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analog rockt Brettspielrezensionen

Neu gespielt im September 2025 (Teil 2)

Der Artikel wurde von Björn geschrieben. 22 Minuten Lesezeit

Der Sommer neigt sich so langsam dem Ende entgegen. Der Blutmond (Mondfinsternis im September) leitet mit seiner roten Färbung den Herbst stimmig ein. Wir Menschen rotten uns langsam zusammen. Im nächsten Monat gipfelt dies in unserer Bubble wieder einmal auf der SPIEL in Essen. Wird Zeit, dass noch einmal die „letzten“ erworbenen Spiele auf dem Tisch landen. Auch für diesen Blog haben wir etwas neues eingerichtet. Es gibt einen YouTube-Kanal den wir schon in dem ein oder anderen Beitrag spontan eingebunden haben. Die Zahl der Zuschauenden darf noch etwas wachsen, aber ist eine gute Ergänzung zu dem bisherigen Inhalten. Weiterhin sind wir aber auch Helden am Brett und befeuern alle Kanäle mit unterschiedlichen Content.


Björns September

Hallo September, hallo Ende des Sommers. Die Ventilatoren, die das Spielezimmer einigermaßen erträglich gehalten haben, dürfen so langsam wieder ausziehen. Aber einer bleibt noch stehen – man kann ja nie wissen.

Im September war ich eine Woche im Urlaub, trotzdem kam erstaunlich viel neues auf den Tisch. Also wieder viele neue Ersteindrücke für dich am Start. Und ich werde auch immer besser darin, die „alten“ Spiele immer wieder auf den Tisch zu bringen. Allen voran hat mich Terrorscape in seinen Klauen. Es hat einfach das gewisse Etwas. Aber jetzt geht’s um die neu gespielten. Also hier der Cast in chronologischer Reihenfolge.

Denkprofi: Das Brettspiel mit App


Nach einem langen Abend Deep Madness (gefällt mir übrigens von Partie zu Partie immer besser) wollten wir noch etwas Simples zum Ausklang. Meine Freundin hatte damals dieses Kleinod mit dem poetischen Titel Denkprofi: Das Brettspiel mit der App mitgebracht – und na ja, es lag dann mindestens ein Jahr im Schrank. Fairerweise: Das passiert hier auch Spielen, die ich wirklich dringend zocken will. Quizfrage: „Wie nennt man das? a) Zu viele Spiele b) Regellesefaulheit c) zu wenig Zeit d) a,b und c

Also gut: Folie ab, ein paar Punktetoken ausgepöppelt, Brett ausgebreitet. Du brauchst ein iOS- oder Android-Gerät, das reihum gereicht wird – niemand muss sein eigenes zücken. Schon mal ein Punkt für Barrierefreiheit (und Akku-Schonung).

Das Spielfeld ist ein Rundlauf mit Aktionsfeldern. Mit einem sechsseitigen Würfel bestimmst du, wie weit du gehst. Entsprechend des Symbols tippst du in der App auf das gleiche Icon und folgst den Anweisungen.

Die Anleitung steckt komplett in der App. Niemand muss also daneben noch Regelkapitel referieren. Du kannst also direkt nach dem Auspacken losspielen – Speedrun in Regelkunde. Genau das richtige für mich.

Die Felder stehen für fünf Aktionsarten: 5-Sekunden-Quiz, Minispiele, Pantomime, Bomb Party und Zeichnen.
Beim 5-Sekunden-Quiz bekommst du drei Fragen am Stück, je 5 Sekunden Zeit. Eigentlich simpel – bis der Hirnprozessor plötzlich den Ladebalken bei 99 % parkt. Beispiele: „Nenne drei Ballsportarten“, „Nenne drei Hunderassen“, „Nenne drei Wörter mit Q“ (Tipp: Quark, Qualle, Quiz. Gern geschehen).

Zeichnen und Pantomime sind genau das: Du kritzelst oder stellst drei Begriffe pantomimisch dar und suchst dir dafür einen Partner. Bei Erfolg bekommen beide einen Punkt.

