas – Der Sternzeichen-Verprügler

Björn: I´am doing my Part!
Kennt ihr diese Leute, die ernsthaft sagen:
„Heute können wir leider nicht spielen, mein Mars-Aszendent hat sich im großen Wagen verheddert“
oder
„Du wärst echt der perfekte Freund … aber du bist Waage. Das kann das Universum leider nicht zulassen.“
Ja? Dann gute Nachrichten: The Bad Karmas ist genau das richtige Spiel für euch!
Endlich könnt ihr den Sternzeichen mal zeigen, wo der Mond seine Umlaufbahn hat.
Widder? Gibt’s auf die Hörner. Fische? Ab in die Tiefkühltruhe. Löwe? Zeit, die Mähne zu stutzen.
Vergesst Sternzeichen-Kompatibilität – hier wird zurückgeschlagen. Mit Würfeln. Und Wut.
Worum geht’s? Vier schräge Charaktere, die magische Waffen gefunden haben und jetzt gegen riesige Sternzeichenmonster kämpfen. Irgendwo zwischen Marvel und „Ich hab den falschen Schrank aufgemacht“.
Wie bei Vampire müssen natürlich auch bei The Bad Karmas vier Charaktere aufs Feld.
Neben mir waren Horst und Bill dabei. Ja, ich weiß. Rechnet ruhig kurz nach.
Genau. Drei Leute. Vier Charaktere. Mathematisch suboptimal.
Bill hat kurzerhand den vierten Charakter übernommen.
Er ist jetzt offiziell schizophren.
Aber hey – Teamplay ist halt, wenn man auch mit sich selbst diskutiert, wer gerade angreifen darf.
Das Tutorial war schnell und effektiv. Erklärt das Nötigste, dann geht’s los. Die Steuerung läuft über die Handys, wo wir Karten mit unseren Aktionen auswählen. Aktionen antippen, Effekt sehen, weitermachen. Die App regelt viel im Hintergrund, was sonst Tabellen und Marker wären. Cool! Aber: Die Symbolik ist wild. Ein Cheat Sheet mit Erklärungen wäre Gold wert.
Wir hatten drei Totalabstürze. Jedes Mal: App weg, alles neu verbinden, QR-Codes scannen, Figuren scannen, alles neu einrichten. Frustfaktor: hoch.
Aber immerhin speichert das Spiel den letzten Zug, also kein kompletter Verlust.
Trotz allem: Es macht Spaß. Die Monster sind cool, das Taktieren auf dem Brett fühlt sich frisch an, und das System bietet Dinge, die analog sweit träger wären. Kein Management von HP, Cooldowns, oder Statuseffekten.
Bei Bad Karmas seh ich insgesamt mehr Potential als bei Milan Uprising, aber hier muss ich erst noch ein paar Runden absolvieren, um mehr sagen zu können.
Björns Fazit
Teburu ist wie ein Welpe mit Raketenrucksack. Total begeistert, rennt los, macht Dinge – aber manchmal kracht’s halt gegen die Wand. Wer sich drauf einlässt, bekommt innovative Spielmechanik, spannende neue Wege, aber auch gelegentlich den Wunsch, einfach wieder einen analogen Würfel zu werfen. Trotzdem: Ich bin gespannt, was noch kommt. Und der vierte Würfel? Vielleicht lebt er ja bald wieder, wenn der Firmware-Gott gnädig ist.
Horsts Fazit
Was ist denn jetzt los? Machen wir ein digital-rockt statt analog-rockt? Ne, aber ist doch immer wieder interessant, wie die Technik in das sonst (fast) analoge Brettspiel Einzug erhält. Ich will eigentlich nicht abschweifen und ist eigentlich eine andere Diskussion, die wir mal dringend auf dem Blog führen sollten: Was sagt ihr zum Bashing von Crowdfunding-Kampagnen, die künstliche Intelligenz einsetzen statt menschliche Illustratoren zu bezahlen?
Zurück zu dem Tablet aka Teburu. Als ich Björn das erste Mal davon reden gehört habe, stellte ich mir so ein dynamisches Display vor, dass mir die Spielfläche projiziert. Das macht es nicht. Im Gegenteil ihr kauft große Boxen, die einem Heroquest locker Konkurrenz machen. Im Falle der oben erwähnten Produkte (und wahrscheinlich auch im bald erscheinenden Sword & Sorcery) sind Spielflächen, Würfel und Figuren enthalten. Keine Regelwerke! Nicht mal Symbol-Übersichten. Ich habe selbst nur Bad Karmas gespielt, da hat es vor allem am Anfang genervt keine Übersicht zu haben. Denn: man hat ja nun sein Handy als Kartendeck in der Hand. Ja, jede Person am Tisch hat eine Handy parat. Nachdem wir das alles geschärft haben:
Was bewerte ich eigentlich? Teburu als Technik ist witzig. Wir hatten aber in unserer einen Partie auch eine ganze Menge Abbrüche. Das nervt. Das Spiel? Ein normaler Boss Battler. Ganz nett und es macht Spaß das eigene Kartendeck zu pimpen. Was geil war die Kombi. Wir wussten im Prinzip nichts von dem Boss. Keine Schwachstellen, keine Aktionen, nichts. Hat alles Teburu für uns organisiert. Ohne zu Spoilern haben wir dann gemerkt, dass die Spielfläche eine massive Auswirkung auf den Boss haben kann. Das war richtig abgedreht. So etwas bekommt man sonst nur mit Spielleitung hin.
