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analog rockt Brettspielrezensionen

Mit Magnificum geplaudert

Der Artikel wurde von Horst geschrieben. 10 Minuten Lesezeit

Einleitung

Horst hat Jenny auf der Berlin Con 2023 getroffen.

Jenny von Magnificum hat sich die Zeit genommen und mit mir über das Unternehmen und natürlich über die eigenen Spiele gesprochen. In einem Double-Feature stellen wir euch hier das Interview und zeitnah die Rezension zu Das Bankett – Teil 1 vor. Ich kann schon mal verraten, dass ich von dem Material und der Art des Spiels schwer beeindruckt war. In dem Interview erfahrt ihr was Sterneköchin und Cyber-Kriminologen mit den Spielen zu tun haben. Vor allem erfahrt ihr beim Lesen aber, die Antwort zu Jenny‘s Frage „Wie bekommt man das immersive Spielerlebnisse zu den Leuten nach Hause?“.

Interview

Geführt mit

Jenny

Position im Verlag

Marketing


Was war dein letztes Spiel auf dem Tisch und wie hat es dir gefallen?

Mein letztes Spiel war die Unlock Star Wars Edition und es hat mir echt gut gefallen. Ich bin totaler Unlock Fan.


Wollen wir mal mit dem Verlagsnamen anfangen? Was hat es mit Magnificum auf sich?

Ursprünglich wollten wir mit Escape Rooms starten. Dafür wollten wir einen Namen, der auf keinen Fall etwas mit „Escape“ oder „Exit“ im Namen hat, wählen. Es sollte ein Kunstwort sein, etwas Besonderes, aber vor allem kurz und prägnant. Der Name Magnificum hat uns Optionen offengelassen andere Spielkonzepte herauszubringen. Was, wie man sieht, auch gut war.


Wie bekommt man das immersive Spielerlebnis zu den Leuten nach Hause?

Habt ihr bereits einen Escape Room gegründet?

Nein, tatsächlich nicht. Gerade als wir beginnen wollten, kam Corona – zum Glück noch bevor wir irgendwelche Verpflichtungen eingegangen sind. Wir haben uns dann die Frage gestellt, wie bekommt man das immersive Spielerlebnis zu den Leuten nach Hause. Über diese Idee sind wir dann zu unseren Krimifällen gekommen. Lust auf die Escape Rooms haben wir immer noch und dazu passende Konzepte in peto. Es bleibt in unseren Köpfen, ich kann aber noch nicht sagen, ob oder wann wir diesbezüglich etwas umsetzen werden.


Statt Escape Room ist es Die Firmenfeier geworden.

Wer seid ihr eigentlich, wer steckt dahinter und wieviele Menschen sind so richtig in Magnificum involviert.

Angefangen hat Magnificum mit Haykal und Benjamin – die beiden sind beste Freunde – und sind mit der Idee der Escape Rooms gestartet. In den letzten Jahren hat sich ein festes Stammteam mit Autoren, ein Kreativteam für die Gestaltung, Produktionsteam, Tester, wie auch Vertrieb und Marketing gebildet. Die meisten Menschen kommen aus Stuttgart, wo auch unser Firmensitz angesiedelt ist. Mittlerweile sind wir quer durch Deutschland verteilt und untereinander befreundet. Wir haben ein sehr familiäres Miteinander.


Warum habt ihr einen eigenen Verlag gegründet?

Wir wollten alle Freiheiten behalten und da lag ein eigener Verlag näher. Wir haben so viele Ideen, da soll und kann uns nun auch keiner reinreden.


Gab es einen Punkt, wo das mit dem Verlag auf der Kippe stand?

Alles was man macht ist eine Mischung aus Engagement und Glück. Manche Sachen lassen sich im Markt einfach nicht lenken. Wir stehen alle total hinter der Firma und sind mit viel Leidenschaft dabei. Bisher gab es noch keinen Moment, wo wir überlegen mussten an einen anderen Verlag heran zu treten. Wir stehen auf stabilen Beinen.


Die Leute sollen zu Hause ihre eigene Tatort-Folge erleben und in die Story eintauchen können.

Bevor wir tiefer in die Materie abtauchen: wie seid ihr auf die Idee gekommen Kriminalfälle zu entwickeln?

Die Gründer sind leidenschaftliche Spieler in allen Bereichen und kennen sich mit allerlei Spielkonzepten aus. Escape Rooms sind ein sehr reales Erleben von einer Spielsituation. Was kommt dem am Nächsten, haben wir uns gefragt. Unlock oder Exit Produkte sind in der Regel Rätsel-basierte Spiele, die nicht den Anspruch haben sehr realitätsnah in einer Storyline eingepflegt zu sein. Wir haben uns für einen anderen Weg entschieden. Die Leute sollen zu Hause ihre eigene Tatort-Folge erleben und in die Story eintauchen können.


