Bevor wir euch hoffentlich im August mit neuen Highlights überrennen, die wir auf der Berlin Con gespielt und gesehen haben, blicken wir zu erst auf den Juli. In Niedersachen beginn der Ferienzeit und damit traurig, ausgedünnte Spielrunden … aber auch mal Zeit Spiele zu Zweit zu probieren, die schon länger angestaubt in der Ecke liegen. Es wird bunt im siebten Monat des Jahres. Mal sehen, was wir so alles erfolgreich angelockt haben.
Björns Juli
Eben hab ich noch gedacht, ich hätte im Juni gar nicht so viel Neues gespielt – doch ein Blick in meine Board Game Stats App hat mir gezeigt, dass mich meine Erinnerung trügt. Es waren tatsächlich sechs neue Titel, von denen einige sogar echte Highlights für mich waren.
Zwischen zwielichtigen Geschäften in Chicago, politischen Intrigen am Königshof, Öko-Taktik, Elite-Scharfschützen und Fantasy-Gemetzel war wirklich alles dabei – also ran an die Tastatur: Hier kommen meine Neuzugänge im Juli!
Eine wundervolle Welt
[Mit Bill und Horst gerockt]
Den Startschuss legte Eine wundervolle Welt vom Kobold Spieleverlag hin. Bill wollte das schon lange mal wieder spielen, und es sah tatsächlich ziemlich interessant aus. Wir übernehmen die Führung eines Imperiums, wobei jeder leicht unterschiedliche Startbedingungen hat – oder, wer’s lieber harmonisch mag nimmt die Variante, in der alle mit denselben Ressourcen beginnen.
Das Spiel selbst läuft in vier Runden ab, jede mit drei Phasen. In Phase eins wird gedraftet. Du bekommst Karten, wählst eine aus, gibst den Rest weiter – repeat until Wahnsinn. Ich bin ja sowieso kein Fan von Drafting, aber hier fühlte es sich besonders einschläfernd an. Diese Phase nimmt so etwas über die Hälfte der gesamten Spielzeit ein.

In Phase zwei wird geplant. Welche Karten wollen wir bauen? Welche Karten opfern wir für Ressourcen? Hier kommt der Clou: Die Produktion läuft später in festgelegter Reihenfolge ab. Das bedeutet: Baust du ein Gebäude frühzeitig, kann es dir Ressourcen für spätere Produktionsschritte liefern. Es wird jongliert, was das Ressourcenlager hergibt – am Anfang noch eher mit drei Bällen, später mit brennenden Keulen. Durch mehr Gebäude wird die Komplexität der Bauketten deutlich erhöht.
Phase drei ist die Produktionsphase – also der Moment, in dem sich zeigt, ob du ein Ressourcen-Genie bist oder gerade deine komplette Strategie mit einer falsch gelegten Karte torpedierst. Wenn du im ersten Schritt graue Ressourcen produzierst, kannst du diese sofort zum Bau eines Gebäudes verwenden, das dann in einer späteren Produktionsphase aktiv wird. Produktionsketten die gute Planung erfordern.
Trotz der simplen Spielmechanik entwickelt sich ein erstaunlich tiefes Strategiespiel. Aber für mich persönlich war’s leider kein Titel, den ich nochmal brauche. Es fühlte sich an wie ein Solo-Spiel, bei dem zufällig noch andere Leute am Tisch sitzen. Einzig die Draft-Mechanik lässt verspüren das überhaupt noch andere am Tisch sitzen. Die Draft-Phase war für mich die pure Spielspaßbremse – lang, zäh und trocken.
Kurzfazit: Nicht so wundervoll für mich – Hier produziere ich nur meinen Abgang.

Scarface 1920
[Mit Bill gerockt]
Einerseits mag ich Mafia-Geschichten, andererseits… na ja, nicht so. Ich schwanke da – je nachdem, wie gut das Thema erzählt wird. Wahrscheinlich liegt das auch daran, dass ich dem Thema Prohibition immer etwas trocken gegenüberstehe. (Ba-Dum-Tss) Und das ist hier ja auch noch das Hauptthema. Na super.
Aber: Der Pate war schon ein gutes Spiel – deshalb war ich neugierig, ob Scarface 1920 von Redzen Games da mithalten kann. Und was soll ich sagen? Es hat nicht nur mitgehalten – es hat mir im Hinterzimmer heimlich eine Krawatte verpasst und mir ein Angebot gemacht, das ich nicht ablehnen konnte.
Zu viert machten wir Chicago unsicher. Oder sicherer – je nachdem, wen man fragt. Schutzgeld hat ja nicht umsonst „Schutz“ im Namen, nicht wahr? Jeder von uns erhielt einen Mafiaboss mit einzigartigen Fähigkeiten. Ich schlüpfte in die wohl poliertesten Lackschuhe der Unterwelt: Al Capone. Und mit ihm sichere ich erstmal mein Viertel ab. Jeder Stadtteil enthält 1–2 Gebäude, die ordentlich Kohle einbringen – vorausgesetzt, du bringst den richtigen Stoff: Alkohol und Waffen. Die zwei Säulen jeder funktionierenden Wirtschaft im Jahr 1920.

Also nutze ich meine Aktionen, um Ressourcen zu generieren, die Stadt zu „sichern“ (natürlich nur im humanitären Sinne) und neue Geschäfte zu eröffnen. Denn was wäre eine Stadt ohne Casino und Bordell? Richtig – ein langweiliger Verwaltungsbezirk.
Die Aktionen werden über ein Deckbuilding-System gesteuert. Zu Beginn hast du nur deine loyalen Gründungsmitglieder – aber bald kann man das Deck mit weiteren sozial engagierten Fachkräften erweitern. Die bringen Einfluss oder Stärke mit, mit denen man Aktionen bezahlen kann. Und Einfluss + Stärke = Erfolg.
Es gibt viel zu tun auf dem Brett – aber wehe, du übertreibst es mit deinen Aktionen! Je mehr Karten du ausspielst, desto mehr Aufmerksamkeit ziehst du auf dich. Und wie wir wissen: Aufmerksamkeit ist für Influencer gut, für Mafiosi eher suboptimal. Irgendwann kommt die Polizei vorbei – und zwar nicht zum Donuts essen. Die Razzien sind vielfältig, unvorhersehbar und können richtig weh tun. Und wie im echten Leben: Je mehr Dreck du am Stecken hast, desto tiefer trifft der Schlagstock.
Das Spiel hat so viele Facetten, dass es dieser kurzen Review eigentlich nicht gerecht wird. Aber ich sag’s so: Es war ein verdammt unterhaltsamer Ritt. Ein kleiner Wermutstropfen ist die Downtime, wenn du jemanden am Tisch hast, der jeden Zug plant, als wäre er der nächste Sun Tsu. Zwar hast du deine Karten für die nächste Runde schon auf der Hand und kannst gut vorausplanen – aber wenn einer spontan umdenkt, zieht sich das wie ein Kaugummi. Teilweise hab ich 15 Minuten gewartet, nur um dann meinen 30-Sekunden-Zug zu machen. Immerhin hatte ich Zeit für ein bisschen Trashtalk… oder das nächste illegale Geschäft zu planen. Aber ich kann mich selbst auch nicht davon ausnehmen, mal länger zu brauchen.
Demnächst kommt noch eine Erweiterung mit neuen Fraktionen, die echt spannend klingen. Ich bin auf jeden Fall wieder am Start
Kurzfazit: Neuer Pate auf dem Mafia-Spielethron.

Confrontation
Timo hat mich gefragt, ob ich nicht mal Bock auf eine Kennenlernrunde Confrontation vom französischen Studio Rackham habe. Meine Tabletop-Zeiten liegen eigentlich schon lange hinter mir – irgendwo verstaubt zwischen ausgetrockneter Farbe und Sekundenkleber bei dem der Deckel festgeklebt ist. Ab und zu denke ich zwar noch daran zurück, aber mittlerweile verbringe ich meine Zeit lieber mit Brettspielen, bei denen man nicht erstmal zwei Wochen Figuren zusammenbauen und grundieren muss, bevor überhaupt gewürfelt werden darf. Aber ich hatte wieder Bock. Also ab dafür.
Timo hatte schon zwei kleine Armeen vorbereitet und das Gelände cool aufgebaut – liebevoll und detailreich, wie ein Diorama für Erwachsene mit Gewaltfantasien (Natürlich vergessen ein Foto zu machen). Confrontation stammt ursprünglich aus dem Jahr 1996, hat es auf drei Editionen und sogar eine deutsche Version geschafft. 2007 ging Rackham leider pleite – wahrscheinlich hatten sie zu viele Kritiker in der Nahkampfreichweite.
Dem Spiel sieht man sein Alter an – und das nicht nur am Design. Zinnfiguren, eckige Basen und ein Kartendesign, das schreit: „Ich bin aus den 90ern und ich bereue nichts!“ Aber alt heißt nicht automatisch schlecht – und Confrontation überrascht tatsächlich mit ein paar richtig coolen Ideen. Besonders das Initiativesystem hat mir gefallen. Jede Miniaturgattung hat eine Karte mit Werten und Sonderfähigkeiten, und diese Karten werden zu einem Initiativestapel gemischt. Daraus ergibt sich dann zufällig, welche Einheit wann dran ist. Das bringt Dynamik rein – und verhindert, dass man sich in Sicherheit wiegt. Man kann Aktionen auch zurückhalten, aber so tief will ich nun gar nicht eintauchen.
Weniger geil: die Karten selbst. Für Einsteiger sind die echt ein Graus. Statt kurzer Texte oder halbwegs verständlicher Abkürzungen bekommst du eine Symbolsprache serviert, die aussieht, als hätte jemand Tarot mit Mathe vermischt. Ich hab bis zum Schluss nicht gerafft, welcher Wert was bedeutet. Zum Glück war Timo jederzeit zur Stelle, wenn ich mal wieder ratlos auf meine Karte gestarrt habe. Dazu kommt die Schriftgröße – die Texte sind wirklich sehr klein geschrieben. Schriftgröße Augenarzt. Eventuell wäre ein größeres Kartenformat sinnvoll gewesen.
Gewürfelt wird klassisch mit W6, und beim Kampfsystem merkt man das Alter des Spiels dann besonders. Triffst du, wird mit 2W6 die Trefferzone und die Angriffsstärke bestimmt – und dann suchst du in einer Tabelle nach dem Schaden. Und bei einem Sechserpasch gibt’s quasi den Instant-Kill. Klingt dramatisch, zieht aber den Spielfluss runter wie eine Katze die Figuren vom Tisch. Und da in so einem Skirmisher nun mal ordentlich geprügelt wird, darfst du die Tabelle öfter benutzen als den Griff zur Chips-Schale. Klar, mit mehr Erfahrung geht das alles flotter – aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass das für mich den Unterschied machen würde. Wenn mir ein Spiel vor allem Excel-Vibes gibt, stimmt was nicht.
Davon abgesehen kann ich nicht viel Schlechtes über Confrontation sagen. Die Miniaturen sind hübsch (für Zinn eben), die Fähigkeiten abwechslungsreich, und die Mechaniken haben durchaus Potenzial. Moderne Spiele dürfen sich da ruhig ein bisschen was abschauen. Trotzdem hat mir die Runde auch gezeigt, warum ich dieser Art Spiel den Rücken gekehrt habe: Dieses ewige „Ist das jetzt in Reichweite?“, das Bemalen (weil unbemalt machts auf dem Feld einfach nichts her), und die lange Spielzeit für das Ergebnis „Ich hau dir, du haust mir“.
Monolith hat sich die Rechte an den Rackham Spielen gegönnt und zur Freude der Fans kann man hier nun nach fast 20 Jahren etwas neues erwarten. Das erste wird ein Spiel mit dem Namen RAG’NAROK, was bereits bald erscheinen soll. Ob es jetzt ein Confrontation Remaster wird, oder etwas ganz neues, kann ich leider nicht sagen, aber es würde ja keinen Sinn machen die Rechte zu erwerben und dann doch nichts damit zu machen.
Ich hab mir vor Kurzem Eldfall Chronicles geholt – ein kleines Skirmish-System mit maximal vier Einheiten pro Seite. In der Hoffnung, dass es den Funken wieder entfacht. Bisher ist es aber noch nicht auf den Tisch gekommen. Mal schauen, ob jemand Bock drauf hat…
Kurzfazit: Nostalgie: ja. Neue Liebe? Eher nicht.

Sniper Elite: The Board Game
Nach Terrorscape hatte ich richtig Bock auf weitere Hidden-Movement-Spiele. Schon als Kind hab ich Scotland Yard und Galerie der Diebe gefeiert. Also hab ich bei der Spieleschmiede direkt Sniper Elite: The Board Game von Rebellion Unplugged unterstützt.
Und ja, jedes Mal wenn ein Spiel „The Board Game“ im Titel trägt, klingt’s für mich nach: „Jetzt auch als lizensierter Geldgrab-Ableger deines Lieblingsfranchise!“ – aber irgendwie hatte ich trotzdem Hoffnung.
Die Regeln waren fix gelesen und angenehm eingängig – hab sogar ich verstanden, und das heißt was. Während der Partie mussten wir kaum was nachschlagen, die kleinen Übersichtskarten reichten völlig aus. Keine 48-seitige Regelorgie, kein „Moment, ich glaub, das steht irgendwo im Flavourtext…“ – Lies sich einfach gut runterspielen.
Ein Spieler übernimmt den Scharfschützen, der sich heimlich durch die Karte schleicht, während bis zu drei andere Spieler die deutschen Soldaten steuern. Der Sniper hat eine geheime Bewegungs-Map und versucht, zufällige Missionsziele in einem Stützpunkt zu erfüllen – möglichst lautlos. Die anderen? Patrouillieren wie ehrenhafte NPCs mit Verdacht in den Augen und Hoffnung den Eindringling zu finden.
Ich war auf der Seite der Deutschen und dachte anfangs: „Easy. Neun Minis, in drei Trupps mit Anführern – das wird ein Spaziergang. So einen Scharfschützen auf dieser kleinen Karte schnapp ich mir doch problemlos. Tja – Hab mich vertan.
Der Scharfschütze hat Gegenstände, die Regeln außer Kraft setzen, was es weitaus schwieriger macht, die genaue Position zu ermitteln. Wenn er schießt, zieht er Chips aus einem Beutel, um festzustellen, ob der Schuss getroffen hat – je weiter entfernt, desto mehr Chips werden gezogen. Dadurch kann man ungefähr abschätzen, wo er sich hätte befinden können. Betonung auf „ungefähr“. In der Praxis fühlte es sich eher an wie „Könnte überall sein“.
Und während du mit deinen Soldaten Räume durchkämmst, Zonen sicherst und wild rufst „Da muss er sein!“, sitzt der Scharfschütze seelenruhig zwei Felder neben dir und freut sich darüber, dass du mit Überzeugung in die komplett falsche Richtung marschierst.
Das Match war mega spannend. Erst tappt man im Dunkeln, dann entdeckst du den Eindringling, triffst ihn vielleicht sogar… und zack, ist er wieder verschwunden, wie ein Ninja mit Präzisionsgewehr. Am Ende fehlte nur noch ein Treffer zum Sieg – aber natürlich hat er genau dann seine letzte Mission abgeschlossen.
Mit den Erweiterungen kommen neue Scharfschützen, mehr Anführer und zusätzliche Stützpunkte – alles schön abwechslungsreich und taktisch spannend. Die Karten sind abwechslungsreich designt und bieten unterschiedliche Herausforderungen. Es bleibt also frisch.
Kurzfazit: Sniper Elite ist Spannung pur, in einem Format, das wenig Platz braucht, aber viel Nervenkitzel liefert.

EcoLogic: Europe
[Mit Bill gerockt]
Beim Stöbern auf Gamefound bin ich über EcoLogic gestolpert – und als Naturthema-Fan hat es natürlich sofort Klick gemacht. Klar, der Markt ist inzwischen so voller Öko-, Wald- und Bienenspielen, dass man fast einen Schutzhelm braucht. Aber irgendwas an EcoLogic hat bei mir gezündet: Die Spielidee klang solide, der Preis war für Crowdfunding-Verhältnisse verdächtig vernünftig, und der Autor Borys Binkowski stellte sein Projekt so sympathisch und transparent vor, dass ich fast ein Eichhörnchen adoptiert hätte.
Sogar eine deutsche Version wurde realisiert – obwohl die Mindestanzahl an Unterstützern dafür gar nicht erreicht wurde. Einfach gemacht. Ohne Drama.

Dann kam das Spiel an… und lag. Und lag. Und lag noch ein bisschen mehr. Ich kam einfach nicht so richtig in die Regeln rein. Immer nach den Motto „Das lese ich morgen“.
Gut, dass Bill ebenfalls gebackt hatte – und vor allem das seltene Talent besitzt, Regeln verständlich zu erklären. Also spielten wir unsere erste Runde gemeinsam, fanden uns gut rein und mussten nur gelegentlich was nachschlagen. Also nichts Ungewöhnliches für eine Erstpartie. Wenn man mit Pflanzen und Tieren spielt, darf ein bisschen Orientierungsphase ja wohl drin sein.
Jeder bekommt drei zufällige Biome – die eigene kleine Arche Noah. Aus deinen Handkarten kannst du Tiere und Pflanzen ins passende Biom bringen oder andere Aktionen ausführen. Danach gibst du zwei Karten nach links und bekommst zwei von rechts. Das sorgt für ständiges Kartenwandern.
Das Spiel bildet natürliche Abläufe erstaunlich gut ab. Wenn du zum Beispiel einen Vogel spielen willst, braucht der Insekten – also schiebst du Marker (Biomasse genannt) deiner Insekten auf die Vögel, was sinnbildlich bedeutet dass sich der Vogel von diesen ernährt. Und vielleicht hast du auch einen Raubvogel auf der Hand der sich von kleineren Vögeln ernährt (Sympathie ist hier optional), dann kannst du zum Ausspielen die Marker vom kleinen Vogel auf den großen schieben. Alles sehr sachlich, sehr ökologisch und nachvollziehbar.
Die Karten stehen nicht für Einzeltiere, sondern für die ganze Art. Also keine Sorge – dein niedlicher Vogel mit dem hübschen Kartendesign wird nicht direkt aus dem Spiel entfernt, wenn er einmal nicht satt wird. Nur seine gesamte Population. Kein Druck.
Sind alle Karten gespielt, wechselt die Jahreszeit. Pflanzen produzieren, Tiere wollen futtern – wie in jedem Biologiebuch mit Brettspielkompatibilität. Wenn ein Tier nicht genug Ressourcen bekommt, verschwindet es. Zack, aus dem Biom verbannt. Fachlich korrekt nennt man das „lokales Aussterben“, spielerisch ist es „Mist, mir fehlen drei Biomasse“.
Nach dem Winter ist Schluss, und es wird gewertet: Artenvielfalt bringt Bonuspunkte – je bunter deine Biome, desto besser. Monokultur ist schlecht fürs Ökosystem und für die Siegbedingungen.
Thematisch sitzt hier alles. Selbst die Biologin am Tisch war positiv überrascht – In ein paar Tagen startet auch die Erweiterung auf Gamefound, in der nachtaktive Tiere endlich mehr tun dürfen, als ein Mondsymbol zu tragen und alle Spieler damit zu verwirren. EcoLogic ist eine angenehm unaufgeregte Ökosystem-Simulation mit solider Mechanik, durchdachtem Thema und vielfältige schön illustrierte Karten.
Kurzfazit: Wer Tiere und Biomasse liebt und gerne mal den inneren Ökologen an den Tisch lässt, ist hier goldrichtig.

The King´s Dilemma
[Mit Bill gerockt]
Mein absolutes Highlight dieses Monats – und das will was heißen, wenn man bedenkt, dass ich mit Scarface 1920 und Sniper Elite schon ordentlich auf Adrenalin war. Aber The King’s Dilemma von Horrible Guild (auf Deutsch bei Heidelbär Games) hat mich voll erwischt – und zwar so richtig. Politisch. Emotional. Und ja, ein bisschen moralisch gedehnt.
Ich hatte das Spiel schon ewig auf dem Schirm. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich’s mal in Freiburg entdeckt, als wir auf Durchreise waren. Und wie ich halt so bin, hab ich erst Sehenswürdigkeiten geskippt und dann Spieleläden abgeklappert. Dort lag es dann: The King’s Dilemma – samt Promo – für läppische 20 €. Gesehen, gegriffen, gekauft. Aber wie es bei mir oft ist: Kaum war es daheim, war das Dilemma auch schon real.

Legacy-Spiele machen mich traurig. Sachen zerstören? Aufkleber kleben? Karten zerreißen? Mein innerer Sammler weint leise in einer Ecke. Und bei Kampagnenspielen kommt noch dazu: Du musst durchziehen. Mal eben „von vorne anfangen“ ist da nicht drin. Also lag das Spiel im Regal eingemummelt zwischen anderen ungespielten Titeln. Zum Glück kam Bill zur Rettung. Der war so begeistert, dass er sich gleich zwei Exemplare geholt hat. Und ich hatte die Ehre, bei seiner neuen Runde mitzuspielen.
Wir haben zu dritt den Prolog gespielt – bevor wir demnächst zu fünft in die vollen gehen. Und gleich vorweg – Das Spiel hat keine ausgefallenen Mechaniken. Kein Worker-Placement. Kein Engine-Building. Keine Kartenkombinationen. Was es hat? Geschichte, Entscheidungen und jede Menge Diskussionen.
Jeder Spieler verkörpert eines der zwölf Häuser von Ankist – einem fiktiven Königreich voller Probleme, Intrigen und moralisch zweifelhafter Entscheidungen. Wir sind die Berater des Königs. Der arme Tropf kriegt ständig ein neues Dilemma auf den Tisch – und wir stimmen darüber ab: Ja oder Nein.
Klingt simpel? Ist es auch. Zumindest mechanisch.
Um deine Stimme abzugeben, setzt du Machtmarker ein und am Ende gewinnt die Seite mit den meisten Markern (Überraschung). Das Entscheidende: Du weißt nie genau, was passiert. Klar, es gibt eine Vorschau: Moral steigt, Nahrung sinkt – aber es gibt auch Konsequenzen, die hintenrum kommen, wie Antworten auf deine eingereichte Steuererklärung das Beiblatt H fehlt, obwohl es mit dabei war. Und plötzlich brennt irgendwo ein Tempel, weil du Ja zu Religionsfreiheit gesagt hast.
Das Spielbrett zeigt, wie sich die fünf Hauptwerte (Moral, Wissen, Nahrung, Ordnung, Wohlstand) entwickeln – und je nach Beraterrolle willst du ganz bestimmte Werte oben oder unten sehen.
Bist du z. B. ein geldgieriger Fürst? Dann willst du, dass möglichst viele Werte im oberen Bereich sind.
Und dann kannst du dir ja vorstellen dass die anderen Spieler dann gerne andere Dinge hätten. Klingt wie Politik – ist es auch.
Geht’s zu sehr in eine Richtung, dankt der König ab und es kommt ein neuer Monarch – mit frischer Frisur und noch mehr Dilemmas. Dann geht’s von vorn los. Ich will echt nicht König in diesem Königreich sein.
Der wahre Reiz des Spiels liegt aber nicht im Taktieren oder Optimieren – sondern im Diskutieren, Manipulieren und sich gegenseitig passiv-aggressiv anstarren, während man vorgibt, nur das Beste fürs Reich zu wollen, wobei man eigentlich nur das beste für sein Haus will.
Deshalb: Tu dir selbst einen Gefallen – such dir Spieler, die da Bock drauf haben. Also Rollenspiel-affine Menschen, die sich gern in Charaktere stürzen, Stimmen verstellen und sich bei Abstimmungen empören wie bei einer mittelgroßen Parteisitzung. Mit rein mechanischen Spielern („Was bringt mir das auf der Punkteleiste?“) wird das hier schnell zur trockenen Runde voller Langeweile und Wüstensand.
Verstehen kann ich die polarisierenden Bewertungen absolut. Entweder du liebst es, oder du stehst am Tisch und fragst dich, ob du gerade ein Spiel oder einen improvisierten Polit-Workshop spielst. Ich persönlich? Genau mein Ding. Eine Partie dauert nur 1–2 Stunden, also eine gut portionierbare Kampagne.
Hintergrund-Exkurs für Neugierige: Ankist, das Königreich in dem das Spiel spielt, ist fiktiv – aber erstaunlich glaubhaft. Es gibt uralte Dynastien, Machtspiele, religiöse Strömungen, wirtschaftliche Spannungen und dunkle Geheimnisse in allen Ecken des Reichs. Je nachdem, wie du dich entscheidest, verändert sich die Geschichte permanent – neue Dilemma werden freigeschaltet, Story-Stränge verzweigen sich, und das Reich verändert sich.
Es ist ein bisschen wie „Game of Thrones“ – nur ohne Drachen (vermutlich), aber mit mehr Abstimmungen über Weizensubventionen. Und manchmal macht genau das den größten Nervenkitzel.
Kurzfazit: Rollenspieler? Politintrigant? Liebhaber moralischer Entscheidungen? The King’s Dilemma ist dein Spiel.

Es war ein Monat voller Entscheidungen – mal verdeckt, mal lautstark, mal mit Biomasse. Und ich freue mich auf den nächsten. Denn wie wir wissen:
Ein guter Spielemonat endet nicht mit einem Sieger, sondern mit einem „Spielen wir das morgen nochmal?“
Am liebsten verliere ich mich in Kampagnenspielen mit Story, Drama und am besten noch moralischen Entscheidungen, die mich nachts wachhalten. Weil was ist schon Entspannung, wenn man auch Existenzkrisen simulieren kann?
Abseits von Kampagnen mag ich´s knackig: Leichte Spiele sind okay, aber mein Herz schlägt für Kenner- und Expertenspiele bei denen das Gehirn nicht einfach nur mitmacht, sondern sich zwischendurch abmeldet und Urlaub beantragt.
Aber: Ich bin auch nur ein Mensch. Wenn das Thema stimmt und die Optik knallt, bin ich sofort verzaubert. Mein Motto? "Theme is King!" – Und ich bin sein loyaler Untertan.