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analog rockt Brettspielrezensionen

Neu gespielt im August 2025 (Teil 2)

Der Artikel wurde von Björn geschrieben. 13 Minuten Lesezeit

Wie bereits im Juli-Bericht erwähnt, hat Horst sein Pulver an neu gespielten Titeln bereits ausgiebig erschöpft. Die Berlin Con war wieder einmal ein Quell interessanter Titel. Wer noch einmal nach Inspiration sucht, kann im Freitags-Artikel Adventure of Bam Bam Bum, Tribes of the Wind und Berge des Wahnsinns finden. Samstag war es neben den Prototypen eigentlich nur Algae Inc. und am Sonntag sind dann noch Oh my Word, Am Goldenen Fluß, Shinjuku und Mondbasis Shakleton dazu gekommen.


Björns Juli

Diesen Monat bin ich über meinen Schatten gesprungen und habe mich in ein paar Regeln eingelesen. Es war hart, aber ich hab’s geschafft – und dadurch ein paar Titel meiner Sammlung auf den Tisch gebracht, die sonst wohl noch einige Legislaturperioden weiter gewartet hätten. Dafür waren es ein paar weniger, aber alles tolle Titel.

Marvel Zombies

Vielleicht gibt es von Zombicide (ehemals) aus dem Hause CMON, noch nicht ganz so viele Editionen wie von Monopoly, aber gefühlt sind wir nah dran. Modern, Army of the Dead, DCeased, Night of the Living Dead, Western, Marvel Zombies, Mittelalter-Fantasy, Sci-Fi, Feudales Asien… und Bürgerbüro. Okay, eins davon hab ich mir ausgedacht — aber sag nicht, das würdest du nicht auch spielen.

Das normale Zombicide hab ich vor Jahren verkauft. Nicht, weil es schlecht wäre, sondern weil ich der Meinung bin: Man braucht davon nur eine einzige Variante. Und da ich absoluter X-Men-Fan bin, hab ich mir Marvel Zombies geschnappt, als es endlich zu einem guten Kurs auftauchte.

Kurzer Abriss: In fortlaufenden Szenarien prügeln wir uns durch endlos nachspawnende Gegnerhorden und erfüllen Missionsziele. Das flutscht, läuft selten länger als eine Stunde und jede Version hat ihren eigenen Twist. Marvel Zombies hat davon meiner Meinung nach am meisten: Neben Superkräften für unsere Helden gibt’s sogar einen Modus, in dem WIR die Zombies spielen.

In diesem Modus kommt die Hungermechanik ins Spiel. Unsere Superzombies sind geistig noch anwesend, aber wenn sie nicht regelmäßig Menschen knabbern, steigt der Hunger. Auf Maximum laufen sie nur noch als hirnlose Zombies rum — bis wieder Gehirn serviert wird. Gourmet ist anders, aber thematisch sitzt das.

Ziel ist meist simpel: bestimmte Punkte erreichen und gemeinsam zum Ausgang. Sobald ein Charakter rausfliegt, verlieren alle. Heldentum allein bringt nix – in der Gruppe leben ist besser als einsam sterben. Einzeln sind Zombies kein Problem, aber sobald sich ein Rudel stapelt, wird’s schnell unschön.

Mein Knackpunkt: die gegnerischen Helden. Je nach Modus kommen Zombie-Superhelden oder normale Superhelden als Gegner aufs Feld. Cooles Feature, aber: die Lebenspunkte sind oft absurd. Laut Regel musst du die gesamte LP-Zahl in einem Schlag erreichen. Teilschaden zählt nicht. 3 Schaden auf einen 4-LP-Gegner? Ist wie gar nichts. In anderen Zombicides sind 3 LP schon Oberkante – hier sind 5 LP keine Seltenheit. Das verlangt eine Kombi aus seltenen Einmal-Effekten und perfektem Würfelglück. Zieht man so einen Brocken früh, kann das frustrieren. Wie leider in jedem Zombicide sind die Missionen eher mittel zum Zweck. So richtig thematisch sind diese meist nicht umgesetzt.

Trotzdem: richtig cooles Zombicide, zumindest wenn du noch nicht davon übersättigt bist. Ärgerlich bleibt nur, dass viele tolle Charaktere Kickstarter-exklusiv sind. Du kannst dir x Erweiterungen holen — der Großteil der Figuren bleibt trotzdem verwehrt. Schade. Aktuell bleibt es mein Lieblings-Zombicide: kein Tiefgangsmonster, aber gute Laune, schnell erklärt, schnell gespielt.