Ich habe früher Pen&Paper Abenteuer und auch dabei so manchen Kriminalfall verpackt. Das war ungeheuer aufwändig mit den vielen Spuren und Indizien, aber im Zweifel konnte ich die Heldentruppe leicht lenken. Wie aufwändig ist die Gestaltung eines wasserdichten und verkaufsträchtigen Kriminalfalls?

Die Entwicklung eines Krimispiels dauert in etwa neun Monaten.

Die Grundidee eines Kriminalfalls ist schnell gefunden. Vom weißen Blatt Papier bis zum fertigen Spiel kann man ungefähr mit neun Monaten rechnen. Am meisten Zeit und Energie – neben der hochwertigen Optik – investieren wir in die reibungslose Logikstrecke. Das fordert wahnsinnig viele Testdurchläufe. Wir müssen darauf achten, dass jede Spielgruppe anders mit dem Material umgeht. Die Logikstrecke muss daher von unterschiedlichen Perspektiven und Herangehensweisen funktionieren. Es soll Spaß machen, die Storyline soll sich raffiniert entfalten, die Atmosphäre muss spürbar sein, es muss Aha-Momente und Twists geben, die Charaktere sollen sich lebendig anfühlen.

Wir nehmen die Zeit unserer Spielenden genauso ernst wie unsere eigene Entwicklung. Am Ende soll keine Frage mehr offen bleiben. Jedes Spiel hat daher ein Outro: Hier wird alles noch einmal zusammengefasst und es bleibt nichts ungeklärt. Das ist uns bei unseren Spielen sehr wichtig.


Wie groß sind eure Testgruppen? Kann man sich gedanklich „reset“en und ein Spiel mehrmals testen?

Wir haben Leute dabei, auf die wir regelmäßig zurückgreifen. Zum Beispiel unseren Cyber-Kriminologen, der wirklich jeden Fall testet. Je nach Publikum haben wir unterschiedliche Testgruppen. Beispielsweise beim Das Dinner hatten wir Tester, die noch nie einen Kriminalfall gespielt hatten. Hier haben wir darauf geachtet, ob die genauso gut in die Fälle hinein finden.


Jetzt kommt die Frage auf die ich mich schon die ganze Zeit freue und du hast es eben angeteasert. Ihr werbt damit, dass eure Krimis von echten Kriminologen getestet sind. Wie kommt es dazu?

Das ist echt ein Zufall gewesen. Nach der Veröffentlichung von unserem Erstlingswerk Die Firmenfeier hat uns ein Herr angeschrieben und uns eine ganz tolle Rezension zukommen lassen mit für- und wider-Punkten. Es hat irre viel Spaß gemacht zu lesen und durch unsere Antwort sind wir in einen Dialog gekommen. Dadurch haben wir ihn als festen Testspieler gewinnen können. Er prüft jeden unsere Fälle sehr gewissenhaft und streng. Er ist eben ein echter Profi.

Ich möchte anfügen, dass wir nicht nur den Cyber-Kriminologen haben. Wir recherchieren stets sehr gewissenhaft und sind sehr detailverliebt. Für einen Fall haben wir uns mit Künstlern zusammengesetzt oder für einen anderen Fall haben wir uns im Interview mit einer Sterneköchin zu Details und Abläufen in Hotel gehobener Klasse informiert.


Eure Krimispiele nutzen mehrere Dimensionen. Jetzt ist dein Werbeblock: was unterscheidet euch von den Konkurrenten?

Für Das Bankett gibt es mittlerweile sogar eine Erweiterung. Welches Krimispiel bietet so etwas an?

Die Konkurrenz wächst und wir bekommen oft die Frage gestellt, was unterscheidet uns. Das Grundprinzip ist erstmal gleich: man bekommt eine Fallakte, man bekommt keine große Anleitung (, die braucht man auch gar nicht) und da haben wir als Besonderheit neben dem erwähnten Outro vor allem auch das Intro. Damit wird man gleich in die Story eingeführt, kann die Atmosphäre spüren und schlüpft direkt in die Rolle des Ermittlungsteams.

Bei uns überzeugen meiner Meinung nach die Materialqualität, die vielen kleinen Details und die Logikstrecke. Uns war es wichtig komplexe, aber logische Fälle zu erstellen, so dass es wirklich nie langweilig wird. Es soll ein kommunikativer, toller Abend für die Menschen zu Hause sein.

Weil Du es selbst Werbeblock genannt hast, mag ich noch ein paar Dinge einwerfen: unsere Spiele sind plastikfrei verpackt, wiederverwendbar, man muss nichts zerstören, sie sind in Deutschland produziert und Die Firmenfeier und Das Dinner sind sogar barrierefrei für Gehörlose.

Wir haben sogar für das Spiel Das Bankett eine Erweiterung – ich glaube das ist einmalig.


Wir haben viel Leidenschaft in die Erstellung gesteckt, unser Herz hängt an den Spielen, da will man natürlich nicht, dass diese in die Mülltonne wandern müssen.

Ihr seid größtenteils Plastikfrei unterwegs. Finde ich persönlich gut. Wie wichtig ist Nachhaltigkeit für euch?

Das ist für uns ein persönliches Anliegen. Zum einen ist es mittlerweile einfach möglich fast komplett Plastikfrei zu produzieren. Warum das also nicht einfach durchsetzen?! Der andere Punkt ist, dass das Spiel nachher nicht in der Mülltonne entsorgt werden muss. Es ist nicht nur der Gedanke an die Umwelt: Wir haben viel Leidenschaft in die Erstellung gesteckt, unser Herz hängt an den Spielen, da will man natürlich nicht, dass diese in die Mülltonne wandern müssen.


Kurz rückblickend: Gibt es etwas, dass ihr gern anders gemacht hättet und hier mit uns teilen würdet?

Definitiv. Da sind wir von der Realität eingeholt worden. Bei Die Firmenfeier hatten wir anfangs USB-Sticks ausgeliefert. Das passte total gut und wir fanden das super stimmig. Wir haben dann aber schnell die Rückmeldung bekommen, dass es nicht so cool ist fremde Sticks in die Computer zu stecken oder auch, dass manche gar keinen Anschluss mehr hatten. Das haben wir zurück gedreht und auf die Idee würden wir heute nicht mehr kommen.


Wie oft müsst ihr noch an Spielen etwas verfeinern?

Das ist unterschiedlich. Durch die Testreihen versuchen wir dies zu vermeiden. Wir ermuntern unsere Spielenden alles, was auffällt zu melden. Das können auch Kleinigkeiten sein, die nur am Rande etwas mit dem Fall zu tun haben. Dadurch werden unsere Spiele stets ein wenig besser.


Was habt ihr eigentlich für Vertriebswege?

Wir haben unsere Spiele teilweise im Einzelhandel. Unser Hauptvertriebsweg ist unsere Internetseite. Man findet unsere Spiele aber natürlich auch in großen Onlineshops.


Was steht als Nächstes bei euch an? Neue Titel, Events?

Tatsächlich habe ich Teaser mitgebracht. Ende Juli/Anfang August bringen wir ein ganz neues Spielkonzept auf den Markt. Wir zielen auf ein jüngeres Publikum ab. Da darf man gespannt bleiben.

Im Herbst kommt eine neue Fallakte raus. Von der Komplexität eher wie Die Firmenfeier oder Das Bankett. Wir wagen uns sogar etwas über die Grenzen von Deutschland hinaus.

Wir sind dieses Jahr noch auf einigen Events unterwegs: die BerlinCon, SPIEL‘23 in Essen, November auf Dresden Spielt!, Offerta in Karlsruhe, Spielidee in Rostock, Spielwies‘n in München oder auf unserer Heimmesse in Stuttgart.


Vielen lieben Dank für das tolle Interview.


Als Nächstes?

Wie Jenny bereits angedeutet hat, gibt es nun das erste Abenteuerspiel für eine andere Zielgruppe. Kinder und Jugendliche ab 10 Jahren können sich nun in das Abenteuer im Amazonas stürzen. Wir haben von der Berlin Con eine kleine Demo mitgebracht, die wir euch auch nicht vorenthalten werden – auch wenn wir (noch) keine Menschen in der Zielgruppe haben. Daher vielleicht doppelt interessant, wie viele Trigger in dem Abenteuer vorkommen und ob man da als Elternteil etwas Handwedeln kann.

Autoren Posts

Thematische, narrative und verzahnte Spiele ... hier geht mein Herz auf. Dazu eine stimmige Vinyl-Schallplatte (oder Playlist) und los geht das Abtauchen in die Spielwelt. Als Spielleiter und Spieler kann ich mich auch vortrefflich in Pen-und-Paper-Welten tummeln. Bei Videospielen bin ich raus. Ist mir meist zu schwer (einzige Ausnahme: Super Mario Kart).

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