Bomb Party funktioniert ähnlich wie das 5-Sekunden-Quiz, aber mit einer Frage. Bei richtiger Antwort gibst du das Handy an deinen Spielpartner – bis die Bombe explodiert. (Keine Sorge, nur akustisch.)

Bei den Minispielen treten zwei oder mehr Leute direkt am Handy gegeneinander an: Tic-Tac-Toe, „Wer tippt schneller?“, solche Klassiker. Kurzweilig, kompetitiv und perfekt, um Freundschaften auf +1 Salzgehalt zu bringen. Ja, was soll ich sagen – das Spiel tut, was es soll, und ist ein netter Absacker oder Appetizer. Die 3er-Fragen sind eine schöne Idee, und mit der App gibt es auch keine Probleme. Wir hatten Spaß, aber nicht genug, dass es nochmal auf den Tisch kommen würde. Dafür haben sich Fiesta de los Muertos und So Kleever! schon zu sehr in meinem Herzen festgebissen. Und ob die App in so wirklich einen echten Mehrwert bietet, würde ich auch nicht behaupten.

Kurzfazit: Gibt besseres dieser Art.

Roll Camera!: The Filmmaking Boardgame

Im September habe ich zwei alte Freunde eingeladen, um ein ganzes Wochenende durchzuzocken und ein paar Filme zu schauen. Die beiden haben Film studiert und darin gearbeitet (einer tut’s immer noch). Wie cool wäre da ein Spiel übers Filme machen mit den beiden?
Roll Camera!: The Filmmaking Boardgame (Wieso haben so viele Spiele inzwischen so unnötig sperrige Namen?) vom Kobold-Spieleverlag ist ein kooperatives Spiel, in dem wir ein Set aufbauen, das Drehbuch umschreiben und am Ende den Film entweder möglichst gut oder absichtlich so schlecht machen, dass er Kult wird. Beispiele? Sharknado, Kung Fury, Bubba Ho-Tep – allesamt Goldener Trash in unseren Herzen.

Also: aufgebaut und mal schauen, was der Final Cut hergibt. Das Drehbuch gibt vor, was am Ende Punkte bringt und was nicht. Aha, Extra-Punkte für Comedy – dann eben Lustiges drehen. Mit der B-Movie-Erweiterung kommen noch zusätzliche Genre-Anforderungen dazu. Da kann’s passieren, dass es nicht nur eine Komödie sein soll, sondern auch Fantasy-Elemente braucht und auf gar keinen Fall Western. Okay – alles im Bild. No boom mic, please.

Es liegen drei Szenen aus; jede zeigt, wie das Set stehen muss, welche Boni sie bringt und welches Genre/Stimmung sie hat. Wir wählen eine Szene und checken, wie das Set dazu aufgebaut werden muss. In der Mitte ist Platz fürs Set, und es liegen zwei Stapel Setplättchen aus, von denen du per Aktion eines aufbauen kannst. Die Szene sagt dir, welches Symbol wo stehen muss – entsprechend legst du das Set. Und wie kommen die Symbole ins Bild?

Easy: Bist du dran, würfelst du sechs Würfel mit Filmsymbolen. Passen die Symbole, legst du sie ins Set – oooooder auf eines der vielen Aktionsfelder, mit denen du alles Mögliche erledigst: Setbau, Szenen ändern, Probleme lösen.

Probleme? Jaha. Zu Beginn deines Zugs ziehst du ein neues Problem vom Stapel. Das sabotiert die Produktion an verschiedenen Stellen. Manchmal ist’s egal, wenn’s im Schneideraum brennt – da musst du noch nicht hin (Grüße an dein Zukunfts-Ich). Aber wenn Aktionen blockiert werden, die du jetzt brauchst, heißt’s: Feuer löschen. Je älter das Problem, desto zäher die Lösung. Also gut mit den Würfeln haushalten: Set bauen, Szene drehen, Probleme fixen … die Würfel sind schneller weg als die Catering-Sandwiches.