Auf der einen Seite also weder technisch noch vom Spiel her etwas besonderes, aber in der Kombi ganz überraschend. Am Ende war genügend Interaktion unter uns und auf dem Tisch, so dass das Handy (mich) nicht genervt hat. Ich hätte es aber besser gefunden meine eigenen Karten in der Hand zu haben. Dann wäre das digitale Brett aber auch primär ein Figurenschubser. Das konnte sogar mein alter Schachcomputer. So ganz abgeholt bin ich nicht. Würde immer wieder eine Partie mitspielen, aber mir nicht selbst in den Schrank stellen.
Bills Fazit
Ich muss zugeben, das System hat mich auf der Spiel 24 angelächelt und bereits neugierig gemacht. In der Crowdfunding-Kampagne bin ich beinahe eingestiegen und habe es doch sein lassen. Ich bin eigentlich sehr offen eine App in Brettspielen zu integrieren und habe häufig damit bereits tolle narrative Geschichten erlebt. Aber Teburu kostet zu viel, um sich auf die Technik unvorbereitet einzulassen. Man redet hier nicht über ein Spiel, dessen Mechaniken man vorher zuordnen könnte, da ja bereits 100 weitere dieser Art existieren. Obwohl, für die einzelne noch geplanten Spiele könnte das vielleicht ja schon so sein, aber derzeitig gibt es einfach zu wenig, das mich zu einer Investition überreden würde.
Umso freudiger überrascht war ich von Björns Einladung, mit im vor zwei Wochen das System mit Vampire zu testen. Natürlich wäre ich dabei, gab ich als Antwort – ohne zu ahnen, dass der Kerl mir heimlich eine Kampagne von zarten 25 Stunden unterschummelte. Aber wie Björn es oben bereits schreibt: die Geschichte zieht einen in seinen Bann, man arbeitet sich voran und hat das Gefühl wirklich etwas in Mailand zu erreichen und dauerhaft zu verändern. Die Vampire-Regeln sind gut umgesetzt, ich fühlte mich mit meinen Kenntnissen aus der Vampire Chapters-Reihe regeltechnisch sehr zuhause, der englische Sprecher gibt ein ganz eigenen Flair – oh hoffentlich kann die deutsche Stimme es auch so gut umsetzen! – und es gibt wirklich viele Storyleitfäden, von denen ich nun auch nach Stunden des Spielens nicht sagen kann, welcher uns voran bringt und welcher nicht. Auf dem Handy, welches als Controller dient, finde ich meinen Charakterbogen, die Hintergrundstory, Tages-, Allgemein- und Kampagnenziele, usw. Das ist alles toll, und dennoch vermisse ich ein gutes Glossar oder zumindest ein Übersichtsblatt mit wichtigen allgemeinen Spielinfos in analoger Form. Die Abstürze waren insgesamt recht selten, aber nervig – viel schlimmer fand ich aber, dass manchmal Würfelwürfe nicht erkannt wurden und ein gewürfelter Erfolg neu geworfen werden musst und sich in einen Misserfolg verwandelte. Das geht natürlich auch anders herum, trübt den Spaß aber allgemein ziemlich. Aber vielleicht wird das ja nun mit dem neu angekommenen Ersatzwürfel etwas!
Bad Karmas lässt mich da etwas ratloser zurück. Die Story wirkt für mich aus der Luft gegriffen und überspitzt verrückt. Die Charaktere könnten seltsamer kaum sein. Und herrje, gab es hier viele Abstürze. Bei einem so teuren Produkt, dass nicht erst seit gestern auf dem Markt ist, erwarte ich eine stabile Umsetzung! Es soll wohl tatsächlich problematisch sein, wenn Apple und Android zusammen in einem Spiel eingeloggt sind, aber wirklich(?!) das war ja übelst frustrierend! Ansonsten war das Spiel etwas, das sich neu angefühlt hat und gerade die gute Gesellschaft mit Horst und Björn war herrlich, wofür ja Teburu mal so gar nichts kann! Aber ob ich eine gesamte Kampagne spielen möchte? Ich weiß nicht. Ich lasse mich gerne auf einen weiteren Versuch ein, denn die Bosse sind bestimmt jedes Mal etwas ganz anderes und es muss immer erst herausgefunden werden, wie der Sternzeichengegner so tickt und wo seine Schwäche liegt, was für das System natürlich wiederum als Stärke zu nennen ist… und die Charaktere werden jedes mal individuell (hoffe ich zumindest) stärker… aber eine gesamte Kampagne… ich bin da unsicher.
Was heißt das nun aus meiner Sicht? Ja, ich spiele es gerne wieder mit, besonders die Mailändischen Vampire finde ich hier höchst interessant. Aber würde ich mir das System kaufen? Ich glaube eher nicht. Wenn das nicht stabiler in seiner Funktion wird und/oder in meinen Augen Spiele herauskommen, die mich so richtig umhauen, wird das wohl nur ein Rendezvous auf Raten. Aber hey, auch das kann Spaß machen – es ist auf Dauer nicht erfüllend, aber es reicht für ein paar romantische Abende mit einer neuartigen Software und einem erfahrenen Analogbrettspiel.
Video
Ja, es gibt auch einen Eindruck direkt nach der ersten Spielerfahrung aus Bills heimischem Brettspielzimmer.