Kurzfazit: Best Zombicide in town.

Ascendancy

Lange schlummerte es in meinem Regal und durch die aktuelle Crowdfunding Kampagne der Erweiterung hatte ich doch mal richtig Lust das Spiel auszuprobieren. Vielleicht lohnt sichs ja das auch zu backen? Lange Rede kurzer Sinn, ich habs auf dem Tisch gehabt. Haben erstmal das Kooperative Szenario gespielt und nach ein paar Anlaufschwierigkeiten mit den Regeln haben wir uns verliebt und 2 Tage durchgespielt.

Ascendancy ist ein Fantasy 4X Spiel das Worker Placement mit Erkundung, Eroberung und Imperiumsaufbau verbindet. Und das wirklich funktionell. Es hat mir so gut gefallen, dass ich sogar einen Artikel dazu geschrieben habe, den du hier lesen kannst.

Aus diesem Grund würde ich das Spiel jetzt hier nicht weiter ausführen, außer dass es mir sehr gut gefallen hat und ich direkt auf Kickstarter in die Erweiterung investiert habe.

Mit vielen Boards kommen viele Möglichkeiten.

Kurzfazit: Viel X, Null langeweile.

Hegemony

[Mit Bill und Horst gerockt]

Mein Spieleschmiede-Paket von Hegemony lag seit Release unangetastet rum. Thema: Politik-Simulation. Eigentlich nicht mein Jagdrevier, aber irgendwas hat mich daran gereizt, aber war nicht sicher, ob ich es nicht einfach ungeöffnet weiterverkaufen sollte. Gut, dass Bill das Spiel ebenfalls im Regal hatte. In diesem Fall habe ich die Regeln nicht selbst gelesen, aber Horst hat diese absolut grandios vorgetragen und auf den Punkt gebracht. Also Staat .. ähh Start frei.

Vier Rollen, vier Lebensrealitäten: Staat, Arbeiterklasse, Mittelschicht, Kapitalisten. Ich verkörperte die Kapitalisten, und selten habe ich eine besser verzahnte Asymmetrie gesehen. Ich produziere Waren, stelle Arbeiter ein, zahle Löhne (zu niedrig = Kündigungen) und versuche, mit der Arbeiterklasse halbwegs klarzukommen, sonst steht die Fabrik still. Die Mittelschicht ist autarker (eigene Arbeiter, eigene Betriebe), kann aber auch bei mir anheuern. Praktisch beim Neubau: auf dem Arbeitsmarkt verfügbare Kräfte darf ich direkt einstellen – der Spieler darf sich aber später entscheidet, woanders hinzugehen. Eine Finanzspritze oder Sonderzahlung ist eine gute Lösung gegen Arbeiterabwanderung. (Sollte man vielleicht mal den ein oder anderem Betrieb mitteilen). Moral der Geschichte: Kosten-Nutzen-Zirkustanz.

Sieht trocken aus – Ist aber saftig!

Meine Waren werden von Arbeitern und Mittelstand gekauft – solange der Preis stimmt und der freie Markt nicht günstiger ist. Und dann ist da noch der Staat, der ganz unverschämt die Hälfte meiner Kohle will. Steuern nennen die das. Frech. Also wird lobbyiert und an Gesetzen geschraubt. Weniger Steuern sind doch für alle besser, oder? Ich versprach im Gegenzug dafür zu stimmen den Mindestlohn anzuheben, doch am Ende hab ich das Gesetzt zu spät im Spielverlauf geändert, was dazu geführt hat, dass ich immer zu wenig Geld übrig hatte, um die Löhne zu zahlen. Ups.

Hach allein, wenn ich das schon schreibe, habe ich wieder Bock drauf. Ich hab nach dem Abend noch lange über Züge, Entscheidungen und Wechselwirkungen nachgedacht und mit meinem Buddy diskutiert. Genau daran erkennt man ein gutes Spiel.

Bleibt in der Sammlung. Punkt.

Kurzfazit: Grandios verzahnte, aber nicht überkomplizierte Polit-Simulation.

Deep Madness

[Mit Bill gerockt]

Das ich von Dawn of Madness absolut begeistert bin, konntest du ja bereits in meinem Artikel dazu lesen. Doch da gab es dieses Spiel schon vor Dawn of Madness: Deep Madness. Ich war ziemlich neugierig, was Deep Madness (Ebenfalls von Diemension Games über Crowdfunding finanziert) zu bieten hat. Das Spieluniversum ist dasselbe, aber es ist mehr Action und weniger Storytelling – wobei die Story gar nicht so kurz kommt, wie gedacht. Dazu später mehr.

Deep Madness ist ein Horror-Dungeon-Crawler, in dem wir abgeschlossene Szenarien spielen. Die Szenarien erzählen zwar eine fortlaufende Story, aber es gibt kein Fortschrittssystem. Nach ein wenig Recherche habe ich festgestellt, dass die Szenarien nicht chronologisch angeordnet sind – es gibt da draußen sogar Leute, die sich die Mühe gemacht haben, alle Szenarien aus allen Erweiterungen zeitlich einzuordnen. Es ist also nicht tragisch, nicht immer mit derselben Gruppe zu spielen, da jedes Szenario für sich als eigener Wahnsinn zu spielen ist.

Der Aufbau erfolgt nach Vorgabe des Szenarios, wobei jedes Spielfeld doppelseitig ist. Es gibt eine verdorbene Seite, auf der Gegner spawnen können und stärkere Effekte greifen. Und weil das noch nicht reicht, gibt’s zufällig gezogene Marker, die weitere Effekte ins Spiel bringen. (Die gab es im ersten Level zum Glück noch nicht – da haben wir das Spiel erst einmal kennengelernt.) Die andere Seite ist unverdorben und ohne Gegnerspawns. Aber weil’s sonst wohl zu einfach wäre, sind schon zu Beginn eines Szenarios oft viele Räume verdorben.

Die Spielercharaktere (Investigatoren) sind frei wählbar; generell ist das Spiel auf sechs Charaktere ausgelegt. Je nach Spielerzahl übernimmt also jeder mehr als einen Charakter. Es gibt aber Ausgleichsregeln, sodass du auch nur mit vier oder fünf Charakteren spielen kannst. Das ist eine super Lösung – ich finde es immer doof, wenn einer ständig eine Extrafigur steuern muss, während andere nur eine haben. Um nicht gleich überfordert zu sein, haben Bill und ich jeweils zwei statt drei Charaktere gespielt. Zu Beginn jeder Runde werden verdeckt Extraaktionen auf die Charaktere verteilt, um das Fehlen weiterer Figuren auszugleichen. Simpel, aber effektiv.

Insgesamt finde ich die Mechaniken ziemlich gelungen und für einen Dungeon-Crawler erfrischend. Ich habe das Spiel gebraucht gekauft und war vom Token-Berg zunächst überrumpelt – in Wirklichkeit kommen die meisten Marker aber nur in bestimmten Szenarien oder mit bestimmten Investigatoren vor. Auf dem Feld bleibt es also übersichtlicher als befürchtet.

Neben den sechs Investigatoren werden zufällig sechs Gegnertypen gezogen und eine Initiativ-Leiste gebildet. Jedem Investigator wird ein Monster zugeordnet, und in der Initiative geht es immer vom Investigator zu seinem Monster, dann zum nächsten Investigator usw. Am Ende der Runde rutscht der erste Investigator ans Ende, alle anderen nach vorn. Die Initiative ist so simpel wie gut – kein ewiges Nachschlagen, keine Buchführung aus der Hölle. Um es mit Todd Howards Worten zu sagen: „It just works.“ (Und hier stimmt’s wirklich.)

Auf der Initiative-Leiste liegen die Investigatoren dem angehangen Gegner. Alle Gegnereffekte sind auf der Karte aufgedruckt. Fein gelöst.

Mit den Erweiterungen kommen viele Monster hinzu, die in den Pool der zufällig gezogenen Gegner wandern – ordentlich Abwechslung. Und wenn dir das noch nicht reicht: Deep Madness ist sogar kompatibel mit Dawn of Madness. Mit dem Crossover-Pack können viele Monster im jeweils anderen Spiel genutzt werden – Varianz hoch zwei. Coole Sache.

Die Investigatoren haben unterschiedliche Fähigkeiten. Die von Bill gespielte Hannah, ein kleines Mädchen, das Albträume bekämpft, kann Gegner mit Tokens markieren und dadurch alle Gegner dieses Typs, die sich im Spiel befinden, schwächen oder weniger bedrohlich wirken lassen. Mr. Murdock, eindeutig an Mulder aus Akte X angelehnt, beruft sich auf seine Vernunft und lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Insgesamt gibt es viele Charakteranspielungen, von denen ich sicher noch nicht alle entdeckt habe – u. a. eine Ripley-Variante aus Alien (inkl. Katze) oder Isaac aus Dead Space (inkl. Cutter). Die Story der Szenarien ist allerdings immer auf sechs bestimmte Charaktere zugeschnitten. Die Wahl steht dir frei, aber das könnte jemanden stören, der exakt „seine“ Figur in der Story sehen möchte.

Unterm Strich hat Deep Madness im großen Wühltisch der Dungeon-Crawler definitiv eine Daseinsberechtigung – und bekommt leider viel zu wenig Aufmerksamkeit. Regulär erhältlich ist es zwar nicht mehr, aber auf dem Sekundärmarkt tauchen immer wieder erschwingliche Exemplare auf. Wenn du die Möglichkeit hast: schau’s dir an. Ob das Spiel auch über längere Zeit spaß, werde ich definitiv bald herausfinden.

P. S.: Mein Dawn of Madness-Trinkspiel – jedes Mal einen kippen, wenn jemand die Stirn runzelt – funktioniert hier auch. Im ersten Level kam das zweimal vor. Prost.

Kurzfazit: Gut funktionierende Mechaniken lassen diesen Crawler fluffig spielen – Wahnsinn ja, Regelhölle nein.

Bills Meinung zu Deep Madness

Hannah, das kleine Mädchen mit viel dramatischem Hintergrund, die Ihre Albträume durch spezielle Marker beinahe schon mit wütenden Augen zurück in ihre Höllendimensionen treibt oder Ripley… ähm Amanda, die super kämpfen kann aber beinahe direkt in den Schlund des Wahnsinns fällt, wenn sie ihre schwarze Katze bedroht sieht… wie verrückt und erkennbar an bekannten Charakteren darf es denn für Euch sein?

Die Geschichte an sich war für mich noch nicht richtig greifbar, da ich zu wenig vom Hintergrund beider oben genannten Spiele kenne, hat mich aber direkt in den Kessel geschmissen, mich angegrinst und mit kreischender Stimme gesagt: „Na, willst Du auch Deine Schrauben lockern?“ Das tat ich dann auch mit viel Freude und wow, waren das viele Monster! Ein wahres Schlachtfest, das wir dennoch knapp bezwingen konnten. Gut, wir haben das am Anfang mit dem Luftvorrat nicht richtig beachtet, so dass es um einiges schwerer gewesen wäre, aber für einen ersten Eindruck war es richtig spaßig. Mein Kurzfazit: Gerne wieder, wer schert sich schon um geistige Gesundheit?


Tja und schon war der Monat wieder vorbei. Dieses mal nicht so viel neues, aber ich habe selbständig 3 Anleitungen gelesen, 2 davon waren sogar ziemlich umfangreich. Ich war selbst von mir überrascht. Gut – erklären kann ich immer noch nicht, aber vielleicht skille ich das auch irgendwann…

Diesen Monat war nix für die Tonne – alle Titel haben abgeliefert. Marvel Zombies stell ich trotzdem mal ans Ende der Polonaise: Das Zombicide Prinzip hat sich in den letzten Jahren ein bisschen wundgespielt. Hegemony dagegen ist ein absolutes Must-Have – verzahnt, clever, nachhallend. Deep Madness gefällt mir schon jetzt, braucht aber noch ein paar weitere Nächte, um zu prüfen ob es auch dauerhaft liefern kann. Und Ascendancy? Ein super Geheimtipp für alle 4X Fans.

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Am liebsten verliere ich mich in Kampagnenspielen mit Story, Drama und am besten noch moralischen Entscheidungen, die mich nachts wachhalten. Weil was ist schon Entspannung, wenn man auch Existenzkrisen simulieren kann?

Abseits von Kampagnen mag ich´s knackig: Leichte Spiele sind okay, aber mein Herz schlägt für Kenner- und Expertenspiele bei denen das Gehirn nicht einfach nur mitmacht, sondern sich zwischendurch abmeldet und Urlaub beantragt.

Aber: Ich bin auch nur ein Mensch. Wenn das Thema stimmt und die Optik knallt, bin ich sofort verzaubert. Mein Motto? "Theme is King!" – Und ich bin sein loyaler Untertan.

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