Ach, richtig: Wir haben nur begrenzte Zeit und Budget. Billiger drehen? Klar, aber dann leidet die Qualität. „Wir retten’s in der Post.“ – hat wohl noch nie geklappt.

Film abgedreht, Punkte notiert – am Ende entstand ein dramatisches Cowboy-Krimi-Meisterwerk. Wir hatten Spaß, und die beiden Filmschaffenden meinten: Die Aufmachung sei erstaunlich authentisch, wenn auch mit gewissen Augenzwinkern. Vor allem die Probleme sind gar nicht so weit ab von der Realität.

Aber: Das Konzept und der Humor verbraucht sich schnell. Wir hatten kein Bedürfnis, es direkt wieder zu spielen. Vielleicht irgendwann… aber wahrscheinlich auch dann nicht. Bald kommen kleine Erweiterungen; die bringen sicher Pep in die Szenenauswahl – ob’s auf Dauer hilft, bleibt ein Cliffhanger.
Mein Tipp: Mitspielen, wenn’s wer hat, oder günstig auf dem Sekundärmarkt mitnehmen. Idee und Umsetzung sind super, nur der Rewatch-Faktor ist überschaubar.

Kurzfazit: Gutes Drehbuch, aber irgendwie schlägt’s keine Funken.

For Glory

Auf in die Arena! For Glory von Giant Roc ist ebenfalls in der Spieleschmiede in deutsch erschienen – ein Deckbauspiel der richtig feinen Art, ganz ohne Sand im Getriebe. Im Grundspiel ist es ein reines Zweispieler-Spiel; mit der Erweiterung können bis zu vier Lanista ihre Gladiatoren in die Arena schicken. Meine erste Runde lief zu dritt – war irgendwie cool, aber man merkt schnell: Das Ding ist für 1 vs. 1 geschmiedet. Mehr Leute, mehr Chaos, weniger glorreich.

Wie bei Deckbuildern üblich startest du mit einem Startdeck, das hauptsächlich Ressourcen enthält, um dein Deck aufzupumpen – Proteine für Karten sozusagen. For Glory geht aber typische Deckbuilding-Probleme an und hebt das Genre eine Stufe nach oben (Daumen hoch vom Imperator). Es gibt drei Kartentypen: Gladiatoren, Taktiken und Intrigen; von jedem Typ liegen immer drei offene Karten aus. Das Kaufangebot ist dadurch dynamisch und nicht so starr wie ein Legionär nach der Nachtschicht. Zusätzlich können Taktiken und einige Gladiatoren in die Reserve gelegt und zu jedem Zeitpunkt (gegen Kosten) wieder auf die Hand geholt werden – mehr Kontrolle, weniger aufs Glück hoffen.

Gladiatoren sind deine Kämpfer für die Arena. Mehrere liegen aus, und du entscheidest, in welcher Arena dein Gladiator antritt. Jeder Kämpfer hat einen Blutlustwert, und jede Arena verlangt eine Mindest-Blutlust. Ist der Wert mit den angetretenen Gladiatoren erreicht, beginnt der Kampf – Sand staubt auf, das Publikum schreit, Blut tropft in den Sand, jemand verliert seinen Kopf. Gut das deine Gladiatoren versichert sind.

Die Seite mit der höchsten Initiative startet, dann wird abwechselnd gehauen, gestochen und taktiert, bis alle Kämpfer erschöpft sind. Dann werden alle Recken wieder bereitgestellt und eine neue Runde beginnt, solange bis nur eine Seite übrigbleibt. Der Sieger kassiert Ruhm (blaue Steinchen). Sechs davon und du hast das Spiel gewonnen.

Taktiken zündest du im Kampf – zusätzlich zum normalen Angriff. Sie können auch reaktiv gespielt werden, z. B. um Schaden zu mindern. Intrigen spielst du außerhalb des Kampfes. Darunter sind passive Charaktere, die in deinen Spielbereich (Villa genannt) wandern und Einfluss generieren – wichtig, denn gute Gladiatoren haben nicht nur Muckis, sondern auch Gagen. Viele dieser passiven Charaktere in deiner Villa haben Fähigkeiten. Nutzt du die, verlierst du ihren Einfluss für die Runde. Fällst du dadurch unter deinen „Einfluss-Verbrauch“, musst du sofort einen Gladiator ablegen. Das sorgt am Tisch für wunderbare Dynamik.

Zu dritt und zu viert läuft’s anders: Es gibt nur eine Arena, und alle Gladiatoren prügeln sich durcheinander. Da nur einer gewinnen kann, fühlt sich das schnell unausgewogen an – alle gehen auf den vermeintlich Stärksten, und am Ende entscheidet oft die letzte Taktikkarte. Dazu kommt: Im 3/4er-Spiel sammelst du keinen Ruhm. Es gewinnt, wer den dritten von drei Arenakämpfen holt. Die ersten beiden wirken dann wie eine künstliche Streckung. Ja, Sieger früher Kämpfe erhalten eine Zusatzaktion der Arena, aber das ist selten ein Game Changer. Ich hab z. B. die ersten zwei Arenen gewonnen und war im Finale trotzdem 2-gegen-1 chancenlos (Daumen runter vom Imperator).

Also aus diesen Gründen finde ich das Spiel nicht besonders geeignet für drei Spieler, aber zu zweit gibt es hier einen richtig guten Spielmotor der zu glänzen weiß. Ich hoffe es in nächster Zeit nochmal zu zweit zu zweit spielen kann und auch zu viert würde ich eventuell ausprobieren. Zu dritt ist es nix.

Kurzfazit: Ave Lanista! Lude potius cum duobus. Spiels Lieber nur zu zweit.

Civolution

[Mit Horst gerockt]

Seit dem Release von Civolution von Pegasus tappe ich um den Titel herum. Ich war super interessiert, aber ziemlich sicher, dass ich das Regellesen bis zur Schöpfung der nächsten Zivilisation aufschieben würde. Umso besser, dass sich eine Gelegenheit zum Mitspielen ergab.

Als ich ankam, stand das Brett komplett aufgebaut. Ein sehr flexibles Spielfeld, auf dem quasi alles zufällig liegt. Sowas mag ich, denn es zwingt dich, auf neue Gegebenheiten zu reagieren und nicht deine 0815-Taktik abzufeuern. Heute erfindest du das Rad, morgen den Stau.

In Civolution übernimmst du die Rolle eines Studenten oder einer Studentin und musst in der Abschlussprüfung im Fach Zivilisationsdesign eine überlebensfähige Kultur erschaffen. Natürlich die beste von allen, denn nur eine Zivilisation gewinnt. Kein Druck.

Der Blick auf die Welt. Alle Teile sind variabel einsetzbar.

Dein Spielerboard ist die Konsole, also dein Kontrollzentrum, das ausgebaut werden will. Das große Brett ist der Bildschirm, auf dem du deine Zivilisation beobachtest. Auf der Konsole blinken dich Symbole an. Manches erklärt sich, anderes klärst du über das beigelegte Heft pro Spieler. Aller Anfang ist schwer, doch nach ein paar Blicken ins Heft weißt du, was was ist. Das große Ganze klickt aber erst nach einer vollen Runde. Die Punktewertung kommt aus vielen Richtungen. Fortschritt auf fünf Leisten, neun unterschiedlich gewertete Ziele, ausgelegte Forschungen, Ziel-, Einkommen- und Attributplatinen auf der Konsole sowie Dinge, die extra Punkte einbringen. Puh. Worauf setzt du den Fokus und welche Aktionen hast du überhaupt parat?

Auf der Konsole liegen viele Module, die deine Aktionen darstellen. Die kannst du sogar noch verbessern, falls du bis hierhin noch nicht genug Möglichkeiten hattest. Jedem Modul sind zwei Augenzahlen zugeordnet. Du würfelst sechs Würfel und ordnest passende Paare Aktionen zu. Würfel lassen sich auch manipulieren und neue beschaffen, aber zunächst gilt es, mit dem zu arbeiten, was da ist. Ich gehe nicht alles durch, denn es ist viel. Im Kern holst du Forschungen, ziehst neue Plättchen, vermehrst deinen Stamm oder lässt ihn wandern, produzierst und sammelst Ressourcen, baust Strukturen, erkundest und so weiter. Trotz hoher Infodichte ist alles elegant dargestellt und gut reglementiert. Nach wenigen Zügen merkst du, wie der Hase läuft. Wo die Reise hingeht, siehst du oft erst bei der Abrechnung, dann schaltet der Kopf auf jetzt hab ich’s raus. Und plötzlich hast du Bock auf eine neue Runde – wäre es nicht so lang.

Der rechte Teil deiner Konsole. Jedes Plätchen ist eine eigene Aktion die du mit den Würfeln aktivieren kannst.

Zu viert haben wir ohne Regelerklärung etwas über vier Stunden gespielt und waren in den meisten Zügen flott. Grüblergruppen packen hier sicher noch eine Schippe drauf. Downtime hatte ich trotzdem nicht, da sich wunderbar vorplanen lässt. Manchmal grätscht dir jemand rein, doch dann greift Plan B, C oder D. Irgendwas geht immer. Wenn ich mehr Partien habe, schreibe ich vielleicht eine richtige Review mit allen Details. Doch aktuell bleibt mir nur zu sagen:

Kurzfazit: Brainburner, aber der richtig guten Sorte. Das Spiel geht in Breite und Tiefe und bleibt trotzdem übersichtlich.

Ironwood

Ja, Ironwood… als die Gamefound-Kampagne startete, war ich Feuer und (Schmiede-)Flamme. Gebackt hab ich’s dann doch nicht. Ich spiele selten nur zu zweit, und eine deutsche Version gab’s damals noch nicht. Schön, dass Wonderbow Games eingesprungen ist und den Titel jetzt deutschsprachig in den Wald… äh, Markt trägt.

Ironwood ist solo oder für zwei Spieler. Eine Seite schlüpft in die technologisch fortschrittlichen Ironclad, die andere in die naturliebenden Woodwalker. Beide Fraktionen spielen sich asymmetrisch, haben unterschiedliche Ziele und jeweils eigene Kartendecks – Eisen gegen Holz, Klonk gegen Knack.

Auch das Material trifft den Ton. Die Ironclad klirren mit Metallmünzen und Markern, die Woodwalker knarzen mit bedruckten Holzmarkern. Fühlt sich wertig an und sieht top aus ohne das Spielfeld unnötig zu überladen. Für 55 € wirkt das fair bepreist und ganz ohne Rost und Harz.

Minimalistisch, übersichtlich, schön.

Und spielerisch? Sitzt. Jede Runde hat drei Züge, die Woodwalker beginnen (logisch: Sie wollen die Ironclad schnellstmöglich aus ihrem Wald hebeln). Dein Handmanagement ist der Clou: Du hast drei Basiskarten immer parat und ziehst zwei zusätzliche vom Deck. Heißt die Standard-Aktionen sind sicher, dazu zwei mächtige, zufällige Optionen. Doch pro Zug kannst du nur eine Karte spielen. Jede Karte kannst du als Effekt spielen oder im Kampf für Angriff, Verteidigung und Übermacht Werte nutzen, such’s dir aus. Diese ständige Entscheidung „Text oder Werte?“ macht’s knackig und du hast ständig die Gedanken, dass du die Karte eigentlich noch brauchst, aber wenn du sie jetzt nicht für den Kampf spielen würdest du diesen definitiv verlierst.

Das Spielertableu der Ironclad. Die Karte für den ersten Zug bereitgelegt.

Während die Ironclad oben in den Bergen gemütlich Ressourcen abschürfen, um ein Imperium aus rauchenden stinkenden Eisenschmelzen hochzuziehen, suchen die Woodwalker heilige Totems, um einen uralten Waldgeist zu wecken, der die Blechlawine wieder talwärts schickt. Abgas gegen Waldbaden – wer macht das Rennen?

Kurzfazit: Cooles, asymmetrisches Zweispieler-Spektakel.

Mission Amazonia

Auf den ersten Blick wäre Mission Amazonia nicht auf meiner Watchlist gelandet – aber seit wann sag ich Einladungen zum Spielen ab? Eben. Also ab in den Regenwald.

Das Cover ist richtig schick, das Material eher zurückhaltend. Hier steckt die Liebe im Detail. Du spielst auf verschiedenen Amazonas-Karten und erlebst in mehreren Szenarien rund 40 Jahre Amazonas Geschichte.

Wir spielen in dem Szenariobuch auf echten Landkarten.

Du übernimmst die Rolle eines Naturschützers und versuchst im Amazonas Wilderei, Umweltverschmutzung und illegale Abholzung zu stoppen. Die Zeit drängt und du weißt nie, wo das nächste Problem aufploppt. Lässt du den Übeltätern zu viel Luft, sterben Arten aus: Bleibt am Rundenende ein „Problem“ liegen? Zack – wieder ein Tier, das bald vielleicht nur noch auf alten Briefmarken existiert.

Mit Handkarten bewegst du dich über Straßen und Wasserwege, kaufst hilfreiche Gadgets (aka weitere Karten) oder zündest Einmaleffekte. Schafft ihr es, alle 12 Missionen/Probleme zu lösen, gewinnt das Team. Die Regeln sind simpel, bieten aber genug Tiefe für kooperative Planung – wie ein Amazonas-Flussarm: leicht zu befahren, überraschend verzweigt. Mir hat’s gefallen. Mehr Details spare ich mir, Bill hat da schon einen ausführlichen Artikel in der Mache.

Kurzfazit: Kooperatives Naturerlebnis mit Lerneffekt.

Pest

[Mit Bill und Horst gerockt]

Willkommen in Thokaia. Ein Land, in dem wir alle wohnen wollen – nicht. Die Pest ist ausgebrochen, und du übernimmst in Pest von Archona Games die Rolle eines Pestdoktors, also die letzte Hoffnung des Reichs… gleich hinter Knoblauchketten und Blutegeln.

Die Aufmachung ist düster, passt zum Thema, frisst aber ein wenig Übersicht. Dafür gibt’s enorme Tischpräsenz: überall übergroße Tableaus. Unser großer Spieltisch war zu dritt schon randvoll; zu viert ginge es mit höflichem Schubsen, bei fünf hätte der Tischkeller um Quarantäne gebeten. Ungewöhnlich viel Material für einen Euro – nicht schlimm, aber sollte man beim Kauf im Hinterkopf behalten.

Das Board zeigt das Land: außen Dörfer, weiter innen Marktflecken, in der Nähe der Mitte Städte, ganz zentral die Hauptstadt – je nach Zukauf als 3D-Bau oder flach wie ein alter Pflasterstein aufs Board gedruckt. Dazwischen Straßen und einige Häfen, damit sich die Keime auch schön ausbreiten können.

Gespielt wird über 6 Runden. Zu Beginn jeder Runde decken wir zwei Karten auf: etwas Flufftext, vor allem aber neue Hotspots für frische Siechlinge. Heißt dann zum Beispiel: auf alle Dörfer mit Steinproduktion und blaue Straßen kommen kranke Holzmännchen. Das ist schon etwas Fummelarbeit – verteilt auf mehrere Hände geht’s aber fix.

Treffen wir unterwegs Kranke, nehmen wir sie als gute Samariter auf und zahlen pro Nase ein Brot (Oder Gold, das schmeckt auch jedem). Falls nicht genug da ist, kein Durchgang – Pestdoktor-ÖPNV nur mit gültigem Ticket. Also lieber früh die Orte und Straßen entlasten, bevor der Stau aus Husten und Pusteln beginnt.

Zu Spielbeginn haben wir 2 Arbeiter, in Runde 3 und 5 kommt je einer dazu. Auf dem eigenen Tableau lagern Ressourcen und es gibt eine Aktionsmatrix im Tic-Tac-Toe-Layout. Setzt du einen Arbeiter, triggert er die Aktion oben drüber und die links daneben. Oben liegen Hauptaktionen wie Bewegen, Bauen, Produzieren; links Dinge wie Forschen, Gesunde einsetzen, Heilen. Kombinieren darfst du nach Gusto, aber ein Feld pro Runde nur einmal. Willst du dich also erneut bewegen, musst du das einer der anderen beiden linken Aktionen koppeln. Du merkst: Pro Runde nur 4 Aktionen, da helfen weder Weihrauch noch Wunder – Planung zählt. Baue ich zuerst aus, um mehr zu produzieren, oder heile ich Menschen, damit sie überhaupt mit anpacken können. Ja, wir heilen nicht ganz uneigennützig: als Dank schuften sie auf unserem Hof. Mittelalterliche Arbeitsvermittlung, powered by Hustensaft.

Unser Spielertableu. Links Die Aktionsmatrix, unten die Ressourcenleiste, mittig die Gebäude, ganz rechts Forschungen und oben die kranken und geheilten.

Forschungen würzen das Ganze, geben Zusatzaktionen oder schalten neue Bereiche fürs Tableu frei. Punkte holst du über Geheilte, Forschung, Einfluss und Ansehen im Reich. Alles aufzudröseln sprengt hier den Rahmen – ich schreibe dazu noch eine ausführliche Review, sobald die zweite Edition eintrudelt.

Mir hat’s gefallen, aber der letzte Biss fehlt noch und die Übersicht könnte klarer sein. Zu dritt fühlte es sich suboptimal an: Wir dürfen in denselben Orten bauen, und sind zwei Spieler dort vertreten, ist der Ort pest-sicher. Mit wenigen Bewegungen trifft man sich zu dritt zu selten, also leidet die Herdenimmunität der Architektur. Ich vermute, zu viert oder fünft blüht das Spiel auf wie eine frische Pustel. Wird getestet.

Für die kommende zweite Edition hat Archona Games Community-Feedback verbaut: Boards verschlankt, das Einflusssystem überarbeitet, vieles direkt aufs neu strukturierte Hauptbrett gedruckt. Spart Platz und sollte die Lesbarkeit heben. Farblich ist das neue Board auch klarer – weniger Pestschleier, mehr Klartext. Ich bin gespannt.

Das Überarbeitete Spielfeld der zweiten Edition. Hier ist alles viel deutlicher zu erkennen.

Kurzfazit: Für die volle Spielspaß-Ansteckung fehlt noch das gewisse Etwas, aber es macht jetzt schon Laune.

So, das war also mein September. Ein Monat, der sich wie ein Übergang anfühlt – zwischen Sommer und Herbst, zwischen alten Lieblingsspielen und neuen Entdeckungen. Die Tage werden kürzer, die Abende länger, und auf dem Tisch stapeln sich Erfahrungen, Plättchen und Geschichten. Es ist schön zu sehen, wie sich unser kleines Universum aus Brettspielen, Blog und YouTube-Kanal immer weiter verzweigt. Der Herbst ist da, SPIEL in Essen klopft schon an die Tür, und ich freue mich richtig darauf – Mit müden Füßen, vollem Rucksack und noch mehr Eindrücke die es zu verschriftlichen gilt. Bleibt neugierig, bleibt verspielt, und vor allem bringt eure Spiele auf den Tisch.

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Am liebsten verliere ich mich in Kampagnenspielen mit Story, Drama und am besten noch moralischen Entscheidungen, die mich nachts wachhalten. Weil was ist schon Entspannung, wenn man auch Existenzkrisen simulieren kann?

Abseits von Kampagnen mag ich´s knackig: Leichte Spiele sind okay, aber mein Herz schlägt für Kenner- und Expertenspiele bei denen das Gehirn nicht einfach nur mitmacht, sondern sich zwischendurch abmeldet und Urlaub beantragt.

Aber: Ich bin auch nur ein Mensch. Wenn das Thema stimmt und die Optik knallt, bin ich sofort verzaubert. Mein Motto? "Theme is King!" – Und ich bin sein loyaler Untertan